Abiona - Das Bündnis (German Edition)
sich zu einer Form verdichtet hatte, stieg sie vom Dielenboden auf und enthüllte dabei fledermausähnliche Flügel, die eng an den schuppigen Körper gepresst waren, sowie spitze mondweiße Zähne. Die lederne Haut der geflügelten Gestalt schimmerte –soweit Vankoti es erkennen konnte– in einem matten Goldton.
Der Vadoit dritter Klasse bewegte sich zügig und dabei leise vor sich her murmelnd auf den einzigen Stuhl zu, der im Zimmer stand. Auf diesem Stuhl lag Sylans Reisetasche. Vankoti wagte nicht, sich zu bewegen. Er wollte weder Sylan wecken, noch dem Wesen zeigen, dass er es wahrgenommen hatte. Vielleicht war das ihr bester Schutz?
Pass auf ihn auf! Hanriks Stimme schien lauter zu werden. Doch was um alles in der Welt meinte der Alte mit seiner Warnung?
Geschickt schnürte der Dämon Sylans Tasche auf und begann darin herumzuwühlen.
Der Spiegel. Es will den Spiegel! , schoss es Vankoti durch den Kopf und sein Herzschlag beschleunigte sich.
Lautlos begann er sich aufzurichten. Wenn er seinen Wanderstab zu greifen bekäme, konnte er den Dämon womöglich vertreiben?!
Eine schnelle Bewegung und er war aus dem Bett gesprungen und ergriff den Stab in dem Moment, als das Wesen sich zu ihm umwandte, den kleinen silbernen Spiegel in der Hand.
»Lass den Spiegel liegen! Sonst werde ich dich angreifen, wie Hanrik Abiona angegriffen hat! Und du wirst es gewiss nicht überleben!«, zischte Vankoti angriffslustig und bohrte seinen Blick in die mattgrünen Augen des kleinen Vadoiten, der jetzt die spitzen Zähne fletschte, aber keine Anstalten machte, Vankotis Befehl nachzukommen.
»Lass den Spiegel los!«, drohte Vankoti erneut und er machte einen Schritt auf den Vadoiten zu. »Du sollst ihn loslassen. Plagegeist!« Er hob den Stab hoch über seinen Kopf und ließ ihn auf das Geschöpf hinuntersausen.
Der Vadoit jedoch wich seinem Stab geschickt aus, breitete die Flügel aus und statt zu flüchten, flog er jetzt direkt auf Vankoti zu.
Der junge Heiler taumelte zurück und ließ den Wanderstab mit einem unterdrückten Schmerzschrei aus der Hand fallen. Der Stab hatte Feuer gefangen und glühte feuerrot. Der kleine Dämon verzog das Gesicht zu einer dreisten Grimasse. Seine scharfen Krallen hatte er ausgefahren und die spitzen Zähne gebleckt. Vankoti riss die Arme hoch und hob sie schützend vor das Gesicht...
Ein Schatten löste sich aus der Dunkelheit und schmetterte den Vadoiten hart gegen die Wand. Vankoti wurde von einer unsichtbaren Hand auf das Bett zurückgeworfen. Sylan erwachte und richtete sich erschrocken auf. Aber in der Dunkelheit nahm sie nur undeutlich Vankotis Körper wahr, der sich jetzt zu ihr herüberbeugte und sie auf das Bett zurückdrückte. Bleib! Vadoiten!, flammten seine Gedanken in ihr auf und obwohl Sylans Herz sich vor Angst zusammenzog, blieb sie still unter seinem Arm liegen.
Kampfgeräusche stoben über die beiden Novizen hinweg. Krächzende Rufe vermischten sich mit scheppernden Lauten und klagenden Schreien. Gelbe und rötliche Lichtblitze durchzuckten den Raum. Der Stuhl, auf dem noch vor kurzem Sylans Tasche gelegen hatte, stand plötzlich in Flammen. Gleichzeitig drang der Gestank von Schwefel und versenktem Holz in ihre Nasen. Sylan hustete ins Kissen.
Dann ertönten fremdklingende Laute und die Flammen erloschen. Eine Tür wurde aufgestoßen und jemand betrat das Zimmer. Eine kühle Hand legte sich auf Sylans Schulter. »Seid ihr in Ordnung?«, fragte eine besorgte Stimme.
Sylan antwortete nicht. In ihrem Inneren zitterte noch jeder Muskel vor Anspannung. Und obwohl sie die Stimme von irgendwoher kannte, wusste sie nicht, wer da mit ihr sprach und ob sie der Stimme vertrauen konnte. Dann spürte sie, wie Vankoti seinen Arm langsam von ihr löste und sich aufrichtete. Seine Gedanken sagten beruhigend: Der Vadoit ist fort. Wir haben unerwartet Hilfe bekommen.
Sylan öffnete die Augen. Im fahlen Lichtschein des immer noch glühenden Stuhls erkannte sie das Gesicht, das zu der besorgten Stimme gehörte. »Falfarev?«, entfuhr es ihr erstaunt.
Der Künstler nickte und lächelte sie warm an. »Ich dachte schon, wir kommen zu spät.« Er sah sich aufmerksam im verwüsteten Raum um. »Ihr habt euch wahrhaft gut versteckt! Diese Absteige hätte ich nicht mal Dragon zugemutet!« Er wies auf den verkohlten Stuhl, von dem ein feiner Ascheregen niederrieselte und zwinkerte ihnen aufmunternd zu.
Sylan wollte etwas erwidern, doch dann fiel ihr Blick auf eine zweite männliche
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