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Abgeschaltet

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Titel: Abgeschaltet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Winterhagen
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Rotorblätter antreibt – der wird mit einem Windgeschwindigkeitsmesser schon heute von jeder Anlage gemessen –, sondern über zukünftig zu erwartenden Wind. Ein Autofahrer kennt schließlich auch mehr als den aktuellen Kurvenradius, wenn er eine Serpentinenstraße befährt. Er überblickt die vor ihm liegende Straße und trifft seine Entscheidungen über Gasgeben, Bremsen und Lenkeinschlag auf der Basis seiner Kenntnisse über den kommenden Streckenabschnitt. Tatsächlich ist es möglich, dieses Prinzip mit Hilfe optischer Techniken auf Windkraftanlagen zu übertragen. Künftige Generationen könnten mit Lasersensoren ausgestattet werden, die es erlauben, auf einige Hundert Meter in den (demnächst kommenden) Wind hineinzuschauen. Die für den Menschen völlig ungefährlichen Laserstrahlen werden von der Windanlage aus gesendet und reflektieren an winzigen Staubteilen oder Pollen, die der Wind mit sich führt. Durch die Teilchenbewegung im Wind verschiebt sich die Wellenlänge des zurückgestrahlten Lichtes leicht. Aus dieser Verschiebung lässt sich dann die Geschwindigkeit des Windes bestimmen – ein Prinzip, das die Polizei zur Verkehrsüberwachung einsetzt. Mit der Kenntnis des Windes sind Extremwindsituationen besser zu steuern, sprich die Anlagen müssten weniger häufig abgeschaltet werden.
    Die bestmögliche Ausnutzung des Windes hängt auch von einer aerodynamisch günstigen Form der Rotorblätter ab. Momentan ist die Form starr auf eine hypothetische mittlere Windgeschwindigkeit ausgelegt – und oft eher von Erfahrung als von wissenschaftlicher Erkenntnis geprägt. Klüger wäre es, wenn ein Rotor sich wie der Flügel eines Vogels den Windverhältnissen anpassen könnte. Die große Herausforderung bei Windkraftanlagen besteht darin, solche Mechaniken so zu entwickeln, dass sie mindestens zwanzig Jahre halten. Die ersten Versuche laufen, und auch wenn eine Kommerzialisierung noch zehn Jahre dauern dürfte, zeigen sie, dass die Windkraft noch Potenzial zu höheren Wirkungsgraden hat.
    Barth nennt eine Wunschmarke von 3500 Euro je installiertem Kilowatt, heute liegt man noch bei rund 6000. (Bei der Wasserkraft waren es 3800 Euro.) Sparen ließe sich vor allem beim Materialeinsatz. So bestehen die Wände der Türme heute aus zehn Zentimeter dickem Stahl. Der ist nicht nur teuer, sondern außerdem nur mit großem Aufwand auf den Millimeter genau zu verschweißen. Vielleicht haben Sandwich-Materialien eine Zukunft: ein Innen- und einAußenrohr, dazwischen eine Füllung, beispielsweise aus Mörtel. Rund die Hälfte des Stahls und 80 Prozent der Schweißarbeit könnten so eingespart werden.
    Vielleicht sehen in zehn Jahren Windkraftanlagen ganz anders aus als heute. Diejenigen auf hoher See könnten nur noch zwei und nicht mehr drei Rotorblätter haben. An Land hatte man dreiblättrige Rotoren gewählt, weil sie den besten Kompromiss aus Materialeinsatz, Ertrag und Geräusch bieten. Diese Bauweise wurde auf die Windparks im Meer übertragen. Da dort das Geräusch jedoch weniger wichtig ist, werden Transport und Baulogistik zu Erfolgsfaktoren. Zweiblättrige Rotoren kann man einschließlich vormontierter Gondel nebeneinander auf ein Schiff legen.
    Ein weiteres unbestelltes Feld für die Forschung ist die Optimierung der Gesamterträge größerer Windparks im Meer. Denn während die außen stehenden Anlagen frei angeströmt werden, leiden die innen stehenden unter den Turbulenzen, die die vor ihnen aufgebauten Anlagen verursachen. Schon Turbinen in der zweiten Reihe bringen oft nur 60 Prozent des Ertrags der Anlagen, die außen stehen – eine Beobachtung, die ich in Sallys Steuerungszentrale selbst machen konnte. Mit komplexen Strömungsberechnungen versuchen Wissenschaftler die optimale Platzierung der Windanlagen zueinander auszutarieren. Verbleibende Ungleichheiten könnte man dadurch beseitigen, dass man die Turbinen in der ersten Reihe künstlich etwas drosselt, um den Gesamtwirkungsgrad der Anlage zu steigern.
    Weiterhin wird untersucht, wie sich große Windparks gegenseitig beeinflussen. Eine durchaus relevante Frage, denn bei einer dichten Bebauung von Nord- und Ostsee bleibt für die küstennahen Windparks weniger Energie übrig. Nicht vergessen: Energie vermehrt sich nicht. Dadurch, dass Windanlagen Bewegungsenergie der Luft in elektrische Energie umwandeln, weht der Wind nach dem Passieren mehrerer großer Windparks tatsächlich schwächer. Allerdings vermögen auch Experten heute noch nicht zu

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