About a Boy
das?«
»Ich weiß es eben.« Sie sagte es mit Wärme und Humor, schüttelte dabei den Kopf und fuhr Marcus durchs Haar, aber alles an ihrem Tonfall und ihren Gesten war falsch: Sie gehörten zu anderen, stilleren, häuslicheren Umständen, und auch wenn sie für einen Zwölfjährigen angemessen gewesen wären, waren sie nicht angemessen für den ältesten Zwölfjährigen der Welt, zu dem Marcus plötzlich geworden war. Marcus stieß ihre Hand weg.
»Hat irgendwer Kleingeld? Ich möchte mir was aus dem Auto
maten ziehen.«
Will gab ihm eine Hand voll Silbergeld, und er zog ab. »Verdammt noch mal«, sagte Will. »Was soll man einem Kind sagen, dessen Mutter gerade versucht hat, sich umzubringen?« Er war einfach nur neugierig, aber zum Glück kam die Frage heraus, als sei sie rhetorisch gemeint und daher teilnahmsvoll. Er wollte nicht wie jemand klingen, der sich einen richtig schönen Krankheit-der-Woche-Film ansah.
»Ich weiß nicht«, sagte Suzie. Sie hatte Megan auf dem Schoß und versuchte sie dazu zu bringen, an einer Salzstange zu kauen. »Aber wir werden uns etwas einfallen lassen müssen.« Will wusste nicht, ob er Teil von »wir« war oder nicht, aber es spielte ohnehin keine Rolle. So fesselnd er das heutige Abendprogramm auch fand, beabsichtigte er doch keineswegs, es zu wiederholen: Diese Bande war einfach zu abgedreht.
Der Abend zog sich hin. Megan weinte, wimmerte dann und schlief schließlich ein; Marcus unternahm mehrere Gänge zum Automaten und kam mit Coladosen, KitKats und Chipstüten zurück. Keiner von ihnen sprach viel, obwohl Marcus gelegentlich über die Leute murrte, die in der Notaufnahme warteten.
»Diese Typen kotzen mich an. Die sind betrunken, die meisten jedenfalls. Sehen Sie sich die bloß an. Die haben sich alle geprügelt.«
Das stimmte. Praktisch jeder im Raum war auf die eine oder andere Art ein Versager - ein Penner, Trinker oder Junkie, oder einfach verrückt. Die wenigen Leute, die aus reinem Pech hier waren (eine Frau, die von einem Hund gebissen worden war und auf ihre Spritze wartete, und eine Mutter mit einem kleinen Mädchen, das aussah, als hätte es sich den Knöchel bei einem Sturz gebrochen), sahen besorgt, blass, erschöpft aus; der heutige Abend war für sie wirklich eine Abweichung vom Norma len. Aber die anderen hatten einfach ihr alltägliches Chaos in eine andere Umgebung verlegt. Für sie war es kein Unterschied, ob sie Passanten auf der Straße nachgrölten oder in der Notaufnahme eines Krankenhauses Schwestern beschimpften - das gehörte zum Geschäft. »Meine Mum ist nicht wie diese Leute.«
»Niemand hat gesagt, dass sie das ist«, sagte Suzie. »Aber an
genommen, sie denken, sie wäre es?«
»Das tun sie nicht.«
»Vielleicht ja doch. Sie hat Drogen genommen, oder? Sie ist vollgekotzt hier angekommen, oder? Wie sollen sie den Unterschied merken?«
»Natürlich merken sie den Unterschied. Und wenn nicht, sagen wir es ihnen.«
Marcus nickte, und Will konnte sehen, dass Suzie das Richtige gesagt hatte: Wer würde Fiona für einen Sozialfall halten, wenn sie solche Freunde hatte? Aber dieses Mal, dachte Will, stellte Marcus die falsche Frage. Die richtige Frage war: Welchen verdammten Unterschied machte das schon? Denn wenn die einzigen Dinge, die Fiona von den anderen unterschieden, Suzies beruhigende Autoschlüssel und Wills teure Freizeitklamotten waren, dann hatte sie immer noch Probleme. Man musste in der eigenen Seifenblase leben. Man konnte sich nicht in die eines anderen drängen, denn dann wäre es keine Seifenblase mehr. Will kaufte seine Kleidung, seine CDs, seine Autos, seine Möbel und seine Drogen für sich und nur für sich allein; wenn Fiona sich diese Dinge nicht leisten konnte und keine entsprechende eigene Seifenblase hatte, dann war das ihr Problem.
Wie auf ein Stichwort kam eine Frau zu ihnen, um sie zu sprechen - sie war keine Ärztin oder Schwester, sondern irgendetwas Offizielles.
»Hallo. Sind Sie mit Fiona Brewer gekommen?«
»Ja. Ich bin ihre Freundin Suzie, und das ist Will, und das ist Fionas Sohn Marcus.«
»Schön. Wir werden Fiona über Nacht dabehalten, und natürlich wollen wir nicht, dass Sie hier bleiben müssen. Hat Marcus einen Platz, wo er bleiben kann? Ist zu Hause noch jemand, Marcus?« Marcus schüttelte den Kopf. »Er übernachtet heute bei mir«, sagte Suzie.
»Okay, aber dazu muss ich die Erlaubnis seiner Mutter einho
len«, sagte die Frau.
»Natürlich.«
»Zu ihr würde ich am liebsten
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