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Abgründe (German Edition)

Abgründe (German Edition)

Titel: Abgründe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine d’Arachart
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Sofort waren ihre Augen wieder feucht. Sie presste sich mit dem Rücken gegen die Wand und wagte es nicht, sich zu rühren – als könnte sie das Schlimmste abwenden, wenn sie sich nur ganz still verhielt.
    »Komm raus, Rose... Na komm schon.« Er sprach leise und seine Stimme war freundlich; ganz anders, als sie sie sich vorgestellt hätte.
    Roxanna schüttelte den Kopf, obwohl sie wusste, dass er sie nicht sehen konnte. Sie war unfähig, ihm zu antworten. Ihre Kehle war wie zugeschnürt.
    »Ich bitte dich jetzt noch ein letztes Mal. Komm raus.«
    Roxanna schluchzte und wischte sich mit dem Handrücken erneut die Tränen von den Wangen. Sie starrte nach vorne und traute sich nicht zu blinzeln, aus Angst, er würde plötzlich das Hindernis Tür überwinden, wenn sie es nur kurz aus den Augen ließe.
    »Na schön.«
    Roxanna hörte ein Geräusch wie von einem Schraubverschluss.
    »Na schön, na schön«, seufzte er wieder. »Dann muss ich dich eben dazu zwingen.«
    »Bitte… bitte nicht!« Ihre Worte waren nicht mehr als ein panisches Flüstern.
    »Zu spät.«
    Roxanna sah, wie unter dem Türschlitz her eine durchsichtige Flüssigkeit zu ihr ins Innere der Kabine sickerte. Sofort stieg ihr ein würziger Geruch in die Nase. Brennspiritus!
    »Ich gebe dir jetzt genau fünf Sekunden, um die Tür zu öffnen. Wenn nicht, dann räuchere ich dich aus, Rose. Eins...«
    Roxanna wich jede Farbe aus dem Gesicht. Schnell sah sie sich nach etwas um, womit sie die leicht entzündliche Flüssigkeit aufwischen konnte.
    »Zwei...«
    Das edle Designerkleid fiel ihr ins Auge und sie hob es rasch auf. Ihr Herz raste wie verrückt.
    »Drei...«
    Roxanna bückte sich und begann hektisch, das Brennmittel zu beseitigen, doch es sickerte immer mehr unter dem Türspalt her.
    »Vier...«
    Ihre Gedanken überschlugen sich. Sie sprang auf und betrachtete ihre vom Spiritus feuchten Hände und Füße. Sie griff nach dem Riegel der Tür und versuchte, ihn zu öffnen, aber er klemmte für einen Moment.
    »Fünf.«
    Panisch riss sie die Tür auf, Flammen stoben ihr entgegen und dahinter sah sie ihn . Grinsend.

-26-
     
    Ethan goss sich eine Tasse Kaffee ein, nahm am Küchentisch Platz und überflog die Zeitung, die, wie seit Wochen, voll war von den neuesten Erkenntnissen über die Resort City-Bestie. Empörte Leserbriefe füllten eine ganze Seite. Ein sogenanntes Medium war zu Rate gezogen worden und malte eine düstere Vision von der nahen Zukunft. Entfernte Bekannte der Opfer klagten ihr Leid und ein Kolumnist ließ sich über die überbezahlte, schlecht ausgebildete Polizei aus.
    Das Klingeln des Handys lenkte Ethan von seiner Lektüre ab. Er stand auf, nahm es von der Anrichte und ging ran. Hoffentlich gab es keine neue Leiche.
    »Hayes?«
    »Ich bin’s«, meldete sich Donovan über lautes Kinderlachen hinweg. Wahrscheinlich hatte er für seine beiden kleinen Töchter gerade mal wieder den Clown gespielt. »Ich wollte nur fragen, wie es gestern mit Madison lief.«
    »Na ja, es ging. Sie ist nervös wegen dem Serienmörder. Sie glaubt, es ist Birch.«
    Haley betrat die Küche und Ethan blickte auf. Er lächelte seinem Sohn kurz zu, der hastig eine Schüssel mit Cornflakes füllte. Haley war ein Langschläfer und morgens grundsätzlich in Eile, um es pünktlich zum College zu schaffen.
    »Und, was denkst du?«, wollte Donovan wissen.
    »Reden wir später darüber.« Ethan hielt Madisons Gedanken für ein Hirngespinst, doch er wollte das Thema Haley gegenüber nicht vertiefen. Der Junge kannte Madisons Geschichte, aber Ethan hatte ihm die Details vorenthalten.
    »Dann sehen wir uns beim Leichenschmaus?«
    »Bitte?«
    »Die Exhumierung, Eth. Wir haben ein Date auf dem Friedhof, vergiss das nicht.«
    »Sicher nicht. Bis gleich.« Damit legte er auf.
    Exhumierungen am Morgen, dachte Ethan und kippte den Rest von seinem Kaffee in den Ausguss. Was konnte es Schöneres geben?
    »Dein Kaffee war schon immer mies.« Haley goss grinsend Milch über seine Cornflakes. »Endlich hast du’s kapiert.«

-27-
     
    Ethan, Gladys und Donovan standen etwas abseits des Geschehens, während zwei Männer in grauen Arbeitsanzügen mit Masken über dem Mund die Überreste von Albert Jaiden und seinem Sarg aus dem Grab hoben. Zwei Ärzte und der Friedhofswärter des Rosewood Memorial sahen aufmerksam zu.
    Ethan fuhr sich mit der Hand über die Stirn und sah seine Kollegen an. »Was glaubt ihr? Wurde er ermordet?«
    Gladys und Donovan nickten fast gleichzeitig.
    »Es

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