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Abgeschnitten: Thriller (German Edition)

Abgeschnitten: Thriller (German Edition)

Titel: Abgeschnitten: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek , Michael Tsokos
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den Dorfkindern sicher eine beliebte Mutprobe«, bemerkte Ingolf. »So viel zum Aufschwung Ost.«
    Er wollte in die Einfahrt rollen, entschied sich aber angesichts der nicht geräumten Schneemassen dagegen und parkte schräg auf dem Bürgersteig. »Kein Licht, kein Rauch überm Schornstein«, sagte er und schaltete das Fernlicht an, um die Fassade besser auszuleuchten.
    »Sogar das Dach ist marode. Himmel, wenn hier einer wohnt, zieh ich ins Dschungelcamp.«
    »Dann viel Spaß in Australien«, sagte Herzfeld und deutete auf das Fenster im ersten Stock, hinter dem sich gerade der Vorhang bewegte.

27. Kapitel
     

    H erzfeld war sich sicher, dass sie beobachtet wurden. Allein der Porsche auf dem Bürgersteig musste bei einigen Bewohnern der ebenfalls heruntergekommenen Häuser in der Nachbarschaft für Aufsehen gesorgt haben. Erst recht das ungleiche Paar, das auf dem Weg über den Hof bis über die Knöchel im Schnee versank. Während Herzfeld mit Schnürstiefeln, einer schwarzen Jeans und farblich passender Daunenjacke noch eher unauffällig wirkte, schien Ingolf gänzlich fehl am Platz. Bereits nach wenigen Metern hatte er einen seiner rahmengenähten Lederschuhe verloren und ruinierte seinen Kaschmirmantel, als er bei dem Versuch, den Slipper wieder aus dem Schnee zu klauben, der Länge nach hinschlug.
    »Grand malheur«,
fluchte er, was vermutlich einem Wutausbruch gleichkam. Bevor er den Schneematsch von Mantel und Anzug klopfte, richtete er sich gemächlich seine Haare.
    »Und ich bleibe dabei«, rief Ingolf Herzfeld hinterher, während er mit nassen Socken in seinen Maßschuh schlüpfte. »Das Anwesen ist verwaist.«
    Der Professor war bereits vorangegangen und stand am Fuß einer Treppe, die zu einer mächtigen Haustür führte. Auch er hatte es beim Näherkommen bemerkt: Das Fenster im ersten Stock stand einen kleinen Spalt offen. Der Vorhang wurde vom Wind bewegt.
    Herzfeld betrachtete nachdenklich eine grüne Truhe aus wetterfestem Plastik unter dem Vordach, in der vermutlich die Sitzkissen für die Gartenmöbel verstaut waren, die jetzt im vorderen Teil des Grundstücks unter einer großen Linde verrotteten. Im Augenblick diente sie als Ablage für ein Paar fabrikneue, braune Industriegummistiefel. Herzfeld nahm sie in die Hand.
Größe
44
,
wunderte er sich. Martinek war zehn Zentimeter kleiner als er. Hatte er wirklich die gleiche Schuhgröße wie er selbst? Nachdenklich öffnete Herzfeld den Deckel der Truhe, in der er keine Kissen, sondern einen grauen Pappkarton entdeckte.
    »Geschwind mit Schwintowski«,
las Ingolf den Werbespruch des Umzugsunternehmens vom Kartondeckel ab. Der Praktikant rieb sich mit einem Taschentuch den Regen von den Brillengläsern und blinzelte dem Professor kurzsichtig über die Schulter.
    Wie die Stiefel musste der Karton schon geraume Zeit in der Kälte gestanden haben. Die Pappe war alt und feucht und riss beim Öffnen der Falzlaschen.
    »Mein lieber Herr Gesangsverein.« Ingolf pfiff anerkennend durch die Zähne und deutete mit dem Bügel seiner Brille in die geöffnete Truhe. »Ich würde sagen, der Ausflug hat sich gelohnt.«
    Die oberste Schicht des Kartons bestand aus Bargeld: dicke Packen mit Banderolen gebündelter Scheine. Herzfeld holte einen der Stapel heraus und ließ die Scheine wie ein Daumenkino durch die Finger gleiten.
    »Das müssen mindestens hunderttausend sein«, schätzte Ingolf.
    » 157 560  Euro«, bestätigte Herzfeld und schüttelte resigniert den Kopf.
    Verdammt, Sven.
    »Sind Sie jetzt auch noch eine Art Rain Man, oder woher wollen Sie das auf einen Blick so genau wissen?« Ingolf sah abwechselnd auf das Geld und dann wieder zu Herzfeld.
    » 157 560  Euro. Das ist der Betrag, den Martinek mir damals geboten hat, damit ich die Beweise fälsche.«
    Er erklärte Ingolf so kurz wie möglich, was zwischen ihm und seinem Kollegen vorgefallen war.
    »Und Sie haben abgelehnt?«
    Herzfeld nickte und legte das Bündel zu den anderen zurück. »Ja. Es war exakt die Summe, die er nach einer Erbschaft auf dem Konto hatte. Wie man sieht, ist es ihm seit dem Tod seiner Tochter nichts mehr wert.«
    Herzfeld schob das Geld beiseite und stieß darunter auf eine in einer Wolldecke eingewickelte Axt.
    »Hey, vorsichtig«, mahnte Ingolf, als Herzfeld das nagelneue, kurzstielige Werkzeug herausholte.
    »Gehört so was zur Standardausrüstung für Rechtsmediziner?«
    Herzfeld schüttelte den Kopf. »Nein. Für Einbrecher.«
    Er deutete auf das Vorhängeschloss, mit

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