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abgemurkst: Maggie Abendroth und das gefährliche Fischen im Trüben (German Edition)

abgemurkst: Maggie Abendroth und das gefährliche Fischen im Trüben (German Edition)

Titel: abgemurkst: Maggie Abendroth und das gefährliche Fischen im Trüben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minck
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hätte zum Rettich besser Erbsensuppe mit Wurst gepasst. Aber der Rettich war tot und hatte jetzt nichts mehr zu sagen. Und wenn die Meute Fingerfood und Champagner will, dann kriegt sie eben Fingerfood und Champagner. Bei der Beerdigung des Papstes gibt’s doch auch keine Spaghetti mit Tomatensauce.
    Nachdem meine Einladungskarte von vier Securitymännern angestarrt und für echt befunden worden war, blieb ich unschlüssig im Eingangsbereich des Festsaales stehen. Ganz am anderen Ende sah ich Coco Reitmeier mit ein paar Leuten von Sony Pictures stehen. Sie trug ein elegantes, fließendes schwarzes Ensemble, bestehend aus Hose und einem Oberteil, das geschnitten war wie ein Herrenhemd. Coco wirkte fast hager, völlig übermüdet, und trotzdem lauschte sie gerade sehr konzentriert dem Headwriter diverser hoch dekorierter Comedyserien, der auf sie einsprach.
    Zwischen den Schwergewichten und Silberrücken des Kölner Fernsehlandes flanierten einige Autoren und Regisseure umher, trugen ernste Gesichter zur Schau und suchten nach Gelegenheiten, mit den Damen und Herren Produzenten ins Gespräch zu kommen. Arme Wichte – müssen selbst hier auf und ab laufen wie die Stricher am Hauptbahnhof, in der Hoffnung, zwischen frittierten Scampi und Lachsröllchen könnte der große Weihnachts-Vierteiler auf sie warten.
    Als ich die Redaktionstruppe vom Tatort sah, zog ich mich hinter eine mannshohe Bodenvase zurück, die gut und gerne ein Beutestück aus der Reichskanzlei hätte sein können. Das war knapp. Dafür steuerte aus einer anderen Ecke des Saales eine neue Bedrohung auf mich zu: der komplette Cast von Rettichs letzter Romantic-Comedy für Sat 1. Ich atmete flach. Lächle und tu so, als sei nie was gewesen. Als ich gerade tapfer Hallo sagen wollte, waren auch schon alle hektisch miteinander flüsternd an mir vorbeigelaufen, ohne mich überhaupt wahrzunehmen. Jemand hatte mir im Vorbeigehen ein leeres Sektglas in die Hand gedrückt. Ich stellte das Glas rasch auf dem Boden ab und schaute mich um, ob es auch niemand gesehen hatte.
    Also, Maggie, alles auf Anfang. Du gehst jetzt da rein, du hast eine Einladung. Das allein schon berechtigt dich, dieselbe Luft zu atmen wie die da. Auf in den Kampf, schlag dich tapfer zu den Losern durch, deren Sendungen kürzlich abgesetzt wurden – die müssen wenigstens so tun, als wären sie nett. Bevor ich mich wirklich entschieden hatte, ob ich gehen oder bleiben soll, hatte Coco Reitmeier mich entdeckt und kam mit ausgestreckten Armen auf mich zu. Ein Teil der Meute beobachtete interessiert, wen Coco da so freudig begrüßte.
    »Margret, wie schön, ich dachte, du kommst nicht mehr.« Sie sprach mit einem leicht französischen Akzent, sodass mein Name aus ihrem Mund klang wie Magritte. Coco küsste mich auf beide Wangen. Ich küsste zurück. So herzlich hatte ich mir den Empfang wirklich nicht vorgestellt. Reitmeiers Witwe demonstrierte allen, dass sie vor Pest und Cholera keine Angst hatte. Ich war erleichtert.
    »Der Zug hatte Verspätung. Sorry. Meine Güte, Coco, es tut mir so leid.«
    »Warum hast du nicht angerufen? Ich wusste zuerst gar nicht, wo ich dich erreichen kann. Wohnst du wirklich in einem Friseursalon?«
    Ich hätte in der Tat mal anrufen können. »Nein, ich wohne nicht im Friseursalon. Mein Souterrain, also mein Apartment … ach, egal. Weißt du, ich war geschockt, und dann ist so viel in Bochum passiert. Lange Geschichte … es ging einfach nicht.«
    »Rasmus hat sehr viel von dir gehalten, warum versteckst du dich denn in der Provinz in einem Keller?«
    »Das ehrt ihn, aber … Danke für die Einladung, Coco, ich weiß das sehr zu schätzen.«
    »Dank nicht mir, ich fand Menschen, die in Kellern wohnen, schon immer degoutant. Aber du hast auf Rasmus’ Liste gestanden, also bist du hier.« Coco und ihre derben Scherze. Selbst jetzt noch, auf der Trauerfeier für ihren Mann.
    Sie bemerkte mein Zögern und lächelte: »He, ich dachte, wenigstens du kannst einen Witz vertragen. Guck dir all die Gesichter an. Brrrrrr.«
    »Seit wann hat der Rettich denn Listen gemacht? Bist du sicher, du hast die richtige Liste eingeladen? Vielleicht sind das all die Leute, die er nie mehr wiedersehen wollte.«
    »Ah, jetzt bist du fast die Alte. Es war die Liste zu unserer goldenen Hochzeit – jetzt ist sie die Liste für seinen Abschied. Quel malheur!«
    »Coco, ich heul’ gleich.«
    »Der dumme Mann. Tausendmal habe ich ihm gesagt – Rettisch, mach das nicht alleine. Rettisch,

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