Abiona - Das Bündnis (German Edition)
als es Abend geworden war. Shekowah saß beim Schein einer Kerze an seinen Aufzeichnungen und blickte hoch, als sie die Tür zur Schlafkammer hinter sich schloss. Sein Gesichtsausdruck verriet Besorgnis.
»Wie geht es dir? Hast du etwas schlafen können?«
Sie zuckte mit den Schultern und setzte sich zu ihm an den Tisch. »Ein wenig vielleicht. Ich habe gefroren.«
Shekowah zog die Stirn in Falten, stand auf und legte ihr wortlos eine Decke über. Dabei verweilten seine Hände kurz auf ihren Schultern und Eldana spürte ein Gefühl der Geborgenheit in sich aufsteigen. Ihr Blick glitt zu Shekowahs Aufzeichnungen. Doch kopfüber konnte sie seine enge Handschrift nicht entziffern und der Feuerschein und die Kristalle erhellten den Raum nur spärlich. »Was hast du den ganzen Tag über gemacht?«, fragte sie interessiert.
Shekowah löste sich von ihr und schob mit einer raschen Handbewegung die Blätter und Skizzen zusammen. »Ach, nur ein paar Gedanken. Ich kann sie besser ordnen, wenn ich sie aufschreibe. Wir können später darüber reden. Aber jetzt erstmal: Hast du Hunger?«
Sie nickte, immer noch ein wenig benommen von den Ereignissen, die über sie hereingebrochen waren.
Shekowah trat an einen Schrank und holte Brot, Käse und etwas Gemüse hervor, das er auf einem großen Holzbrett anrichtete. Eldana sah ihm einfach nur dabei zu. So häuslich kannte sie ihn kaum. Normalerweise gab er den Lichtarbeitern Anweisungen, holte Berichte ein, traf Entscheidungen und plante ihre nächsten Handlungsschritte. Jetzt jedoch schnitt er einfach nur Brot und Käse für sie und dekorierte den Teller mit Radieschen und frischen Wiesenkräutern, die er irgendwo gesammelt haben musste.
»Warum tust du das?«, fragte sie plötzlich und ließ den Blick auf seinen Händen ruhen, die von der Kerzenflamme sanft beschienen wurden.
»Warum tue ich was?«, fragte Shekowah lächelnd, setzte sich zu ihr und schob ihr das Brett mit den Speisen unter die Nase. Eldana sah auf das Essen hinunter und dann in sein Gesicht. Shekowah lachte. »Du meinst, warum dir etwas zu essen anbiete? Nun sagen wir einfach, es ist eine übliche menschliche Geste, besonders unter Lichtarbeitern.« Er wies abermals auf das Essen. »Bitte«, sagte er freundlich. Und als sie sich daraufhin immer noch nicht anschickte, etwas zu essen, zog er sorgenvoll die Stirn kraus. »Oder muss ich dich füttern?«
Eldana schüttelte stumm den Kopf, immer noch verwundert über seine Fürsorge und griff sich Brot und Käse. »Ich bin es nur nicht gewohnt«, sagte sie nach einer Weile erklärend. »Ich meine nur, weil du…«
»Weil ich… was?«
Sie verfiel erneut in Schweigen, senkte den Blick und schob sich noch etwas Brot in den Mund.
Shekowah betrachtete sie eine Weile. Dann wandte er sich wieder seinen Aufzeichnungen zu, jetzt jedoch, um sie zu ordnen und wegzuräumen. Dann sagte er etwas förmlicher: »Ich dachte mir, wir sehen uns heute Abend mal an, was Falfarev und Torfun so in Lichterstadt treiben.«
Er wies mit dem Kinn in Richtung Spiegel. Eldana folgte seinem Blick. »Du weißt, wie man andere Leute damit oberserviert?« , fragte sie erstaunt.
Shekowah schüttelte den Kopf und sah sie bedeutungsvoll an. »Nein, da kann ich anscheinend noch etwas bei dir lernen. Aber ich weiß zumindest, wie wir Torfun beobachten können. Und wo er ist, sind Falfarev und die anderen Lichtarbeiter nicht weit.«
Er stand auf und packte den Stapel Papiere auf die Ablage über dem Kamin. Eldana schluckte ihren letzten Bissen mit etwas Wein hinunter. »Es wird dich viel Kraft kosten«, gab sie zu bedenken.
»Ja, ich weiß«, antwortete er ruhig. »Aber für einige Minuten wird es reichen.«
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Zu viert betraten sie die Hütte. Falfarev und Selana saßen bereits an dem behaglichen Holztisch und sprachen leise über das kommende Totenritual. Hinten am Kamin stand Falfarevs dunkler Freund, Torfun. Jetzt drehte er sich zu den Ankömmlingen um und fixierte kurz Sylan oder fixierte er ihre Katze? Sylan wusste es nicht. Aber sie fühlte sich unwohl.
Sie setzten sich an den Tisch, während Torfun am Feuer stehen blieb. Die Katze rollte sich unter dem Tisch zusammen und Selana eröffnete die Sitzung. Doch nicht hoheitsvoll und gewichtig, wie sie es von Shekowah gewohnt waren, sondern mit einfachen Worten, die sie alle berührten.
»Ich möchte euch Willkommen heißen in meiner kleinen Hütte, die uns für die nächsten Stunden Behaglichkeit und Wärme spenden soll,
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