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Abgründe (German Edition)

Abgründe (German Edition)

Titel: Abgründe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine d’Arachart
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gedrückt wird. Er erstickt den Schrei mit einer riesigen Hand. Sie rührt weiter in ihrem Topf. Der Inhalt ist blutrot. Der Geruch nach verbranntem Fleisch –
     
    Ames setzte sich ruckartig in seinem Bett auf. Er wusste nicht, ob er geschrien hatte, doch seine Kehle brannte und fühlte sich ausgetrocknet an. Sein Atem ging schnell und die Laken unter ihm waren schweißnass. Er hatte gehofft, schlafen zu können; hätte alles gegeben für eine Nacht, die er durchschlafen konnte. Er glaubte nicht, dass Menschen, die die Fähigkeit hatten, ruhig und friedlich zu schlafen, dies zu schätzen wussten. Er würde es zu schätzen wissen, wenn er es denn könnte.
    Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass es viel zu früh war um den Tag zu beginnen. Doch der Traum jagte das Blut durch seine Venen und hatte all seine Sinne in Alarmbereitschaft versetzt. Ames war hellwach und schwang die Beine aus dem Bett. Es gab etwas, womit er die Nacht zubringen konnte. Etwas, das fast so gut wie Schlafen war.

-47-
     
    Claire Travis saß gefesselt auf einem im Boden verankerten Stuhl. Sie wusste nicht, wie spät es war. Die benebelnde Wirkung der Droge hatte nachgelassen. Ihre Augen ließen sich wieder scharf stellen und sie hatte nicht mehr das Gefühl, abheben zu müssen, würde dieser Stuhl sie nicht am Boden halten. Ihr war kalt und sie hatte Kopfschmerzen, aber immerhin war sie noch am Leben und konnte einigermaßen klar denken. Ihre Augen hatten sich an die Dunkelheit gewöhnt und sie erkannte durch das kleine Fenster, dass außerhalb ihres Gefängnisses nichts als Bäume und Sträucher waren. Zumindest so weit sie gucken konnte.
    In der Hütte selbst befand sich außer dem Stuhl auf dem sie saß noch ein kleiner Tisch voller Gegenstände, die das Mondlicht reflektierten. Die Spielzeuge des Verrückten. Es waren diese Gerätschaften, die ihr am meisten Angst machten. Immer wieder schossen ihr Tränen in die Augen und verschleierten ihre Sicht. Sie zwang sich, nicht in Panik zu geraten. Keinesfalls wollte sie es zulassen, dass ihr Entführer mit seinen Werkzeugen Hand an ihren Körper legte.
    Claire ging im Kopf die Möglichkeiten durch, die sie hatte. Entweder, sie fand in ihren Hosentaschen irgendetwas, das sie als Schlüssel für die Handschellen benutzen konnte oder sie bekam es irgendwie hin, den Stuhl vom Boden zu lösen. Dann könnte sie zum Tisch robben und dort etwas zu suchen, womit sie die Fesseln öffnen konnte. Es gab noch eine dritte Möglichkeit, doch dafür fehlte ihr der Mut. In einem Buch hatte sie mal gelesen, dass sich eine Frau aus ihren Handschellen befreit hatte, indem sie ihre Finger durch die Handschellen gequetscht hatte. Dabei waren ihre Hände fast gehäutet worden, sodass sie das austretende Blut als Schmiermittel benutzen konnte. Es war vielleicht absurd, aber Claire scheute sich vor den Schmerzen und vor allem vor den Narben, die dieses Prozedere mit sich bringen würden. Sie dachte an ihren Ehering und daran, dass sie ihn an einer unversehrten Hand tragen wollte. Sie wusste, dass ihre Hände im Moment ihr kleinste Sorge sein sollten, aber der Gedanke an ihren Mann Christopher und ihre gemeinsame Zukunft, die Vorstellung, dass sie überhaupt eine Zukunft hatte, gab ihr Kraft.
    Sie streckte die Finger aus und betastete ihre Gesäßtaschen. Sie fühlten sich leer an. Der Entführer hatte ihr scheinbar alles genommen. Also Plan B. Sie drehte den Kopf und erkannte, dass der Stuhl ursprünglich von vier Schrauben im morschen Holzboden gehalten worden war. Eine Schraube fehlte und eine andere stand weiter heraus als der Rest. Sie sammelte sich einen Moment, dann begann, mit aller Kraft hin und her zu schaukeln. Immer wieder warf sie sich mit ihrem gesamten Gewicht gegen die linke, dann gegen die rechte Armlehne. Ihr Puls begann zu rasen und ihr Atem ging rasselnd, aber sie gönnte sich keine Pause. Wenn es eine Chance gab, dem Monster zu entkommen, dann war es diese.
    Plötzlich knirschte das Holz unter ihr. Einen Moment hielt Claire inne und fürchtete, der Mann würde zurückkehren, um zu vollenden, womit er begonnen hatte. Doch dann wurde ihr klar, dass sie selber das Geräusch verursacht hatte. Ein kurzes, hysterisches Lachen entwand sich ihrer Kehle, als sie sah, dass sich die Bodendielen an der linken Seite ein Stück angehoben hatten.
    Panik und Hoffnung gaben ihr gleichermaßen Kraft. Wieder und wieder warf sie sich gegen den Stuhl. Das Knirschen wurde lauter und plötzlich von einem lauten Krachen

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