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Abgründig (German Edition)

Abgründig (German Edition)

Titel: Abgründig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Strobel
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    Innerhalb weniger Minuten wurde der Himmel pechschwarz und der erste gewaltige Blitz zuckte in einem wirren Zickzackkurs darüber. Innerhalb von zwei Sekunden folgte ein Donner von solcher Gewalt, dass Tim das Gefühl hatte, sein Trommelfell müsste platzen. Der nächste Windstoß ließ sie schreiend durcheinander zu Boden stürzen.
    Jetzt ist alles aus, dachte Tim. Das überleben wir nicht.
    Er robbte näher an Lena heran, die von dem Wind ein Stück von ihm entfernt zu Boden geworfen worden war und den Kopf in die Armbeuge gedrückt hatte. Er schrie ihren Namen, so laut er konnte, nahm es jedoch selbst nur als Vibration in seinem Körper wahr. Zu laut war das apokalyptische Chaos um ihn herum. Stumm kauerte er sich neben ihr auf den Boden.
    Es blieb ihnen nichts anderes übrig, als zu warten. Darauf, dass das Gewitter aufhörte? Dass man sie rettete? Dass … Er wusste nicht, worauf. Er spürte Schläge am Körper, reagierte aber schon gar nicht mehr darauf.
    Irgendwann packte ihn jemand fest an der Schulter, und Tim hob den Kopf, so gut es ging. Neben ihm kniete Janik und schrie etwas, das er aber nicht verstehen konnte. Er sah sich nach Lena um, aber sie war verschwunden. Mit einem Ruck drückte Tim seinen Oberkörper hoch und blickte sich panisch nach allen Seiten um. Einige Meter neben ihm kämpfte sich jemand auf Händen und Knien mühsam vorwärts. Tim glaubte, die Jacke von Jenny zu erkennen. Wieder stieß Janik ihn an und deutete schräg hinter sich. Tims Blick folgte der Richtung, und schließlich sah er, was Janik meinte. Nicht weit entfernt schälten sich tatsächlich verschwommen die dunklen Umrisse einer Hütte aus den Regenmassen. Die anderen waren alle schon auf dem Weg dorthin. Lena hatte sie fast erreicht. Sie krabbelte auf das Gebäude zu. Ralf war schräg neben ihr, nur etwa einen halben Meter zurück. Er hatte ihr eine Hand auf den Hintern gelegt und drückte sie vorwärts.
    »Lena«, schrie Tim. »Leeenaaaa!«
    Es nutzte nichts, sie konnte ihn nicht hören. Nicht einmal Janik konnte ihn hören, der sich mittlerweile auch auf den Weg zur Hütte gemacht hatte und schon ein Stück entfernt war.
    Mit aller Kraft schob Tim sich vorwärts. Für drei, vier kurze, aber anstrengende Bewegungen, mit denen er sich vielleicht zwei Meter vorwärtsarbeitete, drückte die Gewalt des Orkans ihn wieder einen halben Meter zurück. Ihm schoss der Gedanke durch den Kopf, warum die verdammte Hütte nicht in Windrichtung liegen konnte.
    Er schätzte die Entfernung. Es mochten vielleicht zwanzig Meter sein, aber die konnten in dem Chaos um ihn herum genauso unüberwindbar ausfallen wie die Strecke zum Mond.
    Tim war schon jetzt am Ende seiner Kräfte und bezweifelte, dass er es bis zu dem kleinen Gebäude schaffte. Immer wieder drückte der Wind ihn nieder oder warf ihn zurück, und jedes Mal sammelte Tim für einen Moment seine Kräfte und schob seinen schmerzenden Körper wieder vorwärts. Er dachte an Lena und suchte das Gelände vor sich ab, fand sie aber nicht. Sie musste die Hütte mittlerweile erreicht haben. Mit Ralfs Hilfe. An ihrem Hintern. Tim stieß einen Schrei aus und aktivierte alle Reserven. Die Hälfte der Strecke hatte er bewältigt, den Rest würde er jetzt auch noch schaffen! Zu Lena. Wo Ralf schon war …
    Es dauerte noch gute zehn Minuten, bis Tim schließlich als Letzter den etwa einen Meter breiten Dachüberstand erreicht hatte. Schon ein Stück davor ließ die Stärke des Windes etwas nach.
    Die Tür ließ sich nur schwer aufdrücken, doch endlich schaffte er es und betrat das Innere. Als er die Tür hinter sich schloss, brach das Heulen und Tosen so unvermittelt ab, dass die plötzliche relative Stille wie Watte gegen seine Ohren drückte. In der Hütte war es noch dunkler als draußen, und es dauerte eine Weile, bis sich erste schwache Konturen für Tims Augen erkennbar von der Umgebung abhoben. Links von ihm drückte sich verwaschenes Licht durch die Ritzen von geschlossenen Fensterläden.
    Der Raum mochte etwa vier Meter breit und sechs oder sieben Meter lang sein. Einrichtungsgegenstände gab es kaum. Zwei Gestalten saßen auf irgendwas, vermutlich auf Hockern, der Rest von ihnen hockte offenbar verteilt auf dem Boden. Neben den Hockern stand an der Wand ein Tisch, gegenüber glaubte Tim den Schatten eines Schranks oder Regals zu erkennen.
    Dass niemand etwas sagte, machte die Situation gespenstisch. Nun erst, wo sich auch seine Ohren an die Verhältnisse innerhalb

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