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Abgrund: Roman (German Edition)

Abgrund: Roman (German Edition)

Titel: Abgrund: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Watts
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Lenie zuckt die Achseln. »Sie sind verrückt, dass Sie so nahe an der Riftzone etwas essen. Haben Sie denn nichts über Schwefelwasserstoff gelernt?«
    Er nickt. »Doch, in der Grundausbildung. Die Quellen spucken ihn aus.«
    »Und er reichert sich im Benthos an. Die Lebewesen sind giftig. Aber das haben Sie wohl inzwischen am eigenen Leib erfahren.«
    Sie beginnt die Leiter hinunterzusteigen und hält auf der zweiten Sprosse inne.
    »Wenn Sie wirklich zu einem Eingeborenen werden wollen, dann suchen Sie sich Ihr Essen in größerer Entfernung von der Riftzone. Oder versuchen Sie es mit den Fischen.«
    »Den Fischen?«
    »Sie sind ständig in Bewegung und baden nicht ihr ganzes Leben lang in den heißen Quellen. Vielleicht sind sie genießbar.«
    »Die Fische«, sagt er noch einmal. Daran hat er noch gar nicht gedacht.
    »Ich habe ›vielleicht‹ gesagt.«

    Schatten, es tut mir so leid …
    Pst. Schau dir nur all die hübschen Lichter an.
    Er schaut sich um. Dieser Ort ist ihm vertraut. Er befindet sich am Grund des Pazifischen Ozeans, wieder im Märchenland. Inzwischen kommt er oft hierher, betrachtet die Lichter und Luftblasen und lauscht dem Gestein, das in der Tiefe aneinanderreibt.
    Vielleicht bleibt er diesmal und sieht ein wenig zu, doch dann fällt ihm wieder ein, dass er eigentlich woanders sein sollte. Er wartet, doch an Genaueres kann er sich nicht erinnern. Nur so ein Gefühl, dass er irgendwo irgendetwas tun sollte. Und zwar bald.
    Hier kann er sowieso nicht mehr lange bleiben. Irgendwo in seinem Oberkörper macht sich ein unbestimmter, pulsierender Schmerz bemerkbar. Nach einer Weile erkennt er, was es ist. Sein Gesicht tut ihm weh.
    Vielleicht schmerzt ihn das schöne Licht in den Augen.
    Aber das kann nicht sein. Eigentlich sollten seine Augenkappen das verhindern. Vielleicht funktionieren sie nicht richtig. Er kann sich vage daran erinnern, dass vor einer Weile etwas mit seinen Augen geschehen ist, aber das spielt keine Rolle. Er kann auch einfach woanders hingehen. Wundersamerweise haben all seine Probleme plötzlich eine einfache Lösung.
    Wenn ihm die Lichter Schmerzen bereiten, bleibt er eben im Dunkeln.

Ausgewildert
    »He«, ertönt Caracos surrende Stimme, als sie um die Ecke biegen. »Nummer fünf.«
    Clarke blickt in die Richtung, in die sie weist. Nummer fünf ist fünfzehn Meter von ihnen entfernt, und während dieser Schicht ist das Wasser ein wenig trübe. Trotzdem kann sie etwas Großes, Dunkles erkennen, das an der Ansaugöffnung hängt. Sein Schatten zuckt über das Gehäuse wie eine grotesk in die Länge gezogene schwarze Spinne.
    Clarke paddelt ein paar Meter darauf zu, mit Caraco an ihrer Seite. Die beiden Frauen tauschen einen Blick.
    Fischer hängt mit dem Kopf nach unten an dem Gitter. Es ist acht Tage her, seit ihn jemand das letzte Mal zu Gesicht bekommen hat.
    Clarke stellt vorsichtig ihre Tragetasche ab, und Caraco folgt ihrem Beispiel. Zwei oder drei Schwimmzüge bringen sie bis auf fünf Meter Entfernung von der Ansaugöffnung. Das allgegenwärtige Brummen der Maschinen ist so tief, dass man es förmlich spüren kann.
    Fischer hat ihnen den Rücken zugekehrt und schwankt im sanften Sog der Ansaugöffnung leicht hin und her. Das Gitterwerk der Öffnung ist mit den Wurzeln daran festgewachsener Lebewesen überzogen: kleine Muscheln, Bartwürmer, Schattenkrabben. Fischer reißt zuckende Klumpen vom Gitter ab und lässt sie in der Strömung davontreiben oder auf die Straße hinabsinken. Bisher hat er ungefähr zwei Quadratmeter freigelegt.
    Es ist schön zu sehen, dass er manche Aufgaben immer noch ernst nimmt.
    »He, Fischer«, sagt Caraco.
    Wie vom Blitz getroffen, wirbelt er herum. Sein Unterarm fliegt auf Clarkes Gesicht zu. Sie kann gerade noch rechtzeitig den Arm heben. Im nächsten Moment ist er an ihr vorbeigeschossen. Sie tritt Wasser, um das Gleichgewicht wiederzugewinnen. Fischer schwimmt in die Dunkelheit davon, ohne auch nur zurückzublicken.
    »Fischer«, ruft Clarke. »Warten Sie. Es ist alles in Ordnung.«
    Einen Moment lang hält er inne und blickt über die Schulter zurück.
    »Ich bin’s«, erklingt ihre surrende Stimme. »Und Judy. Wir wollen Ihnen nichts tun.«
    Inzwischen kaum mehr zu sehen, hält er an und dreht sich zu ihnen um. Clarke riskiert es, zu winken.
    »Kommen Sie, Fischer. Helfen Sie uns.«
    Caraco schwimmt von hinten an sie heran. »Lenie, was machen Sie da?« Sie dreht ihren Stimmwandler herunter, bis nur noch ein leises Zischen zu

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