About Ruby
Reinigung.«
»Aber es ist jedes Mal nur dieses eine Teil«, entgegnete Nate. »Ein Bezug für eine Daunendecke, den wir ungefähr einmal pro Monat abholen.«
Ich ging in die Küche, sah mich neugierig um. Die Kühlschrankfront war gähnend leer, die Arbeitsflächen blitzblank sauber. Ein einziger Kronkorken lag herum. »Aha«, stellte ich fest. »Man trinkt Ginger Ale.«
»Das war meins«, antwortete Nate. »Ich habe den Kronkorken letztes Mal hier liegen lassen, als eine Art Test. Um herauszufinden, ob er weggeräumt oder in den Müll geworfen wird.«
»Und das Ding liegt immer noch am selben Fleck?«
Er nickte. »Krass, oder?« Ging zur Fensterfront, öffnete eine Glastür. Frische Luft drang herein. »Ich könnte mirvorstellen, dass die Wohnung permanent untervermietet wird oder vielleicht einer Firma gehört, die sie ihren Führungskräften zur Verfügung stellt, wenn sie aus irgendeinem Grund herkommen müssen.«
Ich ging ins Wohnzimmer. Neben dem Sofa stand ein niedriges Bücherregal. Ich überflog die Titel: ein paar Romane, ein Mexiko-Reiseführer, ein paar Bildbände über Architektur und Design. »Ich weiß nicht«, meinte ich schließlich. »Wetten, dass doch jemand hier wohnt?«
»Tja, falls das stimmt, tun sie mir irgendwie leid.« Er war mittlerweile im Türrahmen aufgetaucht. »Es gibt nicht einmal Bilder.«
»Bilder?«
»Ja, von Freunden oder der Familie. Irgendetwas, das auf ein Privatleben hindeutet.«
Mein Zimmer bei Cora kam mir in den Sinn: die nackten Wände, und dass ich gerade mal erst ausgepackt hatte. Was würde jemand denken, der hereinkam und mein Zeug dort sah? Ein paar Klamotten, ein paar Bücher . . . Nicht viel. Und vor allem keine besonders aufschlussreichen Anhaltspunkte dafür, wer da wohnte.
Nate war nach draußen auf den Balkon gegangen. Schaute in die Ferne. Ich stellte mich neben ihn. Sein Blick fiel auf meine Hand, vielmehr auf die Kratzer. »Jetzt hätte ich es fast vergessen«, meinte er und holte eine kleine Tube aus der Tasche. »Ich habe was im Bioladen gekauft.«
KÖRPERBALSAM stand in roten Buchstaben auf der Tube. Nate schraubte sie auf. »Was genau soll das sein?«, fragte ich.
»So etwas Ähnliches wie ein natürliches Antibiotikum«, antwortete er. Als er meinen zweifelnden Blick bemerkte, fügte er hinzu: »Marla schwört drauf.«
»Na gut. Wenn dem so ist – nur zu.« Er bedeutete mir, meine Hand auszustrecken, was ich auch brav tat. Er drückte ein wenig von der Salbe aus der Tube auf meine Hand. Fing vorsichtig an, sie einzureiben. Im ersten Moment brannte es ein bisschen, dann wurde es kalt, aber nicht unangenehm. Wieder wollte ich mich zunächst intuitiv zurückziehen, wie beim ersten Mal, als mir aufgefallen war, dass wir total dicht beieinanderstanden. Aber ich tat es dann doch nicht, sondern blieb, wo ich war. Entspannte mich sogar etwas. Obwohl seine Hand weiter meine mit Salbe einrieb.
»Fertig«, meinte er schließlich, als die Salbe vollständig eingezogen war. »Morgen sind die Kratzer verheilt.«
»Ganz schön optimistisch.«
»Du kannst auch gern davon ausgehen, dass dir die Hand abfällt«, frotzelte er. »So wie ich mich einfach nicht dazu durchringen kann, alles immer so negativ zu betrachten.«
Ich lächelte. Wider Willen, doch ich lächelte. Sah ihn an. Sonnenstrahlen umspielten seinen Kopf, und ich musste plötzlich an den Abend denken, als ich ihn das erste Mal gesehen hatte. Wie er sich am Zaun hochgezogen und herübergeschaut hatte. In dem Moment hatte ich seine Gesichtszüge nicht richtig erkennen können, doch im hellen Hier und Jetzt waren sie klar und deutlich zu sehen. Zu meiner Überraschung war er ganz anders, als ich spontan angenommen hatte. Ob es ihm mit mir wohl ähnlich ging? Unterschied ich mich auch von dem Bild, das er sich von mir gemacht hatte?
Nach dem Ende unserer Runde setzte Nate mich daheim ab. Cora stand in der Küche am Herd, rührte in einem großen Topf. »Hi«, rief sie, während Roscoe mir entgegenrannte und freudig an mir hochsprang. »Ich dachte, du arbeitest heute nicht.«
»Habe ich auch nicht.«
»Und wo hast du dann gesteckt?«
»Überall und nirgends.« Ich gähnte. Sie sah mich fragend an. Warum erzählte ich ihr nicht einfach, was ich gemacht hatte? Aber irgendwie hatte dieser Tag etwas an sich gehabt . . . Jedenfalls merkte ich, dass ich das – was auch immer es war – gern noch ein wenig länger nur für mich haben wollte. Und sei es bloß für kurze Zeit. »Soll ich
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