Abgründe - Wenn aus Menschen Mörder werden - Der legendäre Mordermittler deckt auf
Eine junge Frau war mit Wissen der Mutter seit ihrem vierten Lebensjahr vom Vater missbraucht worden. Ein unglaublicher Leidensweg. Erst als sie 16 Jahre alt war und der Vater an Krebs starb, hatte sie ihr Martyrium überstanden. Sie heiratete dann einen wesentlich älteren Mann, der zwar gutmütig, aber hochgradig masochistisch veranlagt war. Als sie es nicht mehr aushielt
mit ihm, floh sie zu ihrer Mutter, um dort wenigstens ein Wochenende zu verbringen. Es kam zum Streit, weil die Mutter ihre Tochter nicht aufnehmen wollte. Diese hielt der Mutter schließlich vor, all die Jahre von den sexuellen Übergriffen des Vaters gewusst zu haben, woraufhin die Frau antwortete: »Du wirst es schon gebraucht haben!« Da erwürgte die Tochter die Mutter mit einem Bademantelgürtel. Sie bekam eineinhalb Jahre Freiheitsstrafe und hatte im Gefängnis, wo sie verständnisvolle psychologische Hilfe fand, erstmals in ihrem Leben eine gute Zeit. Motiv: Blackout. Sie war die ehrlichste und offenste Beschuldigte, die ich jemals erlebt hatte, die nichts beschönigte und ihre Tat zutiefst bereute. Obwohl eigentlich sie auch Opfer war.
• Sie war eine Art »Leibeigene«, das Kindermädchen aus Polen, das gleichzeitig als Putzfrau, Köchin, Kindermädchen und Dienerin fungieren musste. Und zwar sieben Tage in der Woche, rund um die Uhr. Nicht einmal eine Krankenversicherung hatte sie, hielt sie sich doch illegal in Deutschland auf. Ihre »Herrin« war selbst Polin. Eine blutjunge, aber äußerst egozentrische Schönheit, die im Alter von 16 Jahren einen über 40 Jahre älteren, vom Hochadel adoptierten »Strizi« aus Wien geheiratet und ihm zwei Kinder geschenkt hatte, die allerdings schwer verhaltensgestört waren. Was kein Wunder war bei diesen Eltern. Als die 20-jährige Frau Gräfin ihr 34-jähriges polnisches »Aschenputtel« des Diebstahls bezichtigte, es hinauswerfen wollte und mit der Polizei drohte, anstatt den ausstehenden Lohn auszuzahlen, griff dieses zum großen Küchenmesser, massakrierte die Frau Gräfin mit ungefähr 50 Messerstichen und flüchtete anschließend. Als
der (hoch verschuldete) Herr Graf in seinem Bentley an der Villa vorfuhr und an der Polizeiabsperrung darüber informiert wurde, dass in seinem Haus eine Frau erstochen worden war, fragte er zunächst nach dem Aussehen des Opfers. Nach erfolgter Beschreibung stellte er trocken fest, dass es sich »dann wohl um meine Gattin handeln dürfte«. Denn es hätten nur zwei Frauen im Haus gelebt: eine blonde, nämlich das Kindermädchen, und eine schwarzhaarige. Bei Letzterer habe es sich um seine Gemahlin gehandelt. Diese Feststellung trug er vor, als würde er den Unterschied zwischen Haus- und Garagenschlüssel erklären. Die Täterin wurde gerade noch gefasst, bevor sie mit einem Kleinbus Deutschland verlassen konnte. Sie war zwar nach hartnäckigem Leugnen geständig, verschwieg aber, dass sie tatsächlich alles gestohlen hatte, was nicht niet- und nagelfest war. Sie wurde zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Motiv: Verdeckung einer Straftat und abgrundtiefer Hass, geboren aus tiefer Demütigung.
Unterschiede zwischen Mörderinnen und Mördern gibt es also kaum, wenn es um die Tatfolgen geht. Es macht jedenfalls keinen Unterschied, ob jemand von einem Mann oder einer Frau erstochen wurde. Allerdings kommt es schon darauf an, wie die Tat ausgeführt worden ist. Der Gesetzgeber hat ja ausdrücklich zwei Tötungsarten als besonders verwerflich hervorgehoben: die Grausamkeit und die Heimtücke. Dass Frauen grausamer wären als Männer oder umgekehrt, darüber gibt es weder statistische Erkenntnisse noch Erfahrungswerte. Höchstens Vorurteile, Vermutungen oder Verallgemeinerungen,
wobei sich Letztere meist an Einzelfällen orientieren, von denen dann wieder gefolgert wird, dass nur Frauen so grausam handeln können. Das ist natürlich Blödsinn!
Was allerdings das Mordmerkmal der Heimtücke betrifft, so sind wir schon eher beim weiblichen Geschlecht. Nicht ohne Grund: So haben zum Beispiel Giftmorde eine lange Tradition und sind bei Frauen besonders beliebt. Aber nicht, weil Frauen wesentlich raffinierter, ideenreicher und hinterhältiger wären als die einfallslosen »Hau-drauf-Männer«, sondern weil Giftmorde ohne Kraftaufwand in die Tat umgesetzt werden können. Und primitive körperliche Gewalt ist nun einmal die Domäne der Männer. Was aber nicht heißt, dass Giftmorde vorwiegend von Frauen begangen werden. Aber während bei den Männern der Griff zum
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