Abiona - Das Bündnis (German Edition)
ungnädig. »Er will keinen von uns sehen, auch dich nicht Tenkara.«
»Ich bin seine Tochter!«, presste Tenkara hinter zusammengebissenen Zähnen hervor.
»Er will keinen sehen«, wiederholte Torfun bestimmt. »Nur Eldana. – Das war sein Wunsch.«
Tenkara blieb wie erstarrt stehen. Dann wandte sie sich langsam um. »Warum? Warum sie?«
»Wir können Eldana nicht in seine Nähe lassen«, widersprach Vankoti sofort und stand seinerseits auf. Auf seinem Gesicht zeichneten sich vor Aufregung rote Flecken ab.
»Und du meinst, das entscheiden zu können«, zischte Tenkara wütend und hieb auf den Tisch ein, wo der harte Aufprall ihrer Faust sofort eine tiefe Delle hinterließ.
»So kommen wir nicht weiter«, unterbrach Selana die Streitenden. »Wir sollten Torfuns Geschichte zu Ende hören, bevor wir entscheiden können, wie wir vorgehen. Was geschah mit Abiona, nach der Abtrennung von Ionason? Wo ist er jetzt?«
Torfun nickte Tenkara beruhigend zu und sie setzte sich widerwillig zurück auf ihren Platz. Dann setzte er die Geschichte fort.
»Als Abiona nach dem Angriff zu uns zurückkehrte, fiel er in Stase. Wir legten eine Ummantelung um ihn, damit er vor äußeren Einflüssen geschützt war. Wir dachten, er wäre durch eure Waffe in seiner Substanz geschädigt worden.«
»Dabei war er einfach nur von Ionason und damit von seiner dämonischen Substanz getrennt worden«, vollendete Tenkara den Satz und schlug sich vor die Stirn.
»Und das heißt?«, fragte Vankoti ungeduldig und trommelte auf den Tisch, während Sylan wie erstarrt dasaß.
»Das heißt, dass jetzt ein Mensch in einem Körper aus heller Materie, Atalas genannt, in der Dunkelwelt ist«, presste Torfun hervor.
»Und das… ist nicht gut«, kommentierte Korkoran mit versteinerter Miene.
Tenkara war erneut aufgestanden und ging unruhig im Raum hin und her. Hitze stieg wieder spürbar von ihr auf und bei jedem ihrer Schritte schien der Boden unter ihr zu knistern.
»Was heißt, nicht gut?«, fuhr Sylan nervös dazwischen. »Wird er sterben?«
Torfun atmete schwer aus. »Ihn erwartet nach der Auflösung der Schutzhülle dort unten das gleiche Schicksal wie uns hier oben. Auch wir können hier nur solange existieren, solange unsere Ummantelung aus vadoitischer Substanz besteht. Und die Ummantelung, die Abiona schützt, wird in etwa zwei Stunden zerfallen. Was dann mit ihm geschieht, kann keiner sagen.«
Sylans Gesicht war nur noch eine bleiche Maske. Vankoti legte seinen Arm um sie und fragte mit belegter Stimme. »Was können wir tun?«
Tenkara schüttelte den Kopf und ihre Stimme klang plötzlich brüchig. »Meine Mutter hat meinen Diener vor die Wahl gestellt, die Schutzummantelung zu erneuern, allerdings mit seiner eigenen Substanz. Estevan wird zu dem Wort stehen, das er mir gegeben hat und Abiona schützen.«
Jetzt hieb Falfarev auf den Tisch ein und sprang auf. »Das darf nicht sein! Dass die einzigen Vadoiten, die auf unserer Seite stehen, sich auch noch für uns aufopfern müssen. Es muss noch einen anderen Weg geben!«
Tenkara sah ihn nachdenklich an und schüttelte erneut den Kopf. »Es hätte vielleicht einen Weg gegeben. Doch der Übergang ist geschlossen.«
»Welcher Übergang?«, fragte Vankoti unwirsch. »Muss man euch denn alles aus der Nase ziehen?!«
Tenkara sah einen Moment so aus, als wolle sie zurückfauchen, dann besann sie sich und entgegnete ruhig: »Der Übergang durch den großen Spiegel. – Ich habe einen Zauber entwickelt, mit dem ich die kleinen Spiegel vor der Beobachtung der Dunklen Herrscherin abschirme. Wir, die Abs benutzen dieses Verschleiern der Spiegel häufig, wenn wir unsere geheimen Sitzungen einberufen. Ich habe Estevan vor meiner Abreise beauftragt, den großen Spiegel auf diese Art zu manipulieren. Der Zauber wirkt bei den kleinen Spiegeln normalerweise drei Stunden. Für diese Zeit sind wir vor den Observationen durch meine Mutter sicher. Da der große Spiegel aber auch den Übergang von unserer in diese Welt regelt, ist momentan eine Rückkehr durch die Spiegel ausgeschlossen.«
»Und in drei Stunden?«, schob Vankoti hinterher. Tenkara schüttelte wieder den wallenden Haarschopf und jetzt knisterte die Luft hörbar für alle. Sie wandten ihr unruhig die Köpfe zu, doch Tenkara achtete nicht weiter darauf.
»Ich weiß es nicht! Alles ist unsicher. Erstens ist unklar, ob es Estevan gelungen ist, den Spiegel zu schließen. Zweitens weiß ich nicht, wie sich der Zauber auf den großen Spiegel
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