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einmal deutlich umständlicher – warum sollte man einen solchen Umweg gehen?
Man könnte es so formulieren: Der Vorteil solarthermischer Kraftwerke liegt gerade in ihrem umständlichen Prozess. Denn während bei der Photovoltaik jeder Wolkenschatten sofort zu einem drastischen Abfall der elektrischen Leistung führt, arbeitet die Solarthermie, wie der Name schon sagt, mit Wärme, also mit einer sehr trägen Energieform. Wärme ist überdies sehr gut zu speichern, beispielsweise in salzhaltigen Flüssigkeiten – das kennt jeder, der schon einmal am späten Abend im Meer war und sich gewundert hat, dass sich das Wasser nicht kühler als zur Mittagszeit anfühlte. Solarthermische Kraftwerke kann man daher rund um die Uhr mit einer gleichmäßigen Leistung betreiben, sie liefern den in einer postfossilen Energiewelt hochbegehrten Grundlaststrom, genauso wie Atom- oder Fließwasserkraftwerke. Dr. Luis Crespo, der den spanisch dominierten Interessenverband »Protermosolar« vertritt, versteift sich sogar zu der Behauptung: »Photovoltaik wird ohne uns immer das Back-up fossiler Energie benötigen, wir werden gemeinsam mit Biomasse-Kraftwerken das Rückgrat der Energieversorgung der Zukunft bilden.«
Tatsächlich erlebt die Technologie in den letzten Jahren einen gewaltigen Aufschwung. Allein in Spanien arbeiten im Sommer 2011 bereits 19 Kraftwerke, 11 befinden sich derzeit im Bau. Noch haben die meisten Anlagen relativ kleine Dimensionen, Leistungen bis zu 50 Megawatt dominieren. Bis 2020 will Spanien mehr als fünf Gigawatt installiert haben – wobei auch hier die Spitzenleistung gemeint ist. Umgerechnet laufen die Anlagen 7,5 Stunden auf Volllast, aber im Gegensatz zu landgestützten Windkraftanlagen, die auf vergleichbare Werte kommen, liefern sie den entstehenden Strom gleichmäßig ab.
In solarthermischen Kraftwerken wird der Strom wie in einem Kohlekraftwerk erzeugt: Ein Arbeitsmedium, im einfachsten Fall Wasser, wird durch die Sonne erwärmt und treibt dann eine Turbine an. Damit das Medium in solchen Kraftwerken überhaupt heiß genug wird, reicht selbst in Andalusien oder Arizona die Sonneneinstrahlung nicht, sie muss gebündelt werden. International spricht man daher auch von »Concentrating Solar Power«, konzentrierter Solarkraft. Die überwiegende Mehrzahl der heute gebauten solarthermischen Kraftwerke nutzt Parabolrinnen, um das Sonnenlicht einzufangen. Darunter kann man sich Halbschalen aus Spiegeln vorstellen, die die Form einer sehr großen Dachrinne haben. In der Mitte der Rinne wird die zu erhitzende Flüssigkeit durch eine kleine Leitung geführt. Die Rundung des Spiegels ist so konstruiert, dass jeder Sonnenstrahl, egal wo er auf dem Spiegel auftrifft, so reflektiert wird, dass er in der Mitte auf die Leitung trifft. Die bis zu 200 Meter langen Rinnen werden exakt von Nord nach Süd ausgerichtet und können in Ost-West-Richtung gedreht werden, um dem Sonnenlauf zu folgen. Dieses Billardspiel mit den Sonnenstrahlen haben sich übrigens zwei schwäbische Ingenieure bereits 1907 ausgedacht und sogar 1912 in Ägypten erprobt. Solange Kohle jedoch konkurrenzlos billig war, konnte sich ein solches Kraftwerk nicht durchsetzen.
In den Vereinigten Staaten, aber auch in europäischen Forschungszentren wie Jülich wird intensiv an Alternativen zu den Parabolrinnen gearbeitet, die eine höhere Ausbeute der Sonnenenergie versprechen. Insbesondere die Turmtechnik scheint etwas aufzuholen. Bei einem Solarturmkraftwerk werden speziell beschichtete Spiegel so im Halbkreis um einen Turm aufgestellt, dass sie das eingefangene Sonnenlicht auf genau einen Empfänger nahe der Spitze des Turms konzentrieren – so ähnlich wie wir als Kinder versucht haben, mit einem Taschenspiegel Lichter an die gegenüberliegende Hauswand zu werfen. Der Unterschied: Bei einem Turmkraftwerk sind es mehrere Hundert Spiegel, deren Licht gebündelt wird und die so ein Arbeitsmedium – Luft oder Wasserdampf beispielsweise – auf bis zu 1100 Grad Celsius erhitzen. Der Wirkungsgrad von Turbinen hängt ganz wesentlich von der Maximaltemperatur ab. Daher sind solch extreme Temperaturen, bei denen zumindest billige Stähle schon zu schmelzen anfangen, natürlich ein Fortschritt. Aber eben auch eine Herausforderung beispielsweise für die Materialentwicklung. Parabolrinnenkraftwerke erreichen übrigens eine Arbeitstemperatur von 400 Grad Celsius. In den letzten Jahren wird auch mit speziellen Ölen experimentiert, die sich auf mehr als 500
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