Abgründe - Wenn aus Menschen Mörder werden - Der legendäre Mordermittler deckt auf
schmutzigen Ohren schreiben.
188 Kinder kamen allein im Jahre 2008 in diesem unserem Lande infolge Gewaltanwendung ums Leben, 120 davon waren jünger als sechs Jahre. Die meisten davon starben durch Schläge auf den Kopf, aber auch durch Verwahrlosung und sogar durch Verhungern. Auch wenn es in anderen Ländern noch schlimmer aussehen mag: Es ist eine Schande, dass in einem angeblich zivilisierten Land wie Deutschland Woche für Woche durchschnittlich zwei bis drei Kinder eines gewaltsamen Todes sterben müssen!
Und wo sterben sie? Nach wie vor fast ausschließlich dort, wo sie sich eigentlich am geborgensten und sichersten hätten fühlen müssen und vielleicht sogar gefühlt haben, nämlich in ihren Familien bzw. ihrem engsten Umfeld! Dabei handelt es sich in 99 Prozent aller Fälle um sogenannte »prekäre, bildungs-ferne Familien«, sofern man Lebensgemeinschaften, in denen Kinder statt Liebe und Geborgenheit meist nur Materialismus und Gewalt
erfahren, als solche bezeichnen kann. Warum das so ist und was man dagegen tun kann, darüber wird seit Jahren heftig geschrieben und diskutiert. Besonders dann, wenn wieder einmal etwas passiert ist. Und jeder weiß dann, dass wieder einmal nichts dagegen unternommen wird.
Normalerweise ist Mutterliebe die stärkste Form von Liebe, die wir kennen. Es sei denn, sie wird überlagert von stärkeren Emotionen wie Angst, Verzweiflung, Ausweglosigkeit, psychischer Krankheit, Sucht, Charakterschwäche oder Hörigkeit bzw. vermeintlicher Liebe zu einem anderen Menschen, der das Kind ablehnt oder ablehnen würde. Dass es Mütter gibt, die herzlos und gefühlskalt gegen die eigenen Kinder vorgehen, sorgt deshalb immer wieder für Schlagzeilen, weil es eben gegen die Natur von Frauen ist, diesem Muttertrieb entgegen zu handeln. Aber Gott sei Dank - das sollte man nicht vergessen - stellen solche Verhaltensweisen die absolute Ausnahme dar.
Da ich mir nicht anmaßen möchte, Ursachenforschung zu betreiben, zeige ich einige der Fälle auf, mit denen ich befasst war und anhand derer erkennbar wird, wie vielschichtig die Beweggründe sein können, warum Mütter ihre Kinder töten:
• Eine blutjunge, zum zweiten Male schwangere Türkin, die zwei Jahre lang von ihrem gewalttätigen Ehemann wie eine Gefangene in einer kleinen Wohnung eines großen Mietshauses mitten in München-Giesing gehalten worden war, nicht einmal das Treppenhaus betreten
durfte und keinerlei soziale Kontakte hatte, ertränkte ihr einjähriges Kind in der Badewanne. Anschließend wollte sie sich mit einem Föhn das Leben nehmen, überlebte jedoch. Eine Mörderin? Als ich dem aggressiven Kindsvater und Ehemann gegenüberstand, der Zeter und Mordio schrie und meinte, das sei eine interne Familienangelegenheit, die uns Polizisten gar nichts anginge, war ich der Meinung, dass eigentlich er eingesperrt werden müsste und nicht die verzweifelte Frau. Sie kam in eine psychiatrische Klinik. Ich weiß leider nicht, was aus ihr wurde.
• Eine junge Frau wollte mit ihrem dreijährigen Sohn aus dem Leben scheiden, weil sie von ihrem Mann wegen einer anderen Frau verlassen wurde und keine Lebensperspektive für sich und ihr Kind mehr sah. Ihre kleine, aber heile Welt war von einem Tag auf den anderen zusammengebrochen. Der Haartrockner in der Wanne tötete das Kind, die Frau überlebte schwer verletzt. Später sagte sie, sie habe niemanden gehabt, mit dem sie habe reden können. Sie sei sich so nutzlos vorgekommen, habe sich geschämt und sich die Schuld gegeben. Eine Mörderin?
• Einer jungen Medizinstudentin gelang es, ihre Schwangerschaft vor dem gesamten Umfeld zu verbergen. Was man kaum glauben mag, tatsächlich aber immer wieder vorkommt. Sie gebar das Kind in der Badewanne und behauptete später, es sei tot gewesen. Die kleine Leiche packte sie in einen Koffer, transportierte ihn durch halb Deutschland und deponierte ihn auf dem Dachboden ihres Elternhauses in Thüringen. Drei Monate später fand ihr Vater die Leiche, ohne zu ahnen, dass es sich um sein eigenes Enkelkind handelte. Er rief
die Polizei, und die Sache flog auf. Die junge Frau war geständig, blieb aber dabei, dass sie das Kind tot geboren habe. Da das Gegenteil nicht mehr zu beweisen war, wurden die Ermittlungen eingestellt. Warum sie die Leiche in ihr Elternhaus gebracht hatte, konnte sie nicht erklären. Für die Eltern jedenfalls, die sich über ein Enkelkind gefreut und die es auch betreut hätten, war eine Welt zusammengebrochen. Das Kind
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