Abgeschaltet
und Dampfturbine auch eine Kupplung eingebaut, so dass die eine schon mal loslegen kann, während die andere noch auf heißes Wasser wartet.
Wie immer, wenn ein neues technisches Produkt sich bewähren muss, schwitzen die Ingenieure bei der Abnahme im Mai 2011. Der letzte Versuch, bevor das Kraftwerk vom Generalunternehmer Siemens an den Betreiber E.ON übergeben wurde, ergab einen Wirkungsgrad von 60,75 Prozent. So faszinierend dieser Wert ist, so sehr zeigt er doch die Reife der Technik, die große Sprünge nicht mehr erwarten lässt. Denn nebenan, im bereits 2010 fertiggestellten Block 5, in dem zwei konventionelle Gasturbinen ihren Dienst verrichten, wurden bei der Abnahme 59,67 Prozent Wirkungsgrad erzielt. »62 oder vielleicht 63 Prozent sind noch möglich«, sagt Willibald Fischer, der die Rekordturbine entwickelte. Man ist versucht zu sagen: Was bringen schon ein oder zwei Prozentpunkte? Aber ein Prozentpunkt besserer Wirkungsgrad bei allen konventionellen Kraftwerken, das entspricht rechnerisch fünf Prozent der Kohlendioxidemission aus dem Straßenverkehr in Deutschland.
Bei voller Last verbrennt die Irschinger Turbine mehr als 90000 Kubikmeter Erdgas in der Stunde. Die Verbrennung ist so sauber, dass eine Reinigung des Abgases – etwa von Schwefel – nicht notwendig ist. Kritik am neuen Irschinger Kraftwerk gab es von Umweltschützern trotz der guten Wirkungsgrade. Denn die verbleibende Abwärme wird mangels Abnehmern in der Umgebung nicht genutzt. Stattdessen wird mit dem Wasser der Donau gekühlt.
Immer wieder ist zu lesen, dass GuD-Kraftwerke aufgrund ihrer Flexibilität die optimale Ergänzung zur fluktuierenden Stromerzeugung aus Sonne und Wind seien. Einerseits bestätigt das mein Besuch in Irsching: Sauberer kann man Energie aus fossilen Rohstoffen nicht erzeugen. Und hinsichtlich der Möglichkeit, schnell große Mengen Strom zu erzeugen, werden sie nur von Wasser-Speicherkraftwerken übertroffen. Andererseits zeigt sich auch: Trotz hoher Flexibilität sinkt der Wirkungsgrad im Teillastbereich deutlich, das heißt, der Betrieb wird unwirtschaftlicher und weniger umweltfreundlich. Daraus kann man den Schluss ziehen, dass der Strommarkt in jedem Fall so reguliert werden muss, dass die Vergütung für solchen Reservestrom so hoch ist, dass die Investition in moderne Gaskraftwerke sich lohnt, auch wenn diese nicht auf 5000, sondern vielleicht nur 2000 oder 3000 Volllast-Betriebsstunden im Jahr kommen. Es gibt durchaus Anzeichen, dass sich die finanzstarken Energiekonzerne aus diesem Grund bei den von der Politik gewollten Investitionen in Gaskraftwerke zurückhalten.
PROFITIEREN NUR DIE RUSSEN?
Heute wird das meiste Erdgas über Pipelines transportiert. Anders als wahrgenommen, stammt das meiste Erdgas in Deutschland nicht aus Russland, sondern aus EU-Staaten: 51 Prozent waren es 2010, die Hauptlieferanten hießen Norwegen und Niederlande. Aus dem ehemaligen Zarenreich im Osten kam nur ein Drittel des hierzulande verbrauchten Erdgases. Mit der Zeit dürften sich diese Anteile allerdings in Richtung Osten verschieben, wo immer noch große Felder entdeckt werden. Die neue Pipeline »North Stream« zwischen der Hafenstadt Wiburg und Greifswald erhöht die Transportkapazität für russisches Erdgas um ein Viertel. Eine »South Stream« genannte Ergänzung durch das Schwarze Meer wird diskutiert. Wem unwohl ist angesichts der wachsenden Abhängigkeit von Putin-Russland, auf dem Korruptionsindex von TransparencyInternational auf Platz 154, der fühlt sich bei den erdgasreichen Alternativen nicht wohler: Aserbaidschan steht auf Platz 134, Turkmenistan auf Platz 172. Die Liste hat übrigens nur 178 Plätze, das Schlusslicht bildet Somalia.
Um die Abhängigkeit von diesen Regionen zu mindern, wird in den USA, aber zunehmend auch in Deutschland intensiv daran gearbeitet, »unkonventionelles« Erdgas zu fördern. Dabei handelt es sich um Erdgas, das, zum Beispiel in Tonschiefergestein, fest eingeschlossen ist. Um es zu befreien, wird Wasser mit hohem Druck von bis zu 1000 bar in die Gesteinsschicht gepresst. Die aufwändige Förderung galt lange als nicht rentabel, deshalb sind auch die Vorkommen außerhalb der USA noch nicht quantifizierbar. Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe geht jedoch davon aus, dass das Potenzial des nicht-konventionellen Erdgases das des konventionellen um ein Vielfaches übersteigt. Immer wieder gab es in den USA Diskussionen über mögliche
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