abgemurkst: Maggie Abendroth und das gefährliche Fischen im Trüben (German Edition)
eigenen Einwänden zu lauschen, die dagegen argumentierten, weise zu werden. Aber für eine Diskussionsrunde mit mir selbst hatte ich keine Zeit mehr. Ein Problem war aufgetaucht, und ich sollte mich auf der Stelle entscheiden. Höre ich auf meine vernünftige innere Stimme, die mir sagt, dass Rita Hilfe braucht? Oder höre ich auf Maggie Abendroth, die da sagt – selber blöde, was lässt sie sich mit Konny Sattelmann ein? Soll sie doch sehen, wie sie klarkommt.
Die zweite Möglichkeit wäre natürlich die mit den schnellsten Ergebnissen. Schwamm drüber, nach Hause fahren, Fernseher einschalten, Eurosport gucken. Oder ein Bad nehmen. Oder im Garten sitzen und den lieben Gott einen guten Mann sein lassen. Die andere Möglichkeit … nun ja. Ich wollte gar nicht drüber nachdenken. Brauchte ich auch gar nicht. Plötzlich hatte ich nämlich zwei sehr aufgeregte Stimmen in meinem Kopf. Und sie gehörten beide nicht mir. Sie gehörten meiner Oma selig und Berti Blaschke: »Die richtige Person ist die, die gerade da ist!«, plärrten sie synchron, »… und du, Maggie Abendroth, bist gerade da!«
Oma Berti zerreißt mich in der Luft, wenn sie erfährt, dass ich Rita im Stich gelassen habe! Ich konnte sie schon vor mir sehen, wie sie mich, ohne mit der Wimper zu zucken, aus dem Kiosk jagt. Im Zweifelsfall würde sie mich sogar mit einer Stange Zigaretten vermöbeln. Was meine Oma selig tun würde, könnte ich bestimmt mal in einem Horrorfilm verwenden. Unter herumfliegenden Gegenständen tat sie es ja nicht.
Bevor mich der Zorn der Lebenden und der Toten trifft, fahre ich lieber in die Stadt. Wird schon nicht so schlimm werden mit Kai-Uwe. Im Schlussmachen bin ich schließlich Großmeisterin.
17
Als ich das Café Madrid betrat, hätte ich meine linke Hand dafür gegeben, ungesehen wieder verschwinden zu dürfen. Um diese Uhrzeit war der Laden noch leer. Wilma und Hasselbrink saßen an der Theke.
Sie drehten ihre Köpfe synchron zur Tür. Na, Wilma, sag es ruhig – sag »Erste!« Aber Wilma sagte gar nichts. Sie guckte sehr besorgt. Hasselbrink guckte auch sehr besorgt. Und – Hasselbrink hatte keinen Schnäuzer mehr. Auf seinem jetzt blank polierten Gesicht lief ein ganzer Film ab. Er konnte sich wohl in Anwesenheit von Wilma nicht entscheiden, ob er mir entgegenlaufen, mich in die Arme nehmen und vor lauter Wiedersehensfreude in die Luft werfen oder sich hinter der Theke verschanzen und so tun sollte, als sei nie was gewesen. Dabei schaute er drein wie Fury mit sehr schlechter Laune. Seine ehemals pechschwarzen Haare waren von vielen grauen Strähnen durchzogen und hingen ihm bis auf die Schultern. Seine Augenringe waren heute noch etwas schwärzer, als sie sowieso schon immer waren. Hasselbrink sah aus, als hätte er seit dem 1. Mai einen Dauer-Kater.
Ich brachte ein leises »Hallo« zustande, und dann schwiegen wir. Nach dieser lahmen Einleitung war ich mir nicht sicher, ob ich mich bis zur Theke vorwagen sollte. Ich schaute mich um und versuchte es mit: »Sieht ja alles wieder ganz ordentlich aus hier. Wo is’ denn der schnarchende Hells Angel abgeblieben?«
»Geplatzt«, sagte Kai-Uwe und drehte sich weg.
»War ja’ne mächtige Party.«
»Ja, war super«, maulte er und starrte die Reihe Flaschen in den Regalen hinter der Theke an.
»Ich habe ihm grad’ von Rita erzählt«, warf Wilma ein.
»Und, hat Herr Hasselbrink einen Schimmer, wo Sattelmann steckt?«
»Ich hätte mal lieber gewusst, wo du die ganze Zeit gesteckt hast. Ich hab’ da ein Hemd im Müll gefunden«, platzte es aus Hasselbrink heraus.
Halt die Klappe, Kai-Uwe, bitte! Ich machte die ›Rübe-ab-Geste‹. Nicht schnell genug, denn Wilma hatte es gesehen und grinste. Und was hatte ich denn geglaubt? Dass Kai-Uwe neuerdings zur Rasse ›Gentleman genießt und schweigt‹ gehört?
»Oh, jetzt verstehe ich …«, sagte Wilma, »…habt ihr beide noch ein bisschen im Bett in den Mai getanzt?«
Kai-Uwe und ich antworteten gleichzeitig, wie aus der Pistole geschossen: »Jain.«
»Also, was denn jetzt? Könnt ihr euch mal entscheiden? Wie breit wart ihr eigentlich?« Wilma ging hinter die Theke und befüllte ohne Rücksicht auf ihre frisch polierten Fingernägel die Espressomaschine. Es war offensichtlich, dass sie sich gerade köstlich über uns amüsierte.
»Ja, wir waren zusammen im Bett«, plapperte ich los. »Und es war eine einmalige Sache. Es wird nicht wieder vorkommen. Nicht wahr, Kai-Uwe?«
»Ja, aber …«
»Nix, ja aber.
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