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Abgeschaltet

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Titel: Abgeschaltet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Winterhagen
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Trinkwasserverunreinigungen durch das Schiefergas. Das tatsächliche Gefährdungspotenzial vermag ich allerdings nicht abzuschätzen. Auch erschließt sich mir nicht, auf welcher wissenschaftlichen Basis Frankreich Mitte 2011 den Beschluss fasste, die Förderung von Erdgas durch hydraulische Fraktionierung des Gesteins auf seinem Staatsgebiet völlig zu verbieten.
    Zunehmend verflüssigt man Erdgas aber auch – bei minus 164 Grad –, um es per Schiff von abgelegenen Orten an die Verbrauchszentren dieser Welt zu befördern. Das ultra-tiefgekühlte Erdgas schrumpft im Volumen auf ein Sechshundertstel, so dass sich der mit der Kühlung verbundene energetische Aufwand lohnt. Bereits ein Viertel des weltweit geförderten Erdgases wird als LNG (Liquid Natural Gas) verkauft, das meiste davon stammt aus Katar, Nigeria und Ägypten.
    Ganz einfach ist das Betanken und Löschen von LNG-Tankschiffen allerdings nicht. Daher arbeiten Wissenschaftler seit längerem daran, Methan direkt vor Ort in Flüssigkraftstoffe zu verwandeln. Damit dies gelingen kann, braucht man geeignete Katalysatoren. Nachgewiesenermaßen tauglich ist der Periana-Prozess, benannt nach dem Chemiker Roy Periana, bei dem Platin als Katalysator verwendet wird – allerdings nicht als Feststoff, sondern gelöst in Oleum. Was fast nach einer Marke für edles Olivenöl klingt, ist in Wirklichkeit eine Lösung von Schwefeltrioxid in Schwefelsäure. »Selbst für einen Chemiker ist es eine unangenehme Situation, mit so etwas arbeiten zu müssen«, gibt Ferdi Schüth zu. An seinem Max-Planck-Institut ist es immerhin gelungen, das Platin in einenKunststoff fest einzubetten und den Prozess deutlich zu beschleunigen.
    Wo große Mengen Methan zur Verfügung stehen und eine direkte großtechnische Verarbeitung kein Problem darstellt, eignet sich der Fischer-Tropsch-Prozess, um Kraftstoffe direkt aus Erdgas herzustellen. Die Herren Fischer und Tropsch hatten wir im Kapitel über die Biomassenutzung bereits kennengelernt. Ihre Erfindung ist gemeint, wenn in Zeiten des globalen Business-Pidgin-Denglisch von »Gas to liquid« oder GTL die Rede ist. Die größte GTL-Anlage steht in Katar und produziert 140000 Fass Diesel und Kerosin am Tag. Allerdings muss bei diesem Prozess das Methan zuvor in Kohlenmonoxid und Wasserstoff zerlegt werden, damit das für den Fischer-Tropsch-Prozess benötigte Synthesegas entsteht. Durch die zwei Umwandlungsschritte geht natürlich Energie verloren, so dass, wo immer möglich, das Erdgas besser direkt als Treibstoff eingesetzt werden sollte.
DIE UNERSCHLOSSENE QUELLE: METHANHYDRATE
    Methan ist aber nicht immer als Gas unter der Erde versteckt, sondern in gewaltigen Mengen als Methanhydrat auf dem Meeresgrund und im Permafrostboden. Dieser Feststoff – eine Art Eis – bildet sich bei mehr als 20-fachem Luftdruck und bestimmten Temperaturen aus Wasser und Methan. Das Methan ist hierbei 164-mal so hoch konzentriert wie in Erdgas. Noch wird Methanhydrat, 1972 erstmals auf dem Boden des Schwarzen Meeres entdeckt, nirgends kommerziell gefördert. Sollte normales Erdgas eines Tages zur Neige gehen, ohne dass genügend regenerative Alternativen zur Verfügung stehen, könnte die Menschheit aber darauf zurückgreifen. Es gibt Schätzungen, dass in den Methanhydrat-Vorkommen doppelt so viel Energie gespeichert ist wie in allen Erdöl-, Erdgas- und Kohlevorkommen weltweit. Und selbst konservative Schätzungen gehen davon aus, dass in Methanhydrat mehr Energie gebunden ist als im gesamten noch verfügbaren Erdgas.
    Interessanterweise ist ein Hydrat aus Kohlendioxid chemisch stabiler als eines aus Methan. Daher wäre es eventuell möglich, Kohlendioxid – zum Beispiel aus Kraftwerken – in die Methanhydrat-Lagerstätten ein- und gleichzeitig das Methan herauszupressen.Zukunftsmusik, klar, aber auch eine weitere Chance: relativ lang verfügbar, relativ saubere Verbrennung, relativ flexibel zu betreiben. Hinzu kommt, dass Erdgas in allen drei großen Verbrauchssektoren eingesetzt werden kann: Gaskraftwerke erzeugen Strom, Häuser kann man mit Gas beheizen und Autos mit Gas oder aus Gas erzeugten Kraftstoffen betanken.
    Tatsächlich spricht fast alles dafür, den Übergang zu einer von fossilen Rohstoffen unabhängigen Energiewirtschaft mit der neuen Brückentechnologie Erdgas abzufedern. Weltweit wird sie aber vermutlich die ebenfalls als Brückentechnologie gedachte Kernenergie aus Kostengründen nicht eins zu eins ablösen. Dabei ist allerdings zu

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