About a Boy
sich, und Suzie kam zu ihm und gab ihm einen Kuss.
»Sie ist okay«, flüsterte Suzie laut genug, dass seine Mutter es hören konnte. »Mach dir keine Sorgen um sie.«
Als Suzie gegangen war, setzte Fiona den Wasserkessel auf
und setzte sich zu ihm an den Tisch.
»Bist du böse auf mich?«
»Was glaubst du?«
»Wegen des Briefs?«
»Wegen des Briefs, wegen dem, was du getan hast, wegen allem.«
»Das kann ich verstehen. Aber ich bin nicht mehr dieselbe wie am Samstag, falls dir das hilft.« »Was, das alles ist einfach so weggegangen?« »Nein, aber … im Moment geht es mir besser.«
»›Im Moment‹ nützt mir nichts. Ich sehe, dass es dir im Moment besser geht. Du hast gerade Wasser aufgesetzt. Aber was passiert, wenn du deinen Tee getrunken hast? Was passiert, wenn ich wieder in die Schule muss? Ich kann nicht die ganze Zeit hier sein und auf dich aufpassen.«
»Nein, das weiß ich. Aber wir müssen beide aufeinander aufpassen. Das sollte keine einseitige Sache sein.«
Marcus nickte, aber er war ganz woanders, an einem Ort, an dem Worte nicht zählten. Er hatte ihren Brief gelesen, und es interessierte ihn nicht länger, was sie sagte; was zählte, waren ihre Taten. Heute würde sie nichts mehr tun. Sie würden ihren Tee trinken, und heute Abend würden sie sich etwas zu essen bestellen und fernsehen und das Gefühl haben, es sei der Be ginn neuer, besserer Zeiten. Aber diese Zeiten würden vorübergehen, und dann würde alles wieder anders sein. Er hatte seiner Mutter immer vertraut - oder vielmehr, er hatte ihr nie nicht vertraut. Aber für ihn würde es nie mehr so sein wie früher.
Zwei waren nicht genug, das war das Problem. Er hatte immer geglaubt, zwei sei eine gute Zahl und dass er es hassen würde, in einer drei- oder vier- oder fünfköpfigen Familie zu leben. Aber jetzt sah er den Sinn darin: Wenn einer unter die Räder kam, war man nicht auf sich allein gestellt. Doch wie konnte man Familienzuwachs bekommen, wenn niemand da war, der die Sache, nun ja, einfädelte? Er würde einen Weg finden müssen. »Ich mache den Tee«, sagte er fröhlich. Wenigstens hatte er jetzt etwas, woran er arbeiten konnte.
Sie beschlossen, sich einen ruhigen, normalen Abend zu machen. Sie bestellten ein Curry nach Hause, und Marcus holte im Zeitschriftenladen ein Video, aber er brauchte ewig dazu: In allem, was er sich ansah, kam irgendwas mit Tod vor, und er wollte nichts sehen, was mit Tod zu tun hatte. Genauer gesagt, er wollte nicht, dass seine Mutter etwas sah, was mit Tod zu tun hatte, obwohl er nicht genau wusste, warum. Was konnte schon passieren, wenn seine Mutter sah, wie Stephen Seagal irgendeinem Kerl den Kopf wegpustete? Das war nicht die Art von Tod, die sie heute Abend aus ihren Gedanken verbannen wollten. Die Art von Tod, an die sie nicht zu denken versuchten, war der stille, traurige, reale Tod, nicht der Blamblam-was-soll’s-Tod. (Die Leute glaubten, Kinder würden den Unterschied nicht kennen, aber natürlich kannten sie ihn.) Am Ende nahm er U nd ewig grüßt das Murmeltier, der ihm zusagte, weil er neu auf Video war und weil auf der Coverrückseite stand, er sei lustig.
Sie machten den Film erst an, als das Essen da war; Fiona ser
vierte, und Marcus spulte das Video so weit vor, dass die Trailer und Werbefilme vorbei waren und sie beim ersten Bissen Pappadam gleich den richtigen Einstieg hatten. Es stimmte, was auf der Coverrückseite gestanden hatte: ein lustiger Film. Dieser Typ steckte immer wieder in ein und demselben Tag fest, obwohl sie nicht erklärten, wie es dazu gekommen war, was Marcus ziemlich schwach fand: Er wusste gerne, wie die Dinge zusammenhingen. Vielleicht basierte der Film auf einer wahren Geschichte, und es hatte wirklich so einen Typ gegeben, der immer wieder in ein und demselben Tag feststeckte, ohne zu wissen, wie es dazu gekommen war. Das beunruhigte Marcus. Mal angenommen, er wachte morgen auf, und es wäre wieder gestern, mit der Ente, dem Krankenhaus und allem? Lieber gar nicht daran denken.
Doch dann änderte sich der Film, und plötzlich ging es nur noch um Selbstmord. Dieser Typ hatte es dermaßen satt, hundert Jahre lang immer wieder denselben Tag zu erleben, dass er sich umbringen wollte. Aber es hatte keinen Zweck. Egal, was er tat, er wachte trotzdem am nächsten Morgen auf (nur war es nicht der nächste Morgen. Es war dieser eine Morgen, derselbe Morgen, an dem er immer aufwachte.)
Marcus war wirklich wütend. Auf der Coverrückseite hatte nichts von
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