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Abgrund: Roman (German Edition)

Abgrund: Roman (German Edition)

Titel: Abgrund: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Watts
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andere Dinge kümmern. Aber ich weiß ja, wo ich Sie finden kann.« Sie wandte sich erneut zum Gehen.
    Scanlon gab sich große Mühe, seine Stimme ruhig klingen zu lassen: »Ms. Rowan …«
    In diesem Moment ging eine Veränderung mit ihr vonstatten. Ihre Körperhaltung wirkte plötzlich unnachgiebiger, was den meisten Menschen wohl gar nicht aufgefallen wäre. Scanlon bemerkte es jedoch, als sie sich wieder zu ihm umdrehte. Unvermittelt hatte er ein flaues Gefühl in der Magengegend. Er überlegte krampfhaft, was er sagen sollte.
    »Ja, Dr. Scanlon«, sagte sie, ihre Stimme ein wenig zu ruhig.
    »Ich weiß, Sie sind sehr beschäftigt, Ms. Rowan, aber … wie lange werde ich noch hier drin bleiben müssen?«
    Ihr Gesichtsausdruck wurde ein wenig sanfter. »Wir wissen es noch nicht, Yves. In gewisser Weise ist es eine Quarantäne wie jede andere, aber offenbar dauert es etwas länger, bis wir die Lage ganz unter Kontrolle haben. Schließlich stammt der Erreger vom Grunde des Ozeans.«
    »Worum genau handelt es sich eigentlich?«
    »Ich bin keine Biologin.« Sie sah einen Moment lang zu Boden und blickte ihm dann wieder in die Augen. »Aber so viel kann ich Ihnen sagen: Sie müssen nicht befürchten, tot umzufallen. Selbst wenn Sie infiziert sind. Menschen kann der Erreger eigentlich nichts anhaben.«
    »Aber warum bin ich dann …«
    »Offenbar gibt es einige Bedenken … wegen der Landwirtschaft. Die Fachleute sorgen sich eher um die Wirkung, die der Erreger auf manche Pflanzen haben könnte.«
    Scanlon dachte darüber nach. Ihre Worte beruhigten ihn ein wenig.
    »Ich muss jetzt wirklich gehen.« Rowan schien einen Moment lang etwas in Erwägung zu ziehen und fügte schließlich hinzu: »Und keine weiteren Doppelgänger. Ich verspreche es Ihnen. Das war unhöflich von mir.«

Verräterin
    Über die Doppelgänger hatte sie ihm die Wahrheit gesagt. Alles andere jedoch war komplett gelogen.
    Nach vier Tagen hinterließ Scanlon eine Nachricht auf Rowans Speicher und zwei Tage später eine weitere. In der Zwischenzeit wartete er darauf, dass der Geist, der ihm den Finger in den Arsch gesteckt hatte, zurückkehrte und ihm mehr über urzeitliche Biochemie erzählte. Doch er kam nicht wieder. Inzwischen besuchten auch die anderen Gespenster ihn nur noch selten, und wenn, dann sprachen sie kaum ein Wort mit ihm.
    Rowan rief Scanlon nicht zurück. Geduld schmolz zu Unsicherheit zusammen. Unsicherheit kochte zu Gewissheit herunter. Und die Gewissheit begann langsam vor sich hin zu brodeln.
    Seit drei verdammten Wochen bin ich nun schon hier drinnen eingesperrt, und alles, wozu sie sich herablässt, ist ein zehnminütiger Höflichkeitsbesuch. Zehn lausige Minuten, in denen sie mir erzählt, dass ihre Fachleute der Meinung seien, ich würde mich irren, und überhaupt, wie kann man einen so wesentlichen Punkt übersehen. Und dann ist sie schon wieder verschwunden. Sie lächelt einfach und ist, verdammt noch mal, verschwunden .
    »Weißt du, was ich hätte tun sollen?«, knurrte er an den Teleoperator gewandt. Es war mitten am Tag, doch das kümmerte ihn längst nicht mehr. Niemand hörte ihm zu, sie hatten beschlossen, ihn hier drin verrotten zu lassen. Wahrscheinlich hatten sie ihn längst vergessen. »Ich hätte ein Loch in diese verdammte Membran reißen sollen, als sie hier war. Und ein bisschen von dem, was hier drinnen ist, herauslassen sollen, damit es sich mit der Luft in ihren Lungen vermischt. Das hätte sie sicherlich dazu inspiriert, nach ein paar Antworten zu suchen!«
    Er wusste, dass das nur ein Wunschtraum war. Die Membran war beinahe unendlich dehnbar und äußerst widerstandsfähig. Selbst wenn es ihm gelang, sie zu durchtrennen, würde sie sich selbst reparieren, ehe auch nur ein Gasmolekül entweichen konnte. Dennoch erfüllte ihn der Gedanke ein wenig mit Befriedigung.
    Allerdings nicht genug. Scanlon hob einen Stuhl hoch und warf ihn gegen das Fenster. Die Membran fing ihn auf, wie ein Handschuh, der sich den Körperformen anpasste, und hüllte ihn ein, bis er beinahe auf der anderen Seite auf dem Boden aufkam. Dann zog sich das Fenster langsam wieder zusammen. Der Stuhl fiel in Scanlons Zelle zurück, vollkommen unbeschädigt.
    Und Rowan hatte die verfluchte Dreistigkeit besessen, ihm etwas über Hausarrest zu erzählen! Als hätte sie ihn irgendwie bei einer Lüge erwischt, als er die Vermutung geäußert hatte, die Vampire würden in der Riftzone bleiben wollen. Als hätte sie gedacht, er wolle die Rifter

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