abgemurkst: Maggie Abendroth und das gefährliche Fischen im Trüben (German Edition)
Badezimmer ab und setzte mich auf mein nacktes Bett. Nosferatu ist nur ein Film, Maggie. Einfach weiteratmen, ruhig weiteratmen.
Ich schaute die Gitterstäbe vorm Souterrainfenster an und sah mein Spiegelbild in der Fensterscheibe. Maggie hinter Gittern – Titelbild fürs Amnesty International Journal. WM-2002-Sonderausgabe. Say cheese!
Und schickt die Blauhelme!
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Liebe Frau Margret,
was Sie da berichten, das klingt furchtbar. Ich kann nicht glauben, dass Herr Winnie Sie ernsthaft verdächtigt, an einem Mord beteiligt zu sein. Das habe ich Dr. Dr. Herzig auch gesagt. Vielleicht findet er eine Gelegenheit, mit Herrn Winnie darüber zu sprechen.
Ich werde mich sehr freuen, wenn wir uns nächste Woche treffen. Ihr Besuchstermin ist am 11. Juni, 9 Uhr. Dr. Dr. Herzig wird Ihnen die Genehmigung bringen. Lassen Sie uns über alles reden. Wir finden eine Lösung. Sie müssen sich nicht mit dem Kommissar streiten. Er steht unter großer Belastung. Er wird einsehen, dass Sie für ihre Freundin nur das Beste wollten.
Wenn Sie bitte so nett sind und Frau Mia mein tief empfundenes Beileid übermitteln.
Mit herzlichen Grüßen, Ihr Matti Paavo Bietiniemolaiinnen
Mattis Brief spendete ein wenig Trost. Es waren freundliche Worte. Und sie klangen nicht nach Cyrano – sie klangen nach Matti und waren die einzigen freundlichen Worte, die mich empfingen, als ich, nach einem erneut sehr kurz geratenen Kapitel ›Das ist mein neues Leben‹, geschlagen ins Haus von Kajo Kostnitz zurückkehrte. Mein plötzliches Verschwinden war so gut wie überhaupt nicht bemerkt worden. Als sei ich nur mal eben zum Zigarettenholen gewesen.
Nachdem ich festgestellt hatte, dass mein Souterrain definitiv unbewohnbar war, hatte ich Wilma noch spät in der Nacht aus dem Bett geklingelt. Wie wäre ich mir denn vorgekommen, wenn ich sofort wieder nach Stiepel zurückgefahren wäre?
Als Wilma hörte, was sich mit Winnie abgespielt hatte und wie es in meinem Souterrain aussah, hatte sie mir eine Decke aufs Sofa geworfen und eine Flasche Wein aufgemacht. Das erste Glas tranken wir auf den toten Sattelmann. Spurlos ging das Ableben unseres alten Schulkumpels doch nicht an uns vorbei. Wir erinnerten uns an diverse Szenen, die wir mit ihm erlebt hatten, auch an die Episode mit dem Gras auf der Hutablage. Das Lachen blieb uns, je später der Abend wurde, ein ums andere Mal im Halse stecken. Als wir unsere Schulzeit definitiv bis auf die letzte Anekdote durch hatten, wurde die Atmosphäre etwas ungemütlich. Wilma hatte mir zwar Asyl gewährt, aber nicht aus vollem Herzen. Das bemerkte ich daran, dass ich auf dem Sofa saß und sie in einiger Entfernung auf dem Sessel gegenüber. Um die Stimmung ein bisschen aufzulockern, sagte ich: »Hat Blaschke dich eigentlich schon erwischt?«
Wilma hielt mir ihre blau-schwarz gefärbten Fingerspitzen entgegen und seufzte: »Wie man sieht. Total ruiniert. Die Rechnung für die French Manicure schick’ ich ihm ins Präsidium. Er braucht die Fingerabdrücke für das Ausschlussverfahren, sagt er. Aber richtig überzeugend fand ich das nicht. Was, wenn der Täter gar keine Abdrücke hinterlassen hat – dann können wir nicht ausgeschlossen werden.«
»Logisch, Wilma. Wir können nur hoffen, dass der Täter Fehler gemacht hat, sonst verlieren wir einen Indizienprozess.«
»Der ist ja wie im Fieber. So habe ich den noch nie erlebt.«
»Du bist nicht die Einzige, die staunt. Bin gespannt, wann sich das wieder legt.«
»Staunt Nikolaj auch?«
»Der hat als Erster damit angefangen, und wie es aussieht, ertränkt er seine neuen Erkenntnisse über sein Tortiki gerade in Wodka.«
Wilma zuckte nur mit den Schultern. »Ein Sensibelchen. Ein hochdramatisches Sensibelchen.«
Hatten wir das also auch geklärt.
»Weißt du, was Oma Berti mir letztens mitten in der Nacht gesagt hat?«
»Nee, woher sollte ich?«
»Dass sie es bemerkenswert findet, dass plötzlich so viele Kerle wie bestellt abnippeln.«
»Gibt es also doch einen Gott?«
»Wilma. Zynismus ist mein Ressort!«
»Na ja. Ich dachte nur so … Um welchen Kerl ist es denn wirklich schade?«
»Was ist denn mit dir los? Ist was passiert?«
»Nix is passiert. Ich mach’ mir so meine Gedanken. Männer kommen auch manchmal drin vor.«
Worauf wollte sie hinaus? Ich wollte mal klug sein und das Thema Männer nicht vertiefen. Sonst landen wir nämlich wieder genau beim Knipser und in Rom. Um das unangenehme Schweigen, das sich breit machte, zu überbrücken,
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