Abiona - Das Bündnis (German Edition)
gebunden. Sie wird kommen, wenn du sie rufst, du wirst sehen.«
»Ja, das denke ich auch!«, stimmte Vankoti ein und sah Jack mitfühlend an. Dann stand er auf und fuhr sich über den Bauch. »So, und jetzt muss ich selbst nach etwas Essbarem suchen, sonst löse ich mich auch noch auf. Wir sehen uns, Jack!« Als Jack nicht antwortete, hockte sich Vankoti noch einmal seufzend zu ihm hinunter. »Tenkara war eine große Kämpferin und dies ist ihre Sonje. Ich glaube nicht, dass es ihr Schicksal ist, im Zwischenreich zu verharren wie eine trostlose Mimose. Du musst an sie glauben und an dich.«
Jack nickte, doch er antwortete immer noch nicht. Die Anspannung stand ihm ins Gesicht geschrieben. Er dachte an all das, was geschehen war, seit sie damals an seine Tür geklopft hatte: Abionas Entführung, seine eigene Reise in die Dunkelwelt, der Kampf mit dem Höllenschwan und die Rettung durch Tenkara. Dann die Erfahrung, ohne seinen Körper existieren zu müssen und das Auflösen der eigenen Seinsgrenzen im dämonischen Nebel. Schließlich die Verbindung mit ihr und das Zurückkehren in diese Welt. Seine Erfahrungen im Reich der Schöpfer und der Anblick ihrer Gestalt in einem schützenden Glassarg unter den Worten einer Prophezeiung, die das Leben versprach. Seine Reise zurück und der Kampf mit Vanderwal.
Es hätte viele Male für ihn zu Ende sein können, doch immer war Tenkara da gewesen, um ihn auf ihre Art und Weise vor dem Tod oder dem Vergehen zu schützen. Jetzt war es an ihm, diese Schuld zu begleichen. Wovor hatte er Angst?
»Was für Gedanken quälen dich?«, fragte Kaisho leise und griff nach seinen verkrampften Händen. Er sah sie schmerzerfüllt an. »Es muss einfach klappen. Sonst waren ihre Mühen umsonst!«
Kaisho schüttelte missbilligend den Kopf. »Sag sowas nicht. Nichts war umsonst. Ihr Leben war für viele ein Segen, geprägt von Mitgefühl und Fürsorge. Es war erfüllt!«
»Ja, ein Leben, das keins war! Dafür ein Opfertod, ohne vorher in den Genuss gekommen zu sein, die Fülle und Lebendigkeit dieser Erde zu genießen.«
Die Priesterin drückte bestimmt seine Hände. »Du hast ja Recht Jack. Und doch ist ihr nicht geholfen, wenn du hier verharrst. Fang einfach an! Nur so bekommst du sie zurück.«
Jack lächelte schwach und schluckte seine Erinnerungsbilder hinunter. Kaisho ließ seine Hände los und griff nach dem Seelenstein. Sie besah ihn nachdenklich von allen Seiten und reichte ihn dann dem Heiler, der ihn vorsichtig entgegennahm und umschloss. Kaishos Augen folgten seiner zärtlichen Geste. »Ich muss dich auch warnen, Jack«, sagte sie nach einer Weile des Schweigens und wies mit dem Kopf auf den verborgenen Stein. »Tenkara war eine starke Rebellin und ihr dämonischer Anteil ist sehr tief in ihr vergraben. Es mag sein, dass du lange danach suchen musst.«
»Sie ist keine Dämonin, wie oft soll ich das noch sagen! Sie ist eine Schöpferin oder wenn du magst auch ein gefallener Engel. Aber das nicht, weil sie bösartig wäre, sondern weil sie betrogen wurde.«
»Mag sein. Aber du weißt, dass jedes Geschöpf den freien Willen besitzt, die Gesetze ihres Schöpfers zu befolgen oder sie zu missachten. Nehmen wir nur mal an, es war wirklich Tenkara, die die Pforte berührte und damit dieses Gesetz brach, dann steckt die Schuld oder Selbstanklage tief in ihrem Inneren. Du musst mit dem Schlimmsten rechnen. Vielleicht sagt sie dir nicht, was sie braucht oder sie will nicht gespeist werden, weil sie denkt, sie verdient es nicht, ein Mensch zu werden.«
»Schon gut. Ich kenne sie. Mehr als du meinst.«
Er schwieg und dachte an den Nebel, wo ihre Gedanken und Gefühle eins gewesen waren. Doch das war vor dem Gespräch mit Vanderwal, gestand er sich ein. Er seufzte lautlos. »Du hast recht. Ich sollte beginnen. Aber nicht hier. Ich brauche einen ruhigen Ort und ich will allein mit ihr sein.«
Kaisho nickte und stand langsam auf. »Wenn du Hilfe brauchst, weißt du, wo du mich finden kannst! Ich werde kurz nach Abiona sehen und bin dann in meinem Haus.«
Jack antwortete nicht, sondern ließ gedankenverloren den Stein in seiner Hand kreisen. Dann steckte er ihn in die Hosentasche.
Kaisho zögerte. »Du wirst mir nicht sagen, wohin du gehen wirst, oder?«, fragte sie frei heraus. Als Jack nicht antwortete, schüttelte sie unwillig den Kopf. »Jack, du brauchst womöglich unsere Hilfe. Wir wissen, nicht ob sie gefährlich sind, wenn sie…«
»Tenkara wird mich nicht angreifen«, sagte er
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