Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Abgründe - Wenn aus Menschen Mörder werden - Der legendäre Mordermittler deckt auf

Abgründe - Wenn aus Menschen Mörder werden - Der legendäre Mordermittler deckt auf

Titel: Abgründe - Wenn aus Menschen Mörder werden - Der legendäre Mordermittler deckt auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
Vom Netzwerk:
Beamten klopften heftig an die Tür, bis Alexander W. schließlich öffnete. »Sie sind festgenommen«, sagten sie zu ihm, forderten ihn auf, sich anzuziehen, und legten ihm Handschellen an. Auf der Fahrt zu unserer Dienststelle redeten sie kein Wort, und auch Alexander W. gab keinen Ton von sich.
    Er wurde in mein Büro gebracht, wo ich an meinem Schreibtisch saß und ihn fast entschuldigend anschaute. Ich wollte wirken wie einer, dessen Ahnungen Wirklichkeit geworden seien. Er sollte den Eindruck gewinnen, als ob es mir um seinetwillen leid täte, was nun auf ihn zukommen würde. Auf mein Geheiß wurden ihm die Handschellen abgenommen. Dann wandte ich mich ihm zu und sagte:
    »Tut mir leid, Alexander. Aber jetzt ist es so weit. Ich musste dich leider festnehmen lassen. Auch auf Anordnung der Staatsanwaltschaft.«
    Er schaute mir direkt in die Augen, als ob er herausfinden wollte, ob ich Spaß machte oder ob das ein Trick sei. Er traute mir nicht. Das spürte ich ganz genau. Aber er war auch zutiefst verunsichert.
    »Ich habe heute noch nicht gefrühstückt und bin wegen der von Ihnen veranlassten Festnahme äußerst erregt, Herr Wilfling!«
    Noch immer fragte er nicht, warum er festgenommen worden sei. Also verlor ich keine Zeit und griff frontal an.
    »Das Blut, das wir an deiner Jacke gefunden haben, ist identisch mit dem Blut von Christine S. Da muss ich dir wohl nicht mehr viel erklären, oder?«
    Er schwieg mindestens eine halbe Minute und schaute mir scheinbar unbewegt ins Gesicht. Es arbeitete in ihm. Um ihm nicht allzu viel Zeit zum Nachdenken zu lassen,
fuhr ich mit ganz weicher, ruhiger, väterlicher Stimme fort: »Meinst du nicht, Alexander, dass es jetzt an der Zeit ist, dass du die Wahrheit sagst?«, und rückte ganz dicht an ihn heran mit meinem rollenden Bürostuhl.
    Er antwortete immer noch nicht, sondern schaute mir direkt ins Gesicht. Er wirkte immerhin verunsichert, so, als ob er mit sich kämpfen würde.
    »Alexander, du wirst sehen, dass es dir besser geht, wenn du die Wahrheit sagst. Vor allem brauchst du Hilfe. Die würdest du dann bekommen. Da kannst du sicher sein. So kann es doch nicht weitergehen in deinem Leben, oder?«
    Jetzt hob er an, etwas zu sagen, und ich war mir sicher, dass es jetzt kommt, das Geständnis.
    »Es tut mir leid, Herr Wilfling. Aber ich habe die Bluttat an Frau Christine S. nicht begangen«, antwortete er mit einer für mich erschreckenden Gelassenheit.
    Ich war perplex. Damit hätte ich nicht gerechnet. Der Bluff war misslungen.
    Was hatte ich falsch gemacht? Gleich würde er sagen, er habe irgendwann einmal Nasenbluten gehabt oder sich geschnitten und dabei vermutlich etwas Blut an die Jacke gebracht. Dann ist es aus, dachte ich.
    Aber es kam nicht ganz so schlimm. So schlau war er also doch nicht, stellte ich erfreut fest. Denn er wählte die dritte Variante, die unwahrscheinlichste und damit unglaubwürdigste. Da er nicht wusste, ob man möglicherweise zwischen dem Blut von männlichen und weiblichen Personen unterscheiden könne, konnte er nicht das Risiko eingehen, sich selbst als Verursacher zu nennen. Deshalb tischte er die nachfolgende Geschichte auf:

    »Ich habe vor etwa vier Wochen am U-Bahnhof Münchner Freiheit einer jungen Frau geholfen, die von einem Mann geschlagen worden war. Die junge Frau hatte eine aufgeplatzte Lippe, und ich reichte ihr ein Taschentuch. Nachdem sie das Blut abgetupft hatte, gab sie mir das Taschentuch zurück, und ich steckte es ein. Ich gehe davon aus, dass dabei etwas Blut auf meine Jacke übertragen worden sein könnte.«
    »Hör zu!«, sagte ich in einem gefährlich ruhigen Ton und schaute ihm tief in die Augen. »Du bist ein gottverdammter Lügner. Außerdem bist du ein Sturkopf und willst offensichtlich gar nicht, dass man dir hilft. Diese Geschichte glaubt dir jedenfalls kein Mensch und schon gar nicht irgendein Staatsanwalt. Ich bin mir sicher, jetzt wanderst du in Untersuchungshaft.«
    Womit ich mich wieder einmal getäuscht hatte. Der Staatsanwalt wand sich. Sicher, das sei zutiefst unglaubwürdig, aber allein aufgrund dieser Blutspur reiche es einfach nicht für einen Haftbefehl. Ohne Geständnis wäre er bei der ersten Haftprüfung in acht Tagen wieder auf freiem Fuß und dann würde es noch schwerer werden, gegen ihn abermals einen Haftbefehl zu bekommen. Da hatte er nicht ganz unrecht, dachte ich. Und wenn er im Knast sitzt, kann er keine Fehler mehr machen. Andererseits ist er gefährlich, überlegte ich. Was ist,

Weitere Kostenlose Bücher