Abgründe

akzeptiert, ganz und gar nicht. Knútur hat gesagt, er sei total ausgerastet.«
    Sverrir saß auf der Liege und starrte vor sich hin, um den durchdringenden Blick von Sigurður Óli zu vermeiden. Die blaue Kunststoffmatratze, auf der er heute Nacht würde schlafen müssen, knarrte bei jeder Bewegung.
    »Weshalb ist Þorfinnur ausgerastet?«
    »Ich will, dass mein Rechtsanwalt dabei ist«, sagte Sverrir. »Das ist doch wohl mein gutes Recht.«
    »Und weshalb war dieser Überfall auf Sigurlína erforderlich? Was für eine Rolle hat sie gespielt?«
    »Ich kenne diese Sigurlína nicht.«
    »Was hat sie euch getan? Kannst du dich nicht an sie erinnern? Sie war auf dieser Gletschertour im letzten Jahr dabei. Als Alain Sörensen nach Island kam. Sie hat von eurem Plan gewusst und gesagt, ihr wärt unglaublich kaltschnäuzig. Wer hat ihr davon erzählt?«
    »Ich weiß nicht, worüber du redest.«
    »Wer von euch hat mit ihr geschlafen?«, fragte Sigurður Óli.
    »Ich will meinen Rechtsanwalt«, erklärte Sverrir. »Mein Rechtsanwalt muss dabei sein.«
    Arnar saß in einer anderen Zelle auf seiner Pritsche, die fest im Boden verankert war. Die Matratze war ebenfalls blau. Er machte sich nicht die Mühe aufzustehen, als Sigurður Óli in die Zelle eingelassen wurde. Er hob nur kurz den Kopf und starrte dann weiter auf die Wand gegenüber. Es war schon nach Mitternacht. Arnar wirkte zwar bedrückt und niedergeschlagen, aber müde schien er nicht zu sein.
    In der Hoffnung auf irgendeine Reaktion stellte Sigurður Óli ihm dieselben Fragen, die er kurz zuvor Sverrir gestellt hatte. Er informierte ihn darüber, dass Knútur mit der Kriminalpolizei kooperierte, fragte ihn nach der Geldwäsche, nach der Herkunft von Sörensens Geld und nach Lína, die von dem Plan gewusst hatte. Schließlich fragte er noch, weshalb sie es für notwendig gehalten hatten, ihr einen Geldeintreiber auf den Hals zu hetzen, der ihr den Schädel eingeschlagen hatte.
    Bei den letzten Worten schien Arnar, der sich bis dahin alles schweigend angehört hatte, aufzuhorchen.
    »Von was für einer Lína redest du eigentlich immer?«, fragte er. Er blickte Sigurður Óli an und stand auf.
    »Sie hieß Sigurlína und wurde vor Kurzem ermordet. Zwei Schuldeneintreiber sind in eurem Auftrag zu ihr nach Hause gefahren und sind dabei so ungeschickt vorgegangen, dass sie starb. Die Tat ist zwar nur von einem der beiden begangen worden, aber schuldig sind sie beide.«
    »Davon weiß ich nichts. Wenn das stimmt, muss Sverrir voll und ganz den Verstand verloren haben.«
    »Sie hat herausgefunden, was ihr im Schilde geführt habt. Vielleicht hat sie euch gedroht, sich damit an die Medien zu wenden. Ihr Vorgehen war nicht unbedingt geschickt, sie verstand sich nicht darauf, Leute zu erpressen. Ihr ging es nur ums Geld. Weshalb habt ihr nicht einfach gezahlt? Wäre das nicht am einfachsten gewesen? Gewinn habt ihr schließlich genug gemacht!«
    Arnar trat einen Schritt auf Sigurður Óli zu, der sich gegen die Tür lehnte.
    »Vielleicht wusste sie, woher das Geld stammte«, sagte Sigurður Óli.
    »Ich weiß nichts von dieser Lína. Ich habe nur in den Nachrichten gehört, dass eine Frau umgebracht wurde.«
    »Sie wusste über euch Bescheid. Und sie musste sterben. Was ist mit Þorfinnur passiert? Wie ist er gestorben?«
    »Ich weiß nichts über diese Frau.«
    »Und Þorfinnur? Über ihn weißt du sicher etwas.«
    Arnar schwieg lange. Dann drehte er sich wieder zu der Liege um und setzte sich. Sigurður Óli wartete. Die Sekunden vergingen eine nach der anderen.
    »Warst du daran beteiligt, ihn loszuwerden?«
    »Nein«, sagte Arnar.
    »Ihn über die Klippen von Svörtuloft zu stoßen? Seid ihr deswegen nach Snæfellsnes gefahren?«
    »Ich war nicht mit Sverrir und Þorfinnur zusammen. Ich gehe davon aus, dass Sverrir die Wahrheit sagt.«
    »Dann zu etwas anderem«, sagte Sigurður Óli. »Woher stammte das Geld?«
    »Das Geld?«, echote Arnar.
    »Das ihr für Alain Sörensen in Umlauf gebracht habt? Was war das für Geld? Weshalb ist Þorfinnur ausgerastet? Sverrir will sich dazu nicht äußern. Knútur ebenfalls nicht, er verweist nur auf Sverrir. Woher stammte das Geld?«
    Arnar antwortete nicht.
    »Früher oder später wird es sich schon herausstellen«, sagte Sigurður Óli.
    Arnar richtete sich auf seiner Liege auf und versuchte, gerade zu sitzen. Im Gegensatz zu Sverrir hatte er noch mit keinem Wort seinen Rechtsanwalt erwähnt.
    »Þorfinnur ist ausgerastet, als er