Abiona - Das Bündnis (German Edition)
stieß Abiona ein Jaulen aus, das jedoch nicht halb so laut ausfiel, wie er es im tiefsten Inneren empfand. Nicht Tenkara, nicht auch noch sie!
Du wirst uns verraten, wenn du dich nicht beherrschst!, kam es wieder von irgendwo aus seinem Kopf.
»Mir scheint, wir haben einiges verpasst, als wir in Stase waren«, entfuhr es ihm gleichzeitig aus dem Mund, obwohl Abiona die Gedanken nicht geformt hatte.
»Der Nebel würde Eure Erinnerungen auffrischen«, sagte die Dunkle jetzt mit gespieltem Charme.
Abiona lächelte gekünstelt. »Wir werden gerne auf Euer Angebot zurückkommen, wenn unser Körper vollständig transformiert ist. Solange müssen wir uns mit dem Spiegel begnügen.«
»Der Spiegel wurde manipuliert. Er funktioniert nicht«, mischte sich jetzt Ju Lissanto wieder ein und trat auf die beiden zu.
»Merkwürdig, er sieht gar nicht so aus«, bemerkte Abiona spöttisch und wies mit dem Kinn auf die Spiegeloberfläche. Und tatsächlich: Als sich die anderen beiden Dämonen über den Spiegel beugten, glänzte seine Oberfläche golden.
»Dürfen wir…«, fragte Abiona leise, den Blick fest auf den Spiegel gerichtet.
»Bitte«, gestattete die Dunkle mit einem Kopfnicken.
Dann erfüllten magische Worte den Raum und dort, wo sich eben noch das dunkle Firmament ausgebreitet hatte, strahlte ihnen nun das Abbild der Erde entgegen. Sie flogen auf einen Landstrich zu und näherten sich einer Stadt, die aus weißgetünchten Häusern bestand. Kurze Zeit später erkannte Abiona den Tempelbezirk und die Turmspitze der Kathedrale und einen Moment später kam ein kuppelförmiges gläsernes Dach in Sicht, welches zum Observatorium gehörte. Sie durchdrangen mühelos die dicken Wände des Turmes und landeten in einen dunklen, engen Gang, in dem sich zwei Personen aufhielten.
Abiona, dessen Finger sich an den Spiegelrand gekrallt hatten, wankte, als er das blonde Mädchen erkannte. Doch der Dämon in ihm lockerte die Anspannung sofort und kommentierte: »Ziemlich leer das Observatorium bis auf zwei junge Menschen, die durch enge Flure rauschen, uninteressant…«
Abiona hingegen tauchte in alte Erinnerungen ein. Sylan und Vankoti auf einer Bank im Park, Sylans erstaunter Blick, dann ein gellender Schrei und eine lodernde Feuerbrunst; dann nichts, außer Schwärze, Dunkelheit. Er war erstarrt und innerlich zerrissen. Gedanken verloren sich im Nichts...
Die Dunkle Herrscherin hob ernüchtert die Augenbrauen. »Dies sind Vankoti, ein Ratsmitglied und Sylan, die Tochter Eldanas. Sie hätten längst tot sein müssen, wenn Ten Karan ihren Auftrag redlich ausgeführt hätte. Dass die beiden leben, ist ein weiterer Beweis dafür, dass sie mich hintergangen hat! Wo sind die anderen Lichtarbeiter? Was macht diese Selana?«
Abiona nickte unwillentlich und murmelte einige dämonische Worte. Die gedrungene Gestalt der alten Schamanin erschien. Sie kleidete sich an. Die Priesterin Kaisho half ihr dabei, das mit Perlen verzierte Gewand und die rituellen Gebetsketten anzulegen. Abiona schoss die Röte ins Gesicht und er wollte sich abwenden, doch natürlich blieb er, wo er war.
Warum kannst du mir nicht etwas helfen und dich ein wenig mehr kontrollieren!, sagte die Stimme in seinem Kopf schroff und unbarmherzig.
Ich werde einem Dämon, der mich besetzt hat, niemals helfen!, entgegnete Abiona ebenso scharf. Seine Gedankenkraft war immer noch sehr stark, was ihn wunderte.
Es ist doch nur für kurze Zeit, Abiona, bis du in Sicherheit bist!, sagte die Stimme einlenkend.
Abionas Gedanken schwiegen. Er verstand plötzlich gar nichts mehr. Warum wollte ihn Ionason in Sicherheit bringen? War es wegen Eldana? Liebte er sie immer noch?
Abiona beobachtete, wie Selana und Kaisho leise miteinander redeten und den kleinen Raum verließen. In der Küche holten sie Rauchwerk, Kräuter und Salben hervor, sowie eine Schale mit Früchten. Alles Beiwerk und Gaben für eine rituelle Bestattung, wie er nur zu genau wusste. Ihn durchfuhr es plötzlich siedend heiß. Wer war gestorben?
Abiona hatte seine zuckenden Muskeln noch nicht im Griff, als seine Aufmerksamkeit erneut abgelenkt wurde, da die Dunkle Herrscherin nun nach Eldana verlangte. Abiona atmete auf. Wenn die Herrscherin nach ihr verlangte, war seine Mutter noch am Leben.
Der Dämon in ihm murmelte ein paar Worte und wieder stockte Abiona der Atem, als er sah, dass seine Mutter auf den Flügeln eines großen Untiers durch die Nacht flog. Und zwar nicht allein! Der König der Lichtarbeiter,
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