Abgehakt
deinen Blazer bei uns hängen lassen«, sagte er nach einer Begrüßung. Er klang fröhlich.
»Wirklich? Das hab’ ich überhaupt noch nicht gemerkt.« Sie hasste Lügen, aber sie erkannte sofort die Chance, die sich ihr bot.
»Ich wollte ihn dir heute Abend vorbeibringen.«
»Das ist lieb, aber da werde ich noch nicht zu Hause sein. Wir haben hier jede Menge Arbeit und Besprechungen, unter anderem die mit Herrn Beltz. Vor neun oder zehn Uhr werde ich sicher nicht nach Hause kommen.« Na, das ging ihr doch ganz gut über die Lippen.
»Soll ich ihn dann bei deiner Nachbarin abgeben?«
»Bloß nicht!«, wehrte sie ab. »Ich brauche die Jacke nicht dringend. Ich kann sie mir am Samstag holen kommen. Da muss ich ausnahmsweise mal nicht arbeiten.« Würde er, wie erwartet, Gentleman genug sein, um sie bringen zu wollen?
»Ich kann sie dir gern bringen.«
Wer sagt’s denn. »Das musst du nicht.«
»Das ist kein Problem. Ich mache sowieso eine Motorradtour. Dann komme ich kurz bei Dir vorbei.«
»Also gut, einverstanden. Das ist nett von dir.«
»Ab wie viel Uhr bist du ansprechbar?«
»Ich denke, dass ich nicht länger als bis neun schlafe.«
»Gut, wir sehen uns dann am Samstag.«
»Danke.«
Sie legte auf und murmelte: »Ich werde froh sein, wenn das vorbei ist.«
Diese Taktiererei machte sie nicht gerade glücklich.
16
Es gelang Frau Festner am nächsten Morgen doch noch, Ulf auf einer Videoaufzeichnung aus dem Parkhaus in der Helenenstraße wiederzuerkennen. Über seinen roten Audi 80 war es kein Problem mehr, Adresse und Arbeitsplatz herauszufinden. Überraschend war, dass der Halter des Wagens nicht Ulf, sondern Nils hieß, Nils Breitner. Er war Verkäufer in einem großen Autohaus und arbeitete auch nicht in der Nähe der Wohnung von Marita Janz, sondern zwei Bezirke weiter.
Martin und Paul fuhren sofort dorthin und saßen kurz darauf im Büro von Nils Breitner, den sie ohne Zweifel als den Mann auf dem Videoband erkannten.
»Was kann ich für Sie tun, meine Herren?«, fragte er, nachdem sich die beiden vorgestellt hatten.
»Wir haben ein paar Fragen an Sie.«
»Wenn es schnell geht, bitte schön. Viel Zeit habe ich nicht. Termine. Sie verstehen?« Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und schlug die Beine übereinander.
»Es wird nicht lange dauern.« Martin lächelte. »Kennen Sie eine Marita Janz?«
»Marita Janz«, wiederholte Nils nachdenklich. »Nein, der Name sagt mir nichts. Vielleicht eine Kundin?«
Martin sah, wie es um Nils’ Mundwinkel zuckte.
»Ich weiß nicht, ob sie Ihre Kundin war. Ich hatte gehofft, Sie könnten mir das sagen. Vielleicht erkennen Sie sie auf diesem Bild.« Martin reichte ihm ein Foto und fixierte ihn. Nils richtete sich auf, betrachtete regungslos das Gesicht und gab das Foto zurück.
»Da kann ich Ihnen nicht weiterhelfen.« Er blickte von einem zum anderen. »Diese Frau kenne ich nicht. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden.« Schon war er im Begriff, sich zu erheben.
»Herr Breitner, behalten Sie bitte Platz. Wir sind noch nicht ganz fertig.« Noch ehe Nils etwas erwidern konnte, fuhr Martin fort: »Wenn Sie nicht wissen, wer diese Frau ist, werde ich es Ihnen sagen. Marita Janz war Ihre Geliebte, und zwar jeden Montag und Freitag.«
»Was reden Sie da?« Nils sprang auf. Seine Augen fuhren unruhig hin und her.
»Beruhigen Sie sich«, bat Martin und bedeutete ihm mit der Hand, sich wieder zu setzen. »Es wäre für alle von Vorteil, wenn Sie nicht länger versuchen würden, uns etwas vorzumachen. Wir wissen, dass Sie ein Verhältnis mit ihr hatten.«
Nils wandte sich ab, ging ein paar Schritte zum Fenster und starrte hinaus. Er schob die Hände in die Hosentaschen und senkte den Kopf.
»Herr Breitner, Frau Janz ist tot.«
Nils drehte sich um. In seinen Augen standen Tränen. »Aber warum bloß?«
»Sie wussten, dass sie tot ist, nicht wahr?«
Er wandte sich ohne ein Wort wieder ab.
»Hören Sie! Frau Janz ist am vorletzten Freitag ermordet worden, und wir wissen, dass Sie an diesem Tag bei ihr waren. Von wann bis wann war das?«
Stille.
»Herr Breitner, wollen Sie einen Anwalt?«
Nils fuhr herum. »Einen Anwalt? Glauben Sie etwa, ich habe sie umgebracht?«
»Sie reden nicht mit uns, was soll ich also glauben?«
»Ich habe damit nichts zu tun.«
»Warum antworten Sie dann nicht auf meine Fragen?«
»Warum wohl!«, schrie er. »Ich bin verheiratet.«
»Das ist uns bekannt. Trotzdem ändert das nichts an der Tatsache,
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