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abgemurkst: Maggie Abendroth und das gefährliche Fischen im Trüben (German Edition)

abgemurkst: Maggie Abendroth und das gefährliche Fischen im Trüben (German Edition)

Titel: abgemurkst: Maggie Abendroth und das gefährliche Fischen im Trüben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minck
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und im ganzen Haus das Licht anmachte. Ich schaute auf die Uhr: halb eins. Kajo, Nikolaj und Winnie waren noch nicht wieder zurück. Der Steinway war still.
    Mit zitternden Händen blätterte ich im Telefonbuch und suchte die Nummer von Konny Sattelmann, dann wählte ich und wartete. Nach dem fünften Klingelton sprang ein Anrufbeantworter an, und Konnys Stimme vermeldete, dass er derzeit nicht zu erreichen sei. Nachrichten nach dem Pfeifton. Ich legte auf, ohne eine Nachricht zu hinterlassen, und bekam eine Gänsehaut. Meine Oma, die Prusseliese, der alte Kostnitz und Schwester Beate saßen allesamt auf dem bösen Sofa und starrten mich an. Ich ließ mich schlapp auf den Klavierhocker plumpsen. Fehlte ja nur noch der Rettich, der das Ganze für die Jenseitsfolge von Tales from the Crypt auf 16 mm festhielt.
    Was wollen denn alle immer nur von mir?
    Wie aus weiter Ferne hörte ich die Stimme meiner Oma: »Kind, bring mich nicht in Schwulitäten und benimm dich.«
    Was immer das auch heißen mochte. Kind, benimm dich. Wie benimmt man sich denn richtig? Oma selig ließ ihr spitzes ›Ph!‹ hören. Das hatte sie immer getan, wenn Klein-Maggie mal wieder Mist gebaut hatte. Mit anderen Worten, ich bin mit sehr vielen ›Phs!‹ aufgewachsen. Genutzt hat es wohl nichts. Jetzt macht sie es schon wieder! Na ja, Oma. Ich hab’ es doch wenigstens versucht, oder? Ich hätte mich entschuldigt, wenn er ans Telefon gegangen wäre.
    Dieser schwache Kotau vor den strengen Augen und Ohren meiner Oma selig reichte wohl noch nicht, denn sie murmelte: »Ich hab’ es immer gesagt, dieses Balg ist ein Satansbraten. Da hätte mal öfter was auf die Finger …«
    Jaaaa! … also, wir hätten dem Sattelmann nicht gleich die Kanzlei zu Kleinholz machen sollen, und vielleicht hätte ich netter zu Rita sein sollen, und vielleicht hätte ich ihr die Adresse von Herzig geben können, damit der mal was in die Wege leitet, das sinnstiftend gewesen wäre. Vielleicht hätte ich etwas mitfühlender zum Hasselbrink sein können, und vielleicht sollte ich nicht so eifersüchtig auf Nikolaj sein; vielleicht könnte ich auch mal mit Winnie über Ritas Problem reden. Der könnte ihr bestimmt was dazu sagen. Vielleicht, vielleicht, vielleicht! Mir stieg der Geruch von Kostnitz’ brennender Zigarre, Marke Krummer Hund, in die Nase. Jetzt nicht du auch noch!
    Als ich die Augen aufschlug, standen Kajo, Nikolaj und Winnie vor dem Klavier und rochen nach Kneipe. Sie hatten sich auf den Steinway gelehnt und schauten ihrem angestrengten Schneewittchen beim Träumen zu. Ich rieb mir die schmerzende Wange … eine Oktave Klaviertastatur hatte ihre Spuren hinterlassen.
    »Hi, ihr«, murmelte ich.
    »Ich mache Suppe warm«, sagte Nikolaj und ging in die Küche.
    »Ich hol’ uns noch ein Bier aus dem Keller«, sagte Kajo.
    »Und ich bring die Prinzessin ins Bett«, sagte Winnie, »ihr fallen ja die Augen schon wieder zu.«
    Als ich am Sonntagmorgen aufwachte, wusste ich nicht, ob ich das alles vielleicht nur geträumt hatte. Das Einzige, was an meinen nächtlichen Ausflug erinnerte, waren die Filzpantoffeln an meinen Füßen, und ich hatte mich in meinem Morgenmantel verheddert. Der Wecker zeigte schon elf Uhr. Das Haus war ganz und gar still. Die Jungs waren doch nicht etwa schon wieder wach und zum Joggen gegangen? Beinahe unmöglich nach so einer durchzechten Nacht – falls sie keine Halluzination gewesen waren.
    Ich schlich die Treppe hinunter und fand ein selten romantisches Tableau im Wohnzimmer vor: Auf der guten Couch lagen, Arm in Arm schlafend, Winnie und Nikolaj; Kajo lag auf dem zugeklappten Flügel und hielt eine Pedale seines Fahrrades im Arm. Sein Bike lag auseinandergebaut in Einzelteilen unter dem Steinway. Leere Biergläser auf den Tischen, aufgerissene Chips-Packungen und mein Kater mittendrin im Dr.-Thoma-Nirwana – er hatte seinen Wanst auf Erdnussflips gebettet und schnarchte selig. Unter einem der Biergläser fand ich einen verknitterten Brief von Herrn Matti an mich.
    Ein Blick in die Küche sagte mir, dass hier mehr als ein Mitternachtssüppchen verkostet worden war. So leise wie möglich machte ich einen Espresso für mich und setzte für die drei Schnarchsäcke die große Kaffeemaschine in Gang.
    Mit meinem Brief und dem Espresso ging ich wieder nach oben, setzte mich aufs Bett, zündete mir eine Zigarette an und las:

    Liebe Frau Margret,
    ich habe heute mit dem Pfarrer über das Gebot »Du sollst nicht falsch Zeugnis ablegen«

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