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About Ruby

About Ruby

Titel: About Ruby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Dessen
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Glasreiniger. Sie knallte gegen den Rasenmäher, der in der Nähe stand; synchron dazu wiederholte er, noch lauter als beim ersten Mal: »Du bist
was
nicht, Nate?«
    Nate, der nach wie vor hastig irgendwelche Sachen vom Fußboden aufsammelte, holte tief Luft. Er tat mir so leid; gleichzeitig hatte ich irgendwie ein schlechtes Gewissen, weil ich überhaupt dabei war. Die Situation war schon ohne mich als Zeugin übel genug. Noch leiser als zuvor, fast unhörbar, meinte Nate schließlich: »Ich bin nicht stolz darauf.«
    Mr Cross starrte ihn einen Augenblick lang stumm, außer sich vor Wut an. Schüttelte den Kopf, sagte: »Weißt du was? Du widerst mich an. Ich kann dich nicht mehr sehen.«
    Er wandte sich abrupt ab, ging durch die Garage direkt auf mich zu, ohne mich in seiner Wut allerdings bisher bemerkt zu haben. Ich wich rasch zurück, huschte den Gang entlang, versteckte mich hinter der nächstbesten Tür. Sie führte in ein Badezimmer, wo ich mich, ohne Licht einzuschalten, ans Waschbecken lehnte und meinem eigenen Herzen beim Schlagen zuhörte   – es schlug heftig   –, während Mr Cross in der Küche herumfuhrwerkte, Schubladenöffnete, krachend wieder zuschob. Es kam mir vor wie eine kleine Ewigkeit, doch endlich hörte ich, wie er das Haus verließ. Trotzdem wartete ich noch eine volle Minute, nachdem ich gehört hatte, wie sein Wagen gestartet und fortgefahren war, ehe ich mich wieder hervorwagte. Meine Knie waren immer noch ganz weich.
    Die Küche sah unverändert aus, als wäre niemand drin gewesen, meine Kuchen standen an derselben Stelle wie vorher. Auch in Coras Haus jenseits von Terrasse, Zaun und Garten hatte sich nichts geändert, seit ich es verlassen hatte. Im Erdgeschoss brannten sämtliche Lichter und vermutlich wartete man bereits sehnsüchtig auf die Kuchen und mich. Flüchtig wünschte ich mir, ich könnte jetzt verschwinden, mich wieder zu ihnen gesellen, dieses Haus und alles, was gerade darin geschehen war, einfach hinter mir lassen. Es hatte eine Zeit gegeben, wo mir so ein Verhalten wahrscheinlich sogar völlig normal vorgekommen wäre. Doch ich ging zurück in die Garage. Zu Nate.
    Er kroch auf dem Boden herum, hob Glassplitter auf, warf sie in einen Mülleimer, den er zu sich herangezogen hatte. Ich stand im Türrahmen, hielt die Tür fest, beobachtete ihn einen Moment lang schweigend. Dann ließ ich die Tür los, sodass sie hinter mir ins Schloss fiel.
    Er blickte jäh auf. »Hi.« Seine Stimme klang ganz normal, fast lässig.
Ich kann es eben gut kaschieren
– sein Satz hallte in meinem Kopf wider. »Bist du nicht bei eurem Essen? Hast du beschlossen, dich lieber unerlaubt von der Truppe zu entfernen, anstatt deine Dankbarkeitsliste vorzulesen?«
    »Nein«, erwiderte ich. »Ich hatte, äh, die Kuchen vergessen, deswegen bin ich hergekommen. Um sie zu holen. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass jemand hier sein würde.«
    Genau in dieser Sekunde veränderte sich seine Miene, und ich wusste, dass er wusste   – entweder wegen jenes letzten Satz oder meines eigenen Gesichtsausdrucks   –, dass ich alles mitbekommen hatte. »Ach so«, sagte er knapp. Ton- und ausdruckslos. »Na dann.«
    Ich trat näher, zögerte noch kurz, hockte mich dann jedoch neben ihn, fing an, ihm beim Scherbenaufsammeln zu helfen. Die Luft um mich her fühlte sich eigenartig an, wie kurz vor oder nach einem Gewitter, wenn die Ionen durcheinandergeschüttelt und dann neu angeordnet werden, wenn man die Elektrizität über sich und um sich herum förmlich spüren kann. Ein vertrautes Gefühl. Ich hatte es zwar seit geraumer Zeit nicht mehr erlebt. Dennoch kannte ich es nur zu gut.
    »Was war hier gerade los?«, fragte ich schließlich behutsam und mit leiser Stimme.
    »Nichts.« Nate sah mich an, allerdings nur sehr flüchtig. »Alles okay.«
    »Das sah nach mehr aus als nach nichts.«
    »Mein Vater muss bloß manchmal Dampf ablassen. Halb so wild. Das Regal hat das meiste abgekriegt.«
    Ich schluckte. Atmete tief durch. Durch das geöffnete Garagentor sah man, wie draußen auf der Straße ein älteres Ehepaar in Fallschirmanzügen vorbeilief, wobei sie unisono die Arme vor- und zurückschwangen. »Wie ist das . . . bringt er so etwas öfter?«
    »Regale zerdeppern?« Er hielt seine Hände über den Mülleimer und rieb sie gegeneinander, um sie abzuwischen.
    »Dich so fertigmachen.«
    »Nö.« Nate richtete sich auf, schüttelte sich die Haare aus dem Gesicht.
    »Meine Mutter hat uns manchmal

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