Abgehakt
sich.
Dieter nickte. »Ja. Ich glaube auch nicht, dass ein Einbrecher diese Schmiererei veranstaltet hat, nur weil er vielleicht weiß, dass hier eine Frau gewohnt hat, die dem Hakenmörder zum Opfer gefallen ist.«
Sie suchten im Badezimmerschrank vergeblich nach einem Lippenstift und hörten von den Kollegen, dass auch sie bis jetzt keinen gefunden hatten. Anschließend sahen sie sich den Rest der Wohnung an. In keinem der Räume fanden sich Hinweise auf eine hektische Suche nach Wertgegenständen. Alles schien unangetastet. Auch die Küche, die sie zuletzt betraten, war sauber und aufgeräumt. Martin musste an Barbara Hansens Worte denken: Das Fehlen von Hinweisen ist vielleicht der Hinweis selbst.
»Scheiße!«, Martin durchfuhr die Erkenntnis wie ein Blitz. »Jetzt weiß ich, was der Einbrecher hier gesucht hat.« Ein Schauer überlief ihn.
»Was denn?«
»Die Waffe, um die nächste Frau damit abzuhaken. Ein Messer.«
»Damit wäre auch zu erklären, warum der Täter nicht leise und unauffällig hier eingedrungen ist. Um ein Messer einzustecken, braucht man doch höchstens fünf Minuten. Messer greifen, Haken hinschmieren und raus.«
Martin ging hinüber zu den Küchenschränken und öffnete alle Schubladen. »Gut bestückt war die Klein ja nicht.« Martin konnte außer normalen und kleinen Obstmessern kein einziges Brot- oder Fleischmesser entdecken.
Plötzlich trat ein Kollege zu ihnen. Er deutete auf eine Frau, die ihm gefolgt war. »Das ist Frau Meinhard, die Schwester von Frau Klein. Wenn Sie Fragen an sie haben …«
»Ja, danke!« Martin reichte ihr die Hand und stellte sich und Dieter vor. »Konnten Sie sich schon einen Überblick verschaffen, was eventuell fehlt?«
»Auf den ersten Blick nichts.«
»Wie gut kannten Sie sich denn in der Wohnung aus?«
»Ich denke, ziemlich gut. Ich habe sie nämlich vor kurzem erst aufgeräumt. Und es sieht noch alles genauso aus, wie ich es hinterlassen habe.«
»Sagen Sie, hat ihre Schwester einen Lippenstift benutzt oder besessen?«
»Nein.« Frau Meinhard lächelte schwach. »Eva war ja eher ein burschikoser Typ. Und ihre Lippen haben nie einen Lippenstift gesehen.«
»Dürfte ich Sie bitten, sich das Besteck anzusehen? Insbesondere die Messer. Könnte es sein, dass da was fehlt?«
Frau Meinhard trat an die Schubladen heran und sah sie sorgfältig durch. »Ja, tatsächlich. Da fehlt was.« Fragend blickte sie Martin an.
»Was genau?«
»Ich bin sicher, dass in dieser Schublade ein großes Messer lag. So eins mit einer glatten Schneide, ein Fleischmesser. Es hatte einen weißen Griff und war ungefähr so lang.« Sie zeigte mit den Händen eine Länge von etwa dreißig Zentimetern. »Ich weiß das genau, weil ich es beim Aufräumen gespült und hier reingelegt habe.«
»War nach Ihnen noch jemand in der Wohnung?«
»Nein. Ich bin die Einzige, die einen Schlüssel hat.«
Martin nickte und bedankte sich bei ihr. Er und Dieter warfen sich einen wissenden Blick zu. Dann drehte er sich zu dem erstaunt dreinblickenden Polizeikollegen um und erklärte ihm, was er vermutete.
»Veranlassen Sie bitte, dass alle Untersuchungsergebnisse auch auf meinem Schreibtisch landen.«
»Alles klar!«
Die Kommissare verließen die Wohnung mit dem Wissen, dass der Mörder wieder zuschlagen würde. Es war nur eine Frage der Zeit. Martin überkam eine große Rastlosigkeit, das Gefühl nicht schnell genug zu sein, um dem Mörder das Handwerk zu legen.
34
Anne hatte beschlossen, gleich am Nachmittag zur Polizei zu gehen. Je eher sie das hinter sich brachte, umso besser.
Gegen drei Uhr verließ sie trotz der Proteste ihres Chefs das Büro. Zunächst lief sie mit Sunny ein Stück durch den nahegelegenen Park. Für Mitte Oktober war es schon ziemlich kühl. Die Blätter fegten über die Wege, und der Hund jagte ihnen über die Wiese nach. Anne hingegen wurde mit jedem Schritt unruhiger, und so brachte sie Sunny nach Hause und wollte die anonymen Briefe einstecken. Aber sie fand lediglich den letzten. Das war doch nicht möglich. Sie wusste genau, dass sie die beiden anderen auf der Ablage unter dem kleinen Tisch vom Aquarium gelassen hatte. Natürlich! Daniela musste sie an sich genommen haben, als sie in ihrer Wohnung war. Ärgerlich! Warum hatte sie sie nicht besser weggelegt? Jetzt hatte sie nur den einen Brief in der Hand. Was soll’s, sie musste los. Sie würde der Polizei ja genau sagen können, was in den anderen gestanden hatte.
Auf dem Weg sah sie
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