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Abgründig (German Edition)

Abgründig (German Edition)

Titel: Abgründig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Strobel
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aus. Andererseits verließ er sein warmes Plätzchen und die Nähe zu Lena nur ungern. Und wenn Jenny und Denis sich nicht wie im Kindergarten aufführen würden, hätte ja auch jeder einen Platz unter der Decke. Aber was sollte es, einer musste ja der Vernünftige sein. Also nickte er und schlug die Decke zurück. Während er aufstand, fiel sein Blick auf Denis, der in seiner Ecke vor sich hin stierte.
    Während Lena zu Jenny trat und sich zu ihr beugte, ging Tim aus einem Impuls heraus nicht zu dem Tisch, sondern zu Denis und sagte: »Hast du auch was dagegen, wenn ich mich zu dir setze?«
    Denis sah demonstrativ zu Lena, die noch immer mit Jenny sprach. »Schlechter Tausch, oder?«
    Auch Tim sah sich zu den beiden Mädchen um. »Es ist wegen Jenny. Irgendwas stimmt nicht mit ihr.«
    Denis deutete mit dem Kinn zu Janik. »Weil sie nicht mit dem Freak unter eine Decke möchte?« Er hob seine Decke auf einer Seite hoch und deutete Tim an, sich zu ihm zu gesellen. »Zu dem würde ich auch nicht wollen. Zu keinem von denen.«
    »Dann darf ich mich ja wohl geehrt fühlen, dass ich hier sitzen darf.« Tim zog die Beine an, legte die Unterarme auf den Knien ab und betrachtete seine verschränkten Hände. Nachdem sie eine Weile stumm nebeneinandergehockt hatten, meinte Tim: »Ich würde dich gern mal was fragen, ohne einen Spruch von dir zu kassieren. Geht das?«
    »Versuch’s.«
    »Warum sonderst du dich von allen so ab? Warum bist du heute mitgegangen? Und warum bist du überhaupt im Camp? Haben deine Eltern dich dazu gezwungen oder so?«
    Letzteres konnte Tim sich allerdings nicht vorstellen. Er glaubte nicht, dass Denis sich von irgendjemand zu etwas zwingen ließ.
    Erst sagte Denis nichts dazu, und Tim dachte schon, er würde keine Antwort bekommen, doch dann atmete der andere tief durch. »Meine Alten können mich schon ewig zu nichts mehr zwingen. Ich wohne seit vier Jahren nicht mehr bei denen. Bin in einem Jugendhilfezentrum. Ich hab mich im letzten Jahr wohl genug von denen herumkommandieren lassen, ohne Ärger zu machen. Da hat der Psychoonkel gemeint, ich könnte mal ein paar Tage selbstständig was unternehmen. Natürlich hat er das Camp ausgesucht. Sehr selbstständig.«
    »Ein Jugendhilfezentrum?«, hakte Tim nach, der nur eine ungefähre Vorstellung davon hatte.
    »Ja, ein Heim für Freaks. Zerrüttete Familie, prügelnde Eltern, schwer erziehbar und so.«
    »Und warum bist du da?«
    »Na, zerrüttete Familie, ein prügelnder Alter … das ganze Programm. Außerdem hab ich angeblich Probleme mit Autoritäten. Heißt im Klartext, ich lasse mir nicht so gerne von irgendwelchen Freaks sagen, was ich tun soll.«
    »Das tut mir leid.«
    »Blödsinn.«
    »Was?«
    »Blödsinn halt. Warum soll es dir leidtun, wenn mein versoffener Alter mich grün und blau geprügelt hat?«
    Tim betrachtete das bleiche Gesicht neben sich, in dem der Trotz so deutlich zu lesen war. »Du kannst überhaupt nichts annehmen, oder?«
    »Warum auch? Es denkt doch sowieso jeder nur an sich. Alles andere ist Heuchelei.«
    »Dann glaubst du, das war gerade Heuchelei, als ich dir gesagt habe, dass mir das mit deinen Eltern leidtut?«
    Denis sah ihn an, und Tim hatte das Gefühl, als versuchte dieser blasse, schwierige Kerl in seinem Kopf zu lesen. Es fiel ihm schwer, diesen dunklen Augen standzuhalten. Nach einer scheinbaren Ewigkeit schaffte er es auch nicht mehr und wandte den Blick ab.
    »Vielleicht hast du es ja wirklich so gemeint. Du bist auch ein Freak, Alter. Aber du bist okay.«
    »Hey, was führt ihr denn für seltsame Gespräche?«, rief Sebastian ihnen zu.
    »Halt deine Ohren einfach da, wo deine Finger sind«, entgegnete Denis. »Bei deiner Nachbarin.«
    Tim hoffte, Sebastian würde das nicht zum Anlass für einen neuen Streit nehmen. Er und Denis würden sicher keine Freunde mehr werden, aber eine offene Auseinandersetzung würde alles nur komplizierter machen.
    Tim konnte sehen, wie Sebastian zusammenzuckte, und auch, dass Julia ihm die Hand auf den Arm legte und leise, aber eindringlich auf ihn einredete. Was immer sie ihm auch sagte, es schien zu wirken, denn er warf Denis einen letzten bösen Blick zu und wandte sich von ihm ab.
    Jenny hatte sich zwischenzeitlich zu Lena unter die Decke gekuschelt. Die beiden schienen in ein ernstes Gespräch vertieft zu sein.
    Der Sturm schleuderte immer wieder Gegenstände an die Holzwände. Manchmal hörte es sich an, als hämmere jemand mit gewaltigen Fäusten gegen die Tür, um

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