Abiona - Das Bündnis (German Edition)
Kopf. »Du hast recht. Das war er nie. Ich weiß dies, denn ich habe ihn oft observiert.« Er schwieg eine Weile. Dann sprach er sachlich: »Ionason hat sich stark kontrolliert, denn sein Respekt vor Eldana und eurer Welt war groß. Außerdem half ihm der kindliche Körper dabei, seine eigenen Kräfte zurückzuhalten. Doch als Abiona zum Jugendlichen heranreifte, konnte Ionason seine Kräfte immer weniger zurückhalten und die Transformation nahm ihren Lauf. Wir sahen Abionas Verwandlung und holten ihn ab. Zwar im Glauben, Ionasons Sohn vor uns zu haben, so wie es die Schriften sagten, doch nicht minder neugierig darauf, was er uns an Erkenntnissen und Mysterien bringen würde. – Als Abiona dann bei uns war, gewann der Ionason in ihm immer mehr die Oberhand. Wir haben es gespürt, doch anstatt uns darüber zu wundern, hat uns das in unserem Glauben gestärkt. Abiona wurde selbstbewusster, handlungsfähiger und eigenständiger. Schließlich wagten wir es, ihn zu unserer geheimen Versammlung, der Versammlung der Abs einzuladen.«
Tenkara nickte bestätigend und als Torfun keine Anstalten machte, weiter zu reden, erklärte sie ruhig: »Abiona versprach, uns zu helfen. Er wollte uns in die Lehren des Lichts einweihen und uns zeigen, wie man sich als Mensch verhalten muss. Er spendete uns allein durch seine Anwesenheit etwas, das wir in der Unteren Welt nicht kannten: Freundlichkeit, Trost und Wärme. Selbst meine Mutter hat es gespürt. Doch sie wollte ihn immer nur für ihre eigennützigen Belange einsetzen und die Herrschaft über die Erde vorbereiten…«
»Wie stellt sie sich das genau vor?« Es war Selana, die diese Frage in den Raum sprach und Tenkara nickte beiläufig und nahm auf dem Stuhl neben Vankoti Platz.
»Gea Mortan, unsere Königin will das erlangen, was uns dort unten fehlt. Die Fähigkeit, etwas Neues zu formen aus einer Substanz, die euch willentlich zur Verfügung steht. Wir nennen diese Substanz: Atalas, die helle Materie. Wir haben keine Macht über sie. Sie vergeht in den Tiefen des Dämmerreichs. Uns bleibt nur die dunkle Materie, Ochnok ist ihr Name. Sie dient uns nicht in gleicher Weise. Deshalb können wir nur aus uns selbst heraus etwas gestalten, indem wir unsere eigene dunkle Substanz neu formen.«
Sie hielt inne und ließ ihre Hand zu Rauch werden und verwandelte den Rauch in eine Schale.
»Nicht zu fassen!«, stieß Vankoti fasziniert hervor, während Sylan angeekelt von dem Tisch wegrückte. Tenkara lächelte schwach und formte die Schale wieder zu einer Hand, die sich nahtlos an ihren linken Armstumpf setzte.
»Meine Mutter hofft, durch die Herrschaft über die Erde auch die helle Materie beherrschen zu können und sie, wie auch den Menschen, in ihren Dienst zu stellen. Sie meint, die Menschen missbrauchen ihre Freiheit und die Schöpferkraft, die ihnen einst als Gnadengabe geschenkt wurde. Gleichzeitig hält sie sich für die Berufene, die Menschheit anzuführen und zu leiten, damit sie den Weg gehen, den sie für richtig erachtet.«
»Aber das ist ja schrecklich!«, entfuhr es Kaisho ängstlich. Tenkara lächelte sarkastisch und Vankoti ergriff das Wort und richtete es an Torfun. »Du sagtest eben, Ionason sei in Abiona gewesen! Wie hat sich dir diese Wahrheit erschlossen?«
Torfun senkte den Kopf und fuhr ruhig fort: »Ich weiß es von ihm. Denn ich habe mit Ionason gesprochen.«
»Du hast mit ihm GESPROCHEN?!« Tenkara sprang auf und sah sich suchend um. »Wo ist er jetzt? Ich muss zu ihm!« Sie war im Begriff, aus der Hütte zu stürmen, doch Torfun hielt sie fest. Einen Lidschlag lang sah es so aus, als würden ihre Arme an der Stelle, an der sie sich berührten, verglühen. Torfuns Stimme jedoch klang eisig. »Nicht jetzt, Tenkara. Bleib hier! Sie müssen die ganze Wahrheit wissen.«
»Wenn du mit ihm gesprochen hast, will ich es auch tun!«, zischte sie ungehalten und machte sich los. Doch Torfun stellte sich ihr erneut in den Weg und sein Blick war jetzt so dunkel, dass sie überrascht innehielt. »Nein, Tenkara. Bleib!«
Tenkara ließ ein Grollen hören, dem ein dämonischer Fluch folgte. »Du wärst nur noch Pulverstaub, wenn wir unten wären!«, knurrte sie bedrohlich.
Torfun zog die Brauen hoch, doch wich er nicht zur Seite. »Mag sein, Prinzessin«, sagte er kühl, »doch jetzt sind wir hier, auf der anderen Seite. Deshalb gedulde dich besser, denn glaube mir, Ionason läuft uns nicht davon. Und die Lichtarbeiter haben ein Anrecht darauf zu wissen, wer noch
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