Abiona - Das Bündnis (German Edition)
Abionas Verschwinden, für Hanriks Tod!«
Sie machte eine Pause, in der die Blicke aller auf sie gerichtet waren und keiner zu atmen wagte. Sie genoss einen Moment lang, den Schrecken, den sie verbreitete. Dann lachte sie spöttisch auf. »Oja, wir sind die Unwesen, die Verfluchten, die Verführer, denen man nicht trauen sollte!«
Sie verstummte plötzlich und ihr glühender Blick traf Sylan, die blass war wie ein Stück Pergament und Vankotis Hand fest umschlossen hielt. Tenkara lachte erneut auf, doch diesmal klang es verzweifelt.
»Doch wir haben versucht, gegen unser Schicksal anzukämpfen, der Verbannung zu entgehen und aus der Einsamkeit und Finsternis zu fliehen; wir haben an unserem Aufstieg gearbeitet, im Verborgenen zwar, doch unermüdlich. Jeden Tag lasen wir in den Schriften meines Vaters Ionason. Dies hat in uns die Sehnsucht entfacht, einen Weg zu finden, menschlich zu werden.« Sie fuhr sich durchs lange Haar und ein Funkenregen stob auf, der die Farbe glühender Kohlen hatte. »Die Führung und Anweisung für diesen Weg sollte durch eine Frau in die Welt gebracht werden, die keine Angst vor den Dunkelheiten der unteren Welt hatte. Sie hieß in unserer Sprache: El Da Nan. Doch ihr kennt sie unter dem Namen…«
»Eldana«, entfuhr es Sylan mit zitternder Stimme.
Tenkara nickte ernst. »Ja, Eldana. Sie gab meinem Vater einst das Versprechen, das Unterreich zu retten. Als wir in unseren Spiegeln sahen, dass Eldana einen Sohn gebar und ihm den Namen Abiona gab, wurden wir aufmerksam. Denn normalerweise können wir Kinder nicht mit unseren Spiegeln observieren. Doch Abiona sahen wir vom ersten Tag seiner Geburt an als schimmerndes Abbild.
Da wussten wir: Es konnte sich nur um die versprochene Führung handeln, die mein Vater uns zugesagt hatte! Wir glaubten fest daran, dass er nun sein Versprechen wahr gemacht hatte und dass sich seine Prophezeiung bewahrheiten sollte!
Auch waren wir zum ersten Mal von einem inneren Hoffnungsleuchten erfüllt, das wir bisher nicht gekannt hatten. Als Abiona sich dann verwandelte, holten wir ihn zu uns. So hatte unsere Hoffnung ein Gesicht. Sein Gesicht. Abiona bestand die Prüfung und wir fanden bestätigt, was wir vermutet hatten: Abiona war Ionasons Sohn!«
»Nein«, unterbrach Torfun die Ausführungen Tenkaras und schüttelte bedeutungsschwer den Kopf. »Wir haben uns geirrt Tenkara. Abiona ist vieles, aber nicht Ionasons Sohn.«
»Bitte was?!«, entfuhr es Tenkara verdattert. »Wo hast du deine Augen? Du warst doch dabei, als ich die Prüfung durchführte!«
Torfun seufzte und ließ seinen Blick zu Mel gleiten. »Ich war dabei, das ist wahr. Und auch ich dachte, Abiona sei Ionasons Sohn, weil ihn das Totemtier eurer Familie nicht töten konnte, aber die Schlussfolgerung war falsch.«
»Es gibt keine andere Schlussfolgerung!«, donnerte Tenkara ungehalten und schüttelte ihre feurige Mähne.
»Doch, die gibt es«, flüsterte Torfun scharf und sah Tenkara unnachgiebig an.
Tenkara wandte den Blick von dem Zweiten ab und trat ans Fenster. »Und welche?«, fragte sie bissig.
Torfun nickte kurz und schritt dann in Selanas Hütte auf und ab. Die Augen aller ruhten jetzt auf ihn.
»Abiona wurde von Sora, dem Totemtier eurer Familie als Mitglied erkannt, weil Abiona Ionasons Substanz enthielt.«
Tenkara lachte siegessicher. »Sag ich doch. Er ist sein Sohn!«
Torfun schüttelte den Kopf. »Nein, er enthielt nur Ionasons Substanz!«
»Aber das ist doch das gleiche!«, fuhr Tenkara ihn an.
»Für uns Dämonen vielleicht. Aber nicht für die Menschen«, unterbrach Torfun sie. »Abiona war zu dem Zeitpunkt der Prüfung und all die Jahre davor von Ionason besetzt. Ionason hatte sich seines Körpers bemächtigt. Er war in ihm.«
»Nein!« Sylan sprang auf und starrte Torfun mit schreckensweiten Augen an. »Niemals! Abiona hätte dagegen angekämpft!«
Torfun warf dem Mädchen einen schnellen Blick zu. »Das hätte er vielleicht, wenn er sich dessen bewusst gewesen wäre. Aber Ionason war schon immer ein Teil von ihm. Deine Mutter hatte Ionason in sich aufgenommen, als seine Ummantelung brach. Da sie eine ausgebildete Heilerin war, konnte sie den Dämon in sich kontrollieren. Doch nach und nach bemächtigte er sich des neuen Körpers, der in ihrem Inneren wuchs und wurde ein Teil von Abiona.«
»Das ist nicht wahr!«, schrie Sylan aufgebracht. »Ich kenne Abiona! Nie war er wie ein Dämon wie… wie ihr, nie!«
Torfun sah sie lange an. Dann schüttelte er den
Weitere Kostenlose Bücher