Abiona - Das Bündnis (German Edition)
sich hinunter. Dort lief Wasser seine Beine hinab und benetzte den Boden. Wasser, das eine leicht gelbliche Tönung besaß und roch... scharf und würzig und irgendwie unangenehm.
Eine Weile blieb Ionason wie angewurzelt stehen und staunte über das Wunder seiner Menschwerdung. Gleichzeitig fühlte er sich irritiert und überfordert, damit umzugehen. Wie viele tausend Male hatte er Menschen bei ihren Alltagsgeschäften beobachtet und war ein Experte geworden für ihre Eigenheiten und Denkweisen, hatte sich faszinieren lassen von den komplexen Abläufen ihres Lebens. Und jetzt stand er da und war schon allein mit der Tatsache überfordert, den einfachsten menschlichen Bedürfnissen nachzugehen.
Er schüttelte den Kopf und versuchte, sich seine damaligen Beobachtungen in Erinnerung zu rufen. Doch die Bilder aus seiner vadoitischen Observationszeit blieben verblasste Nebelfetzen einer alten Ära. Dafür meldete sich etwas anderes in ihm. Eine leise innere Stimme, die ihn antrieb irgendetwas auszuprobieren... Neugier?
Ionason sah sich um und sein Blick fiel auf das große Leinentuch, das auf dem Bett lag. Er nahm es und wischte sich damit unbeholfen trocken, denn die Nässe zwischen seinen Beinen war ihm unangenehm. Er freute sich über den Erfolg, denn nach dem Trockenreiben ging es ihm eindeutig besser. Dennoch war es ihm im Bett noch besser ergangen, denn dort war es gemütlicher gewesen. Aber er musste Nahrung aufnehmen und das konnte er nicht im Bett.
Grundbedürfnisse des menschlichen Körpers..., sinnierte er , Körperpflege, Nahrung, Wohnung, Kleidung! Er brauchte etwas zum Anziehen und das bewahrten die Menschen normalerweise in Schränken auf!
Er trat auf den hohen Schrank zu, der in seinem Schlafraum stand und öffnete ihn. Es kostete ihn einige Mühe, die darin enthaltenen Kleidungsstücke den entsprechenden Körperteilen zuzuordnen, aber als er dies einigermaßen erfolgreich gemeistert hatte, fühlte er sofort eine behagliche Wärme in sich aufsteigen. Zufrieden mit sich selbst stapfte er in Richtung Tür. Aber als er sie aufriss, gab sie ein hässliches Geräusch von sich. Gesplittertes Holz ragte unschön in die Tür hinein. Es war Teil einer stabilen Verriegelung, die von außen vor die Tür geschoben worden war. Ionason zog die Stirn in Falten und fuhr mit dem Finger über die spitzen Holzfasern. Kaputt! Er musste vorsichtiger sein, sonst würden ihn die Menschen nicht in ihre Gemeinschaft lassen…. – Menschen?
Ein Erinnerungsbild traf ihn überraschend und schonungslos und es war viel schärfer und klarer als seine vagen Erinnerungen an die dämonische Zeit. Eine Menschenfrau hatte ihn umsorgt, hatte ihn eingewickelt in eine Decke und ihn getröstet, als die Schmerzen ihn zerrissen. Wo war sie nun? Warum war sie nicht hier?
Ein unangenehmes Gefühl durchzog seinen Zeigefinger und er sah, dass er sich verletzt hatte. Ein kleiner Bluttropfen, so rot, dass es wehtat, erschien auf seiner Fingerkuppe. Gefährlich, wenn man so schwach war!
Er steckte sich den Finger in den Mund und schmeckte zum ersten Mal Blut. Dass die Menschen nur so feucht sein konnten... Er schauderte, während ihn ein anderer Gedanke durch den Kopf ging. Er musste weg von hier! Andere Menschen suchen und die Frau finden, die ihn gerettet hatte. Wie hieß sie nur?
Er betrat den Küchenraum, der in den Zeiten, als Falfarev die Blaue Mine bewohnt hatte, immer von einem Kaminfeuer erwärmt worden war. Jetzt war der Raum trostlos und kalt. Doch Ionason hatte ohnehin nur Augen für das gläserne Gefäß, das auf dem Tisch stand und mit roter Flüssigkeit gefüllt war. Endlich Wasser! Rotes Wasser zwar, aber was machte das schon!
Er erinnerte sich daran, Menschen beim Trinken beobachtet zu haben und sah sich nach einem Glas um. Er musste nicht lange danach suchen. Als er fündig geworden war, stellte er das Glas auf dem Tisch ab, griff nach dem Krug und schenkte sich etwas von der roten Flüssigkeit ein. Die Hälfte ging daneben, doch Ionason grinste breit über das ganze Gesicht, als er das übervolle Glas in die Hand nahm und daran schnupperte. Es hatte immer so leicht ausgesehen: Glas an den Mund führen, Lippen öffnen, Flüssigkeit in den Mund fließen lassen und dann diese Bewegung, die den Hals so komisch erzittern ließ. Doch so einfach war es nicht. Zunächst wollte das rote Wasser nicht in seinem Mund landen, sondern es lief daneben und benetzte seine Kleidung. Als er schließlich herausgefunden, wie er mit den Lippen
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