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Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig

Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig

Titel: Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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… Verwundung, Gefangennahme, Flucht … im Auftrag Aginas von Burg zu Burg unterwegs, um die Schwertgenossen zu warnen … großartig! Jetzt brauchten wir ihm nur noch die Namen der Verschwörer zu nennen. Und schon eilte er los … mit der Nachricht von unserm Sieg und von Heinrichs Tode.“
    Der König schwieg einen Augenblick, zögerte weiterzusprechen. Plötzlich verdüsterte sich seine Miene. Dann fuhr er so langsam fort, dass es schien, als schleppten sich die Worte nur mühsam aus seinem Munde.
    |230| „Falls Heinrich den Kampf überlebt hat, verwundet, verlassen, flüchtig … wird er auf diese Art umgebracht. Denn Gero ist hinter ihm her und es gibt kein Zurück für ihn. Ergeben wird er sich nicht. Es nimmt ihn aber auch niemand auf, er findet nirgendwo ein Obdach. Das kann einer wie er nicht lange durchhalten. Vielleicht irrt er noch eine Weile umher, aber bald wird er nur noch ein Gespenst im Nebel sein. So enden Verschwörer. So enden Thronräuber. So enden feindliche Brüder. Trotzdem tut es mir leid um ihn, er war nicht schlecht, er war nur ein verzärteltes, närrisches Bübchen.“
    Otto starrte eine Weile in die flackernde, verlöschende Flamme in einer der Lampen. Dann schloss er die Augen, der Kopf sank ihm auf die Brust. Seiner Hand entfiel der leere Becher und rollte scheppernd über den Boden. Das Geräusch schreckte ihn auf, er blickte mit trunkenen Augen nach dem Becher und sah im selben Augenblick Edgith, die in der Tür stand.
    Die Königin schlug die Hände vor das Gesicht und brach in Tränen aus.
     
    Am nächsten Morgen erschien ein Reiter in der Magdeburger Pfalz und verlangte, unverzüglich vor den König geführt zu werden. Er habe eine Botschaft von Markgraf Gero.
    „Wird ja Zeit“, sagte Otto. „Wo treibt er sich gerade herum? Wo steckt er? Was lässt er mir sagen?“
    „Herr, er lässt sagen, dass er vor der Merseburg liegt.“
    „Wie? Vor seiner eigenen Burg?“
    „Man ließ uns nicht ein, man bedrohte uns von der Mauer.“
    „Wer drohte? Wenden? Haben etwa Daleminzier die Burg …?
    „Nein, es war Euer Bruder, Herr. Prinz Heinrich.“
    „Mein Bruder Heinrich? Er lebt?“
    „Ja. Es hieß, dass er auf der Flucht war und Aufnahme begehrte. Man wies ihn nicht ab wie anderswo. Er ließ uns sagen, die Merseburg sei sein Eigentum und er gebiete von jetzt an dort und nehme sein Recht wahr.“
    „Sein Recht?“, schrie Otto.
    „Markgraf Gero fragt deshalb an, was er tun soll.“
    „Er fragt noch? Fragt, was er tun soll, wenn man sich seiner Burg, seines Lehens bemächtigt? Fragt, wie er mit einem streunenden Friedensstörer umgehen soll? Belagern! Herausholen! Festnehmen! Herbringen!“

|231| Vierter Teil

37
    Heinrich, König Ottos neunzehnjähriger Bruder, war im Gefecht bei Birten verwundet worden, doch mit dem Leben davongekommen, und schließlich, nachdem er wochenlang durch Sachsen geirrt war und nirgendwo Unterschlupf gefunden hatte, war ihm von der Besatzung der Merseburg das Tor geöffnet worden. Da er noch bis vor zwei Jahren hier gelebt hatte, kannten ihn die meisten gut. Er war zwar unter den Männern nicht sonderlich beliebt, doch verhasst war ihnen der Markgraf Gero und so schlugen sie sich auf Heinrichs Seite. Zwar hatte der Thüringer Dadi auch ihnen seine Geschichte erzählt, doch als Heinrich, den man woanders für einen Betrüger gehalten hatte, dann selbst erschien, ließ man ihn ein und keiner von denen, die jahrelang in der Enge der Burg an seiner Seite gelebt hatten, zweifelte daran, dass er es wirklich war. Auch einige seiner neun Gefährten waren hier keine Unbekannten.
    Der junge Mann erholte sich schnell von den Beschwernissen, die hinter ihm lagen. Abgesehen von der Behinderung durch einen steif herabhängenden, nahezu unbeweglichen linken Arm, den ein Schwerthieb in der Beuge getroffen und fast zertrennt hatte, fühlte er sich bald imstande, mit frischer Hoffnung neue Pläne zu schmieden. Zunächst aber galt es, der unmittelbaren Gefahr zu begegnen. Noch hatte Gero ihn nicht aufgespürt, aber man wusste den Markgrafen mit seinen Hundertschaften schon in der Nähe. Nachdem Heinrich sich der unbedingten Bereitschaft der fünfzigköpfigen Besatzung versichert hatte, die Merseburg für ihn zu halten, sandte er, bevor der Ausgang blockiert war, zwei seiner Fluchtgefährten nach Quedlinburg zu seiner Mutter. Sie hatten den Auftrag, Frau Mathilde so schonend wie möglich von den Ungelegenheiten zu berichten, die ihrem geliebten Sohn widerfahren

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