abgemurkst: Maggie Abendroth und das gefährliche Fischen im Trüben (German Edition)
Zinfandel trinken?«
»Ich bin 38! Wilma. Wie furchtbar.«
»Ja. Bist du. Mach endlich das Geschenk auf. Letztes Jahr um diese Zeit …«
»…war ich so was von am Arsch … Danke, Wilma, dass du mich dran erinnerst. Ich war gerade soweit, nicht mehr minütlich drüber nachzudenken.«
»Vergiss doch mal das letzte Jahr. Diesmal machen wir uns einen schönen Abend. Na?«
Wie soll das jetzt noch gehen?
»He, Maggie … 38 ist doch kein Alter. Seit du abgenommen hast, siehst du aus wie früher: Maggie, der Feger.«
»Sorry«, bremste ich meine Freundin ungeduldig aus, »mir is’ nicht nach Feiern. Bei Sattelmann war ein Golden Retriever. Wenn das stimmt, Wilma, dann muss ich auf der Stelle kotzen, und wenn ich damit fertig bin, dann mach’ ich das Geschenk auf. Okay?«
Wilma schaute mich ruhig an und sagte: »Na ja. Winnie wird das schon rauskriegen. Er hat ja jetzt alle Hinweise, dank dir, und dank Herrn Matti. Sei froh, dass du einen natürlichen Therapeutenhass hast und der Frau nichts von deinem Beziehungsdrama erzählt hast, sonst wäre der Knipser auch noch auf der Todesliste.«
Einundzwanzig … Zweiundzwanzig … DETONATION!
»Wilma!« Ich war kurz vor Atemstillstand, bitte die Notaufnahme frei machen – wir brauchen alle Geräte! »Wilma!«
»Was?«
»Ich … äh … Oh – mein – Gott!«
»Du hast ihr doch nicht etwa …?«
Ich brauche Sauerstoff, schnell. Und den Defibrillator – laden auf 300 und weg vom Tisch.
»Alles … ich hab’ ihr alles erzählt. An diesem Tag da, wo ich verpennt hatte, als ich dich nicht erreichen konnte und so. Auf dem Hochsitz. Himmel!«
»Ein schwarzer Tag für die Therapeutenbranche.«
»Was?«
»Nichts.«
»Wilma, ruf den Knipser an. Bitte. Sag du ihm, was los ist.«
Sie legte das Geschenk auf den Schreibtisch und sagte ganz ruhig: »Ich meinte das als Witz, Maggie. Findest du nicht, du übertreibst?«
»Nein, tu’ ich nicht. Bitte. Und wenn schon. Dann mach’ ich mich eben lächerlich. Ist doch egal.«
»Dann ruf ihn doch selbst an. Sag ihm, du glaubst, dass eine irre Therapeutin hinter ihm her ist. Sie wird wahlweise mit einer Flasche Klostergeist oder Trollinger und einer Pizza vor seiner Tür stehen. Vielleicht glaubt er dir ja. Vielleicht auch nicht. Und wenn nicht, ist es nicht mehr dein Problem. Du hast ihn gewarnt. Und du erzählst es gleich noch Winnie, und dann kann der sich drum kümmern.«
»Ja. Ja. Das mach’ ich.«
Okay. Okay. Ich rufe an. Jetzt. Vielleicht. Aber warum eigentlich?
Ist das nicht die Erfüllung all meiner Gebete? Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen? Macht die Forelle nicht genau das, was wir Frauen uns wünschen? Was sich all diese Frauen gewünscht hatten? Ihre Männer auf Nimmerwiedersehen loszuwerden? Frauenbefreiung mal ganz anders. Und Carmen kam mir tatsächlich befreit vor, seit ihr Mann tot war. Aber Mia und Coco?
»Was ist? Willst du doch erst das Geschenk aufmachen?«
»Wilma, ich muss nachdenken.«
»Oh, jetzt muss sie nachdenken. Ich halt’ es nicht aus. Eben ging es noch um Leben und Tod – jetzt musst du erst mal nachdenken. Worüber denn und wie lange?«
Ob er diesen Anruf wert ist. Darüber möchte ich am liebsten bis 2007 nachdenken. Oder bis 2008. Am besten mache ich es wie Helmut Kohl – ich sitze die Sache aus. Hier. Bis mein Arsch so breit ist wie ein Brauereipferdhintern. Ich komme ins Guinnessbuch der Rekorde in der Rubrik ›Aussitzen‹. Ich mache gleich in aller Seelenruhe mein Geschenk auf und gehe heute Abend mit Wilma schick auf Zigarren und Cognac und feiere, bis der Arzt kommt. Ich muss nur hier sitzen bleiben und warten, bis es vorbei ist. Nur abwarten. Gar nichts tun. Abwarten und Espresso trinken. Ist dies nicht die allerbeste Gelegenheit, endlich Geduld zu lernen?
Habe ich nicht immer gesagt, dass meine Schreibblockade vorbei ist, sobald der Knipser dieses Universum verlassen hat? Hat er vielleicht dieses Universum bereits verlassen? Hatte die Forelle ihren Job gleich bei der Trauerfeier vom Rettich erledigt? Da hatte sie ihn doch auf dem Silbertablett gehabt …
Ich wäre auf der Stelle geheilt. Da hätte eine Therapie endlich mal so angeschlagen, wie sie sollte.
»Maggie. Maggie. Hallo!« Wilma hielt mir eine Tasse Espresso unter die Nase. »Er geht nicht ran. Der AB ist voll, und er geht nicht ran. Sein Handy ist aus. Ich habe eine SMS geschickt. Egal, was er macht – er soll deinen Anruf abwarten. Es ist dringend, hab’ ich geschrieben.«
Wo war ich in den
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