Abgehauen
Land verhalten.
Lamberz:
Jetzt kommen wir eigentlich zu dem Ausgangspunkt zurück, wo wir angefangen haben und was für uns die Absicht war, mit Angelica Domröse und Hilmar Thate zu besprechen. Ich habe zu ihnen gesagt, es kann unterschiedliche Meinungen über Biermann geben, die gibt es auch, die sind auch nicht ausgeräumt – das zeigt die ganze Diskussion – oder zumindest nicht in ein paar Stunden ausgeräumt. Wenn man die ausräumen will, muß man sicherlich ein bißchen gründlicher diskutieren über das, was wirklich in seinen Liedern steht und was darin ausgedrückt ist, was es für eine Plattform ist und wie man sie auffaßt. Ich möchte noch folgendes sagen. Hier wurde von Vertrauen gesprochen. Ich weiß nicht, wie Sie unsere Politik in den letzten Jahren beurteilen. Ich bin kein Anhänger einer solchen Praktik, sozusagen mit alten, sicherlich schmerzvollen, für den einzelnen nicht einfachen Geschichten – das streite ich gar nicht ab – die Politik von heute oder sogar die von morgen zu machen. Ich beurteile eine Partei nicht nach einem Innenminister, ich beurteile eine Partei nach ihrem politischen Programm, ihrer politischen Hauptlinie, nach ihren Aktionen. Und da bitte ich Sie wirklich, diese Partei zu sehen, die selbst von einer Wende in ihrer Politik seit dem VIII. Parteitag spricht, auf verschiedenen Gebieten, und die Entwicklung zu sehen, die sich seitdem vollzogen hat. Und ich meine, daß das, was das Verhältnis der Partei zu den Künstlern betrifft, ein wirklich vertrauensvolles Verhältnis ist. Aber Vertrauen kann natürlich nicht ausschließen, daß es oft hier und da Mitglieder der Partei gibt, die das nicht verstehen. Daß es Leute gibt, die engherzig denken, daß es auch Dinge gibt, die nicht in Ordnung sind. Also, wer Vorstellungen vom reinen Kommunismus hat … Es wird auch in unserer Gesellschaft immer Leute geben, die Angst haben. Pardon. Sie haben vielleicht eine Familie. Die Kinder haben manchmal auch Angst vorm Vater. Und wenn sie größer sind, dann kommen die Töchter nicht mit der Mutter zurecht oder die Söhne nicht mit dem Vater oder umgekehrt. Das gibt’s doch alles. Bloß: Ist das ein gesellschaftliches Phänomen, was von der politischen Führung dieses Landes gewollt wird oder was dem Sozialismus immanent ist, oder sind es Mängel, die wir überwinden wollen und an denen wir genauso interessiert sind wie Sie? Und ich bejahe letzteres. Und ich sage, daß diese Führung, diese Führung unter Honecker – und Honecker persönlich, ja, da kann man halten und stehen und denken, wie und was man will und so weiter – sich mit viel Leidenschaft dafür einsetzt, daß wir eine gesellschaftliche Atmosphäre haben, die erfüllt ist von Vertrauen. Das zum einen. Zweitens, Kollege Heym, ich bitte, daß Sie uns nicht sehen als weltfremde Leute, die nicht wissen, wie das Leben ist, die nicht unter Arbeitern sind. Ich treffe mich heute noch mit den Leuten, mit denen ich in die Berufsschule gegangen bin, meine Nachbarn vom Straußberger Platz. Die können Sie fragen. Besuchen Sie sie. Zweite Etage. Die kommen heute noch zu mir nach Wandlitz. Wir sind alles normale Leute. Vielleicht ist mal einer überkandidelt in dieser oder jener Beziehung, aber ich kenne viele – Ehlert, Karrner – ganz einfache normale Leute. Mit einer riesigen Verantwortung, einem schweren Arbeitstag, mit einem Leben, das sie eingesetzt haben in vielen kritischen Situationen, und die immer, immer daran gedacht haben, wie die einfachen Leute besser leben. So ist es. Da hat sich niemand bereichert, das mußte sogar Biermann zugeben. Wo er die Quelle herhat, weiß ich nicht. Es gibt mehr Intellektuelle in der DDR, die doppelt soviel verdienen und besser leben als die Mitglieder der Parteiführung. Das ist die Wahrheit, die ganze Wahrheit. Also. Uns braucht man nicht zu sagen, wie die Leute leben. Wir wissen, wie die Leute leben. Daß man nicht weiß, wie jeder einzelne lebt, ist auch wahr. Aber wir sind unter Leuten. Und wenn man durch einen Betrieb geht, vollziehen sich so viele Gespräche, und es gibt oft so viele Diskussionen und so viele kritische Fragen. Ich mache hier niemandem etwas vor. Ich lade Sie ein – nicht zusammen, aber einzeln – bitte, wir gehen zusammen, wir machen zusammen Foren und werden das erleben.
Was ich bei diesen Wahlen erlebt habe an offener Atmosphäre, an Fragen, besonders von der Jugend … Ich habe auch Kinder, die studieren. Meine Tochter ist an der Hochschule für Ökonomie,
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