Abgründe (German Edition)
vertrauenswürdig. Doch scheinbar war in der Ehe der Johnsonns doppelt etwas schief gelaufen.
Mason grinste zufrieden beim Anblick von Ethans erstauntem Gesicht. »Sieht aus, als hätten wir endlich unsere Verbindung. Und im Verhörzimmer wartet auch schon das Objekt der allgemeinen Begierde.«
»Die Prostituierte?« Ethan bemühte sich, neutral zu klingen.
Mason nickte. »Dewey und ich haben uns bei der Verhaftung schon unbeliebt bei ihr gemacht. Ich wünsch’ Ihnen viel Spaß mit ihr.« Er warf sich ein Kaubonbon in den Mund und ließ Ethan stehen.
Cara-Mias richtiger Name war Delilah Linney. Sie war vierundzwanzig und kam aus Indian Springs, Nevada. Es wunderte Ethan ein wenig, dass sie nicht auf dem Sunset Strip in Los Angeles geendet war und es sie stattdessen in den Osten verschlagen hatte. Er notierte sich die wenigen persönlichen Informationen, die er von ihr brauchte, wobei seine Hand einen feuchten Abdruck auf dem Papier hinterließ.
Delilah saß Ethan gegenüber und tupfte sich mit einem Taschentuch schwarze Eyeliner-Tränen aus dem Gesicht. Auch ihre Fingernägel waren schwarz. Ethan fragte sich, was diese plötzliche Veränderung zu bedeuten hatte. Trauerte sie?
»Bist du deswegen immer zu mir gekommen? Um mich auszuhorchen?«
Ethan sah kurz in Richtung Tür. »Darüber können wir jetzt nicht reden, Miss Linney.«
Sie antwortete mit einem kurzen, harten Lachen.
»Glauben Sie mir, das hier hat nichts mit… dieser anderen Sache zu tun.« Sein rückgratloses Gestammel war ihm unangenehm. Er kam sich vor wie ein mieser Heuchler.
Cara-Mia betrachtete ihn voller Geringschätzung, dann senkte sie den Blick auf die Tischplatte. »Ich weiß , dass es verboten ist. Ich krieg aber keinen anderen Job. Da standen bestimmt zehn Mädchen rum, warum musstet ihr ausgerechnet mich einkassieren?« Ihr Tonfall schwankte zwischen weinerlich und wütend.
»Es geht nicht um Ihren Job.«
Sie blickte auf und beugte sich zu ihm herüber. »Was anderes hab’ ich aber nicht verbrochen.«
Ohne es zu wollen, glotzte Ethan in ihr tiefes Dekolleté. Er hatte sie so oft gehabt, dass es ihm schwer fiel distanziert zu bleiben. In Gedanken ermahnte er sich und zwang sich, sie als Fremde zu sehen. Das schwarze Haar half ihm ein wenig dabei. So sachlich und kurz wie möglich erklärte er ihr, weshalb sie hier war. Sie verzog angewidert das Gesicht.
»Albert, dieser widerliche Sack!«
»Sie mochten ihn nicht besonders?«
»Ich sag’ doch, er war widerlich. Viel Geld, wenig Feingefühl. Bin ich froh, dass der abgekratzt ist!«
»Sie wissen, dass Sie sich damit verdächtig machen?«
Ihre großen Augen blickten ihn ungläubig an. »Das ist jetzt nicht dein Ernst!«
»Einer Ihrer Freier und zwei Ehefrauen Ihrer Freier sind tot.«
»Soll ich dir etwas verraten? Ich bin einfach nur froh, dass es der Kerl offensichtlich nicht auf Nutten abgesehen hat!« Sie betonte das Wort, als widere es sie an.
»Wissen Sie, ob Roxanna Johnsonn eine Ahnung davon hatte, dass ihr Mann fremd geht?«
»Nein, die war ahnungslos. Er war stolz drauf. Kam sich vor wie ein Geheimagent oder so.« Sie ließ ein schiefes Grinsen sehen.
Ethan blickte in seine Notizen und machte mit ein paar Routinefragen weiter. Ihre Antworten waren einsilbig und wenig brauchbar. Für Ethan war es ein Rätsel – wie konnten die Morde in Verbindung mit den sexuellen Vorlieben der Ehemänner der Opfer stehen? Er fragte, ob sie Rusty Hilbredge gekannt hatte und zeigte ihr ein Foto, aber sie verneinte.
»Er sieht nett aus«, kommentierte sie.
Das hatte Ava Draper wohl auch mal gefunden. Ethan lehnte sich seufzend zurück und fuhr sich nachdenklich mit der Hand durchs Haar.
»War’s das, Detective?« wollte sie wissen.
Ethan blickte auf die Adresse, die Cara-Mia ihm genannt hatte. Er kannte sie. Ein Motel in der Nähe des Straßenstrichs. Solange er den Verdacht gegen sie nicht durch weitere Hinweise stützen konnte, hatte er nichts in der Hand. Zumindest für heute würde er sie gehen lassen müssen.
»Eine Frage noch, Miss Linney. Haben Sie jemandem von den Besuchen der beiden Männer erzählt?«
Sie schüttelte energisch den Kopf und ihre riesigen Ohrringe klapperten. »Das tu’ ich nie. Ist schlecht fürs Geschäft, also…« Sie beugte sich wieder vor und erneut huschte ein Grinsen über ihre Züge. »…keine Sorge.«
Als Ethan sein Büro betrat, wartete Donovan bereits auf ihn und sein Blick verriet nichts Gutes.
»Frag mich nicht, wie«,
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