Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
abgemurkst: Maggie Abendroth und das gefährliche Fischen im Trüben (German Edition)

abgemurkst: Maggie Abendroth und das gefährliche Fischen im Trüben (German Edition)

Titel: abgemurkst: Maggie Abendroth und das gefährliche Fischen im Trüben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minck
Vom Netzwerk:
traumatisiert und ich brauche eine Auszeit! So viel gegruselt wie hier habe ich mich im Hause der Familie Kostnitz die ganzen letzten vier Monate nicht.
    Ich trank meinen Kaffee aus, bezahlte, ging über den gepflasterten Innenhof des Cafés und warf meine Post bei der Kurverwaltung in den Briefkasten. Es hatte endlich aufgehört zu regnen, und ein paar Sonnenstrahlen ließen das nasse Kopfsteinpflaster glänzen. Ich überlegte, ob ich mich bis zum Abendessen auf meine Laufstrecke verziehen sollte, die an einem im Wald versteckten Hochsitz vorbeiführte, auf dem es sich prima abhängen und rauchen ließ, ohne entdeckt zu werden. Ich kam nicht dazu, einen Entschluss zu fassen. Irgendwie klangen die Wasserspiele im Kurpark heute anders. Das Kurorchester spielte nicht. Stattdessen hörte ich ein paar aufgeregte Männerstimmen und beschloss spontan, am Brunnen mal nach dem Rechten zu sehen. Da in diesem Kaff ja nie irgendwas Spektakuläres passierte, war man für jedes Ereignis dankbar.
    Der Brunnen im Kurpark war mehr oder weniger eine ungefähr zwanzig Meter lange, terrassenartig angelegte Wasserautobahn. Im unteren Becken angekommen, quoll das Wasser über kanonenkugelgroße Steine, die sich in die Quadratur der Restarchitektur nicht so recht einfügen wollten. Die Ränder dieser gluckernden Tristesse waren mit den unvermeidlichen Stiefmütterchen bepflanzt.
    Der Anblick, der sich mir heute bot, war allerdings spektakulär: Der Brunnen schäumte auf ganzer Länge, und zwar meterhoch. Aufgebrachte Einheimische und die Musikertruppe standen um den Brunnen herum, und ein paar Feuerwehrleute packten gerade ratlos ihre Schläuche wieder ein. Der Dorfpolizist, Wachtmeister Walther, allgemein bekannt als Onkel Walla, sagte gerade zu einem der Feuerwehrleute: »Das waren diese Punker, wer denn sonst.« Dabei sprach er das Wort Punker mit U aus.
    Ja, in Bad Camberg gab es auch Punks. Drei, um genau zu sein. Ich hatte sie schon ein paar Mal im Kurpark gesehen, wo sie sich im Schatten eines halb zerfallenen Pavillons einen Joint durchgezogen hatten. Ich konnte mir gar nicht vorstellen, dass sich diese drei lethargischen Gestalten dazu durchgerungen haben sollen, unten im Dorf eine Flasche Spüli zu kaufen, rsp. zu klauen, diese bis zum Kurpark hochzuschleppen und in den Brunnen zu kippen. So, wie die drei aussahen, war es wahrscheinlicher, dass sie schon auf halber Strecke vergessen hatten, was eigentlich ihr Plan gewesen war.
    Ich ging an der Menschentraube vorbei und nahm die Abkürzung durchs Gebüsch zur Kurklinik. Oma Berti würde sich über den Dorfklatsch freuen. Progressive Muskelentspannung musste jeden Moment vorbei sein, da konnte sie was zu lachen gebrauchen.
    Gerade wollte ich an der Rezeption vorbei zum Untergeschoss gehen, als mich die nette Empfangsdame aufhielt und mir in breitestem Dialekt mitteilte, dass ich einen Anruf bekommen hätte. Schon wieder eine Überraschung! Wenn es zum Abendbrot endlich mal Spaghetti Carbonara statt ungesalzenen Dampfgemüses geben würde, wäre die Sensation komplett. Die Rezeptionistin setzte umständlich ihre Lesebrille auf und überreichte mir einen handgeschriebenen Zettel mit einer Telefonnummer – einer Kölner Nummer. Der einzige Mensch, der mir unter dem Stichwort Köln einfiel, war mein Ex, der Knipser. Ich hatte vor Schreck gar nicht mitbekommen, was die Dame sagte.
    »Was? Entschuldigung, ich habe gerade nicht zugehört.«
    »Reidmann hat der g’heisse«, singsangte sie.
    Ich kenne keinen Reidmann. Gott sei Dank, eine Verwechslung.
    »Er hat saacht, dass es wischtisch wär. Se solle schnell zurückrufe.«
    Plötzlich fiel der Groschen.
    »Reitmeier«, rief ich erleichtert aus, »Rasmus Reitmeier!«
    »Jo, so hat der g’heisse.«
    »Der Rettich!«
    »Nee, Reddisch … so hat der net g’heisse. Reitmeier, des wars.«
    »Ja, ja … Danke.«
    »Isses e gude Nachrischt?«
    »Ich glaub’ schon. Darf ich mal telefonieren?«
    »Hier«, sie zeigte auf ein altmodisches grünes Telefon mit Wählscheibe und Einheitenzählwerk. Dann setzte sie sich wieder an ihren Schreibtisch, um bloß nicht den Eindruck zu erwecken, sie würde lauschen wollen.
    Oma Berti musste leider noch ein paar Minuten auf mich warten. Rasmus Reitmeier, der Rasmus Reitmeier, in der Branche wegen seiner langen weißen Haare Rettich genannt, hatte mich angerufen! Mich! Kölns bekanntester Produzent für Film und Fernsehen hatte mich, mich, mich angerufen.
    Ich wählte die Nummer, hatte aber nur seine

Weitere Kostenlose Bücher