Abgehakt
du sie als harmlose Spinnerin bezeichnest, finde ich, dass man besessen von etwas sein muss, wenn man sich zu solchen Aktionen hinreißen lässt. Und deshalb kannst du ganz und gar nicht sicher sein, dass Ruhe ist. Neid und Eifersucht haben schon so manchen in den Wahnsinn getrieben.«
»Ja«, nachdenklich rührte Anne in der Kaffeetasse herum, die Kelly ihr inzwischen in die Hand gedrückt hatte, »ich werde zur Polizei gehen.«
»Gut! Zu blöd, dass ich ausgerechnet jetzt wegfahre. Ich würde lieber hierbleiben.«
»Wozu? Um auf mich aufzupassen?«
»Zumindest, um in deiner Nähe zu sein. Ich habe kein gutes Gefühl. Du solltest um Personenschutz bitten.«
»Kelly, jetzt übertreib mal nicht. Ich habe doch einen Beschützer hier.« Damit blickte sie zu Sunny hinunter, der auf ihren Füßen lag. Als hätte er verstanden, dass die Rede von ihm war, hob er den Kopf und blickte Anne erwartungsvoll an. »Nicht wahr?«, sagte sie. »Du wirst mich bewachen?«
Sunny bellte, stand auf und legte seinen Kopf in ihren Schoß.
»Na, siehst du?«, wandte sich Anne an Kelly. »Ein Mann, ein Wort!«
Die Frauen lachten. Als sie sich wenig später voneinander verabschiedeten, sagte Kelly eindringlich: »Wenn irgendetwas ist, rufst du mich an. Du hast alle Telefonnummern, die du brauchst.«
»Es wird nichts sein«, versuchte Anne die Freundin zu beruhigen. »Genieße deine Zeit in Südafrika und bring mir was Schickes für mein Bad mit.«
»Versprochen!« Dann drückte sie Anne und streichelte Sunny ein letztes Mal. »Du wirst mir fehlen, mein Junge. Pass schön auf Anne auf.«
33
»Morgen, Sandor«, begrüßte Egon Milster den Kommissar, als dieser sein Büro betrat. »Ich habe Neuigkeiten, die vielleicht mit Ihrem Fall zu tun haben.«
»Und das wäre?« Martin nahm gegenüber seinem Chef Platz.
»Gestern Abend wurde in die ehemalige Wohnung von Eva Klein eingebrochen. Sie ist zurzeit ja noch unbewohnt. Die Geschwister der Toten wollen die Wohnung behalten. Eigenbedarf, weil irgendeiner von ihnen demnächst hier studieren will.«
»Und wieso denken Sie, dass das was mit uns zu tun hat? Jeder Einbrecher konnte ohne Probleme feststellen, dass die Wohnung derzeit leer steht.«
»Richtig! Aber der Einbrecher hat etwas hinterlassen, das eine Verbindung zu den Morden herstellt.« Milster lehnte sich zurück, während Martin ihn erwartungsvoll anblickte. »Einen Haken! Aufgemalt auf den Spiegel im Badezimmer, mit Lippenstift.«
»Verdammt! Dieser Kerl spielt Spielchen mit uns.« Martin fuhr sich durch die Haare. »Wurde etwas gestohlen, verwüstet?«
»Augenscheinlich nicht. Aber vielleicht verschaffen Sie sich ein eigenes Bild. Sie waren doch schon in der Wohnung. Die Kollegen vom Einbruch haben die Schwester für heute Vormittag um elf Uhr in die Meyerbeerstraße bestellt. Sehen Sie zu, dass Sie dann etwas in Erfahrung bringen. Vielleicht gibt’s noch andere Hinweise außer dem Haken.«
Martin nickte und wollte gehen.
»Ach, und Sie sollten eventuell die Brettschneider noch mal fragen, was sie davon hält.«
»Brettschneider?« Martin zuckte fragend die Achseln.
»Ach«, Milster winkte kopfschüttelnd ab, »ich meine die Hansen. Früher hieß sie Brettschneider. Ich hab’ sie immer noch unter dem Namen im Kopf.«
»Wenn ich Zeit habe, rufe ich sie an.« Martin ging zur Tür.
Martin informierte sein Team über den Einbruch und fuhr mit Dieter um halb elf in die Meyerbeerstraße. Die Leute von der Spurensicherung waren noch da. Martin wandte sich an den zuständigen Kollegen. »Wie ist der Einbrecher reingekommen?«
»Durch das Wohnzimmerfenster. Er hat die Scheibe mit einem Stein aus dem Garten eingeschmissen. Das hat natürlich entsprechend Krach gemacht. Die Nachbarin wurde aufmerksam und hat uns schließlich gerufen.«
»Wissen wir, wie viel Zeit zwischen dem Geräusch und eurem Eintreffen liegt?«
»Etwa zwanzig Minuten.« Der Kollege machte eine vage Handbewegung.
»Nicht viel Zeit.«
»Einem geübten Einbrecher reicht das in der Regel. Die wissen doch genau, wo die Wertsachen liegen. Trotzdem war der hier ziemlich unprofessionell und plump, wenn Sie mich fragen.«
»Wir sehen uns mal um.«
Martin und Dieter streiften sich Einmalhandschuhe über und gingen zunächst ins Badezimmer. Der grellrote Lippenstifthaken auf dem Spiegel erinnerte auf den ersten Blick an all die abgehakten Leichen.
»Das hier sieht aus wie die Ankündigung eines weiteren Mordes.« Martins Gesicht verdüsterte
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