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Abgrund: Roman (German Edition)

Abgrund: Roman (German Edition)

Titel: Abgrund: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Watts
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decken.
    Sicher, er wusste mehr über die Vampire als jeder andere. Aber das bedeutete nicht, dass er selbst einer war. Das bedeutete nicht …
    Wir hätten Sie besser behandeln können, hatte Lubin am Ende zu ihm gesagt. Wir . Als hätte er für sie alle gesprochen. Als hätten sie ihn am Ende schließlich doch akzeptiert. Als hätte …
    Doch Vampire waren Ausschussware. Das waren sie schon immer gewesen. Schließlich bestand darin der Sinn des Ganzen. Wie konnte Yves Scanlon als Mitglied für einen solchen Club infrage kommen?
    Eines wusste er jedoch sicher: Er wäre lieber ein Vampir als eines der Arschlöcher hier oben. Das war ihm inzwischen klar. Nachdem die Masken gefallen waren und sie sich nicht einmal mehr die Mühe machten, mit ihm zu reden. Sie hatten ihn ausgenutzt, und nun mieden sie ihn. Sie hatten ihn benutzt, genau wie sie die Vampire benutzten. Tief in seinem Innern hatte er das natürlich schon immer gewusst. Doch er hatte sich alle Mühe gegeben, es zu leugnen, und das Wissen unter Jahren der Anpassung und der guten Absichten begraben. Hatte sich stets bemüht, nicht aufzufallen.
    Diese Leute waren der wirkliche Feind. Sie waren es von Anfang an gewesen.
    Und sie hatten ihn in ihrer Gewalt.
    Er wirbelte herum und hieb mit der Faust auf den Untersuchungstisch ein. Es tat nicht einmal weh. Er machte weiter, bis der Schmerz einsetzte. Keuchend und mit aufgeplatzten und brennenden Fingerknöcheln blickte er sich nach etwas anderem um, das er zerschlagen konnte.
    Der Teleoperator wachte kurz auf, um ein Zischen und einen Funkenregen von sich zu geben, als der Stuhl von seinem Haupttorso abprallte. Einer seiner Arme wackelte einen Moment lang spastisch. Es roch nach verbrannter Isolierung. Dann nichts mehr. Ein wenig verbogen schlief der Teleoperator weiter. Unter ihm nichts als ein Haufen zerstörter Paradigmen.
    »Ich geb’ dir einen guten Tipp«, knurrte Scanlon. »Vertrau niemals einer Landratte.«

Käsehirn

Thema und Variation
    E in leichtes Zittern durchläuft das Felsgestein. Das smaragdgrüne Gitter verwandelt sich in ein unregelmäßiges Spinnennetz. Fäden aus Laserlicht werden in zufälligen Winkeln in die Tiefe hinausgeworfen.
    Im Innern des Karussells ist leichte Unzufriedenheit zu spüren und angestrengtes Nachdenken. Die in Unordnung geratenen Laserstrahlen erzittern und beginnen sich dann von neuem auszurichten.
    Lenie Clarke hat das alles schon einmal gesehen und gespürt. Dieses Mal beobachtet sie, wie sich die Prismen am Meeresboden wie winzige Radioteleskope drehen und neu justieren. Einer nach dem anderen ordnen sich die Strahlen genauso an wie vorher: parallel, rechtwinklig und gerade. Kurz darauf ist das Gitter gänzlich wiederhergestellt.
    Gefühllose Befriedigung. Kalte, fremdartige Gedanken in ihrer Nähe, in die wieder Ruhe einkehrt.
    Und in weiter Entfernung noch etwas anderes, das näher kommt. Dünn und hungrig, wie ein schwaches hohes Heulen in Clarkes Geist …
    »Oh Mist«, ertönt Branders surrende Stimme, während er zum Grund hinabtaucht.
    Das Wesen rast aus der Dunkelheit auf sie herab, gedankenlos und zielstrebig, so groß wie Clarke und Brander zusammengenommen. In seinen Augen spiegelt sich das Leuchten des Meeresbodens. Mit offenem Maul stürzt es sich auf die Spitze des Karussells und prallt davon ab, die Hälfte seiner Zähne abgebrochen.
    Es hat zwar keine Gedanken, doch Lenie Clarke kann seine Empfindungen spüren. Sie verändern sich nicht. Verletzungen scheinen diese Ungeheuer nie zu stören. Sein nächster Angriff richtet sich auf einen der Laser. Es schwimmt um das Dach des Karussells herum, kommt dann von unten wieder hoch und verschluckt einen der Laserstrahlen, rammt die Quelle des Lichts und wirft sich herum.
    Plötzlich durchläuft der Nachhall eines Prickelns Clarkes Wirbelsäule. Zuckend sinkt das Geschöpf nach unten. Clarke spürt, wie es stirbt, noch bevor es den Boden berührt hat.
    »Verdammt«, sagt sie. »Sind Sie sicher, dass nicht die Laser daran schuld sind?«
    »Nein. Dafür sind sie viel zu schwach«, erwidert Brander. »Haben Sie es nicht gespürt? Eine elektrische Entladung?«
    Sie nickt.
    »He!«, stellt Brander fest. »Sie haben das noch nie gesehen, oder?«
    »Nein. Aber Alice hat mir davon erzählt.«
    »Manchmal werden die Tiere von den Laserstrahlen angelockt, wenn sich diese bewegen.«
    Clarke betrachtet den Kadaver. Nervenzellen zischen leise in seinem Innern. Der Körper ist zwar tot, doch manchmal kann es Stunden dauern,

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