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Abgrund: Roman (German Edition)

Abgrund: Roman (German Edition)

Titel: Abgrund: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Watts
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Brander schnaubt verächtlich. »Nur weil es ein wenig radioaktiv ist …«
    »Die NB hat uns angelogen. Sie hat Judy gefangen genommen. Selbst Sie können nicht so naiv sein …«
    »Wie lautet die Frage?«, wiederholt Clarke noch einmal.
    »Aber warum?«, will Brander wissen. »Welchen Zweck hätte das Ganze?«
    »Mike«, sagt Clarke leise, aber vernehmlich, »halten Sie den Mund.«
    Brander blinzelt und verstummt. Clarke wendet sich Lubin zu. »Wie lautet die Frage?«
    »Es beobachtet die Kontinentalplatten. Und die Frage, die es sich stellt, lautet: Welche Folgen hätte es für N’AmPaz, wenn hier, in diesem Augenblick, ein Erdbeben stattfände?« Lubin verzieht die Lippen zu einem Ausdruck, den wohl kaum jemand für ein Lächeln halten würde. »Bis jetzt hat ihm die Antwort noch nicht gefallen. Aber früher oder später werden die vorausberechneten Auswirkungen unter einen bestimmten kritischen Grenzwert fallen.«
    »Und was passiert dann?«, fragt Clarke. Als ob ich es nicht wüsste .
    »Dann explodiert es«, sagt jemand leise.
    Alice Nakata hat ihre Stimme wiedergefunden.

Ground Zero
    Lange Zeit schweigen alle.
    »Das ist verrückt«, sagt Lenie Clarke schließlich.
    Lubin zuckt die Achseln.
    »Wollen Sie damit sagen, es handelt sich um eine Art Bombe?«
    Er nickt.
    »Eine Bombe, die groß genug wäre, um in drei, vierhundert Kilometern Entfernung ein Erdbeben auszulösen?«
    »Nein«, sagt Nakata. »All die Verwerfungen, die es passieren müsste, würden es aufhalten. So wie Brandmauern.«
    »Es sei denn«, fügt Lubin hinzu, »eine dieser Verwerfungen steht selbst kurz davor, ein Erdbeben auszulösen.«
    Cascadia . Niemand spricht es laut aus. Das ist auch nicht nötig. Vor fünfhundert Jahren hat die Juan-de-Fuca-Platte eines Tages plötzlich rebelliert. Sie hatte es satt, ständig unter dem Pantoffel von Nordamerika zu stehen. Also ist sie einfach stehen geblieben, hat sich mit aller Macht festgehalten und den Rest der Welt herausgefordert, sie abzuschütteln. Bislang ist das dem Rest der Welt noch nicht gelungen. Doch der Druck steigt nun schon seit einem halben Jahrtausend unaufhaltsam. Es ist nur eine Frage der Zeit.
    Wenn Cascadia loslässt, müssen eine Menge Landkarten neu gezeichnet werden.
    Clarke blickt Lubin an. »Wollen Sie damit sagen, dass selbst eine kleine Bombe, die in der Riftzone hochgeht, Cascadia in Bewegung setzen könnte? Sie reden von einem Jahrhundertbeben, richtig?«
    »Genau davon redet er«, bestätigt Brander. »Aber warum, Ken, alter Kumpel? Ist das etwas, das die Asiaten ausgeheckt haben, um ihre Länder zu vergrößern? Ein terroristischer Anschlag auf N’AmPaz?«
    »Moment mal.« Clarke hebt die Hand. »Sie versuchen nicht, ein Erdbeben auszulösen. Sie versuchen, eines zu verhindern .«
    Lubin nickt. »Wenn man in der Riftzone eine Atombombe zündet, löst man ein Erdbeben aus. Punkt. Wie stark es ist, hängt von den Bedingungen zum Zeitpunkt der Detonation ab. Dieses Ding hält sich so lange zurück, bis es an der Küste so wenig Schaden wie möglich verursacht.«
    Brander schnaubt verächtlich. »Kommen Sie, Lubin. Ist das nicht ein wenig übertrieben? Wenn die NB uns umbringen wollte, warum kommen sie dann nicht einfach runter und erschießen uns?«
    Lubin blickt ihn mit leeren Augen an. »Ich kann nicht glauben, dass Sie so dumm sind, Mike. Womöglich wollen Sie es auch einfach nur nicht wahrhaben.«
    Brander steht von seinem Stuhl auf. »Hören Sie, Ken …«
    »Sie haben es nicht auf uns abgesehen«, sagt Clarke. »Jedenfalls nicht nur. Habe ich recht?«
    Lubin schüttelt den Kopf, ohne Brander aus den Augen zu lassen.
    »Sie wollen alles vernichten. Die gesamte Riftzone.«
    Lubin nickt.
    »Aber warum?«
    »Ich weiß es nicht«, sagt Lubin.
    Typisch, denkt Clarke. Sie können mich einfach nicht in Ruhe lassen .
    Brander sinkt auf seinen Stuhl zurück. »Worüber lächeln Sie?«
    Clarke schüttelt den Kopf. »Ach, nichts.«
    »Wir müssen etwas unternehmen«, sagt Nakata.
    »Was Sie nicht sagen, Alice.« Brander blickt wieder Clarke an. »Irgendwelche Vorschläge?«
    Clarke zuckt die Achseln. »Wie viel Zeit bleibt uns noch?«
    »Wenn Lubin recht hat, wer weiß? Vielleicht noch ein Tag. Oder zehn Jahre. Erdbeben sind klassische chaotische Systeme, und die Tektonik hier in der Gegend verändert sich ständig. Wenn der Schlund sich auch nur um einen Millimeter verschiebt, kann das den Unterschied zwischen einem leichten Beben und einer Kernschmelze

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