Abgehakt
für das Stoffrascheln, denn die Organzadecke war von dem kleinen Tisch gerutscht und zu Boden gefallen. Sie hatte sich selbst erschreckt. Zur Sicherheit suchte sie noch die anderen Räume ab, aber sie war allein. Mit dem Handrücken wischte sie sich den Schweiß von der Stirn.
Nachdem sie einmal tief durchgeatmet hatte, stieg langsam Wut in ihr hoch. Dieser Mistkerl war in ihrer Wohnung gewesen, hatte ihre Fische umgebracht, und es schien ihr, als wartete er nur darauf, dass sie sich wieder mit Mark treffen würde, um auch sie endlich umbringen zu können. Wer zum Teufel war dieses Schwein? Und wie war er in die Wohnung gekommen? Sie sprang auf und lief zur Wohnungstür. Am Schloss war nicht der kleinste Kratzer. Sie lief von Fenster zu Fenster. Alle waren verschlossen.
Mit einem Mal wusste sie, was passiert sein musste. Es gab nur eine Person, die ohne Schwierigkeiten in die Wohnung kommen konnte, da sie einen Schlüssel hatte. Sie ballte ihre Hände zu Fäusten und lief aus der Wohnung. Warum war sie nicht gleich darauf gekommen? Sie hämmerte mit beiden Fäusten an die Tür ihrer Nachbarin. »Komm raus, du Schwein!«, schrie sie.
Die völlig verdutzte Daniela Böhmer erschien in der Tür. Noch ehe sie etwas sagen konnte, hatte Anne sie am T-Shirt gepackt und zog sie zu sich heran. »Wie kommst du dazu, dich in mein Leben einzumischen?« Aus zusammengekniffenen Augen blickte sie die Nachbarin bedrohlich an.
»Ich wollt’ dir doch nur einen Gefallen tun«, jammerte sie. Anne wunderte sich eine Sekunde lang, dass Daniela sofort alles zugab. »Es sollte doch eine Überraschung sein.«
»Eine Überraschung?« Annes Stimme überschlug sich. Sie konnte nicht glauben, was sie da hörte. »Du bist doch total durchgeknallt. Ich sollte die Polizei rufen.«
»Nein, Anne, bitte! Ich mach das auch nie wieder.«
»Das wirst du auch nicht können.« Sie schrie noch immer. »Die Fische sind ja bereits tot.«
Völlig verwirrt sah Daniela ihr in die vor Wut glänzenden Augen. »Wieso die Fische?«
»Wieso? Weil du sie vergiftet hast. Hast du das schon vergessen?« Anne schüttelte Daniela hin und her. »Und jetzt gib mir sofort meinen Schlüssel!« Sie ließ sie los und schubste sie von sich.
»Natürlich«, murmelte Daniela kleinlaut, drehte sich zur Seite und griff hinüber zum Schlüsselbrett. »Hier!«
Anne riss ihr den Schlüssel aus der Hand und stopfte ihn in ihre Hosentasche, ohne Daniela dabei aus den Augen zu lassen. »Ich habe alle drei Briefe drüben liegen und werde dich höchstwahrscheinlich anzeigen. Mit so einer Psychopathin will ich nicht unter einem Dach wohnen. Du gehörst eingesperrt.«
»Welche Briefe?«, fragte Daniela konfus. »Ich versteh’ nicht.«
»Bist du so dämlich oder tust du nur so! Die Briefe, die du mir in meinen Briefkasten und aufs Kopfkissen gelegt hast!«
»Ich weiß nur von dem Brief auf dem Kopfkissen, und der ist nicht von mir. Ich hab’ dir keine Briefe geschrieben.«
»Ja, das stimmt wohl«, sagte Anne höhnisch, um sie gleich darauf wieder anzuschreien. »Du hast sie ja sorgfältig zusammengeklebt!«
»Sag mal, von was redest du überhaupt? Ich versteh’ nur Bahnhof.« Auch Daniela wurde lauter.
»Du bist eine eifersüchtige Irre.«
»He! Jetzt mach aber mal halblang.« Sie machte einen Schritt auf Anne zu und stützte die Arme in die Hüften. »Nur weil ich für einen deiner Lover die Tür aufmach’, damit du eine Überraschung kriegst, brauchst du mich hier nicht so runterzuputzen. Ich hab’s nur gut gemeint.«
Anne war perplex. »Wie, meinem Lover die Tür aufmachen? Was erfindest du jetzt für einen Scheiß?«
»Ich erfinde nichts. Frag ihn doch selbst.«
Anne verstand überhaupt nichts mehr. Wenn Daniela nicht log und ihr Lover, sprich Mark, heute in ihrer Wohnung war, dann … Das machte doch alles keinen Sinn. »Daniela, lüg mich nicht an.«
»Ich lüg’ nicht! Der Typ kam zu mir, und er wusste, dass ich die Schlüssel zu allen Wohnungen habe. Er wollte, dass ich dir einen Willkommensgruß aufs Bett lege.«
»Du hast für ihn …?«
»Ja, die Rose und den Brief aufs Kissen gelegt. Was ist schon dabei?«
»Und die Fische hast du netterweise auch gleich gefüttert?«
»Fische? Quatsch. Ich hab’ nur den Brief hingelegt und sofort wieder abgeschlossen. Der Typ ist dann abgeschwirrt.«
»Du lügst doch! Jemand hat meine Fische vergiftet, und wenn nur du in der Wohnung warst, wer soll es bitteschön dann gewesen sein?«
»Ich war das
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