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Abraham Lincoln - Vampirjäger

Abraham Lincoln - Vampirjäger

Titel: Abraham Lincoln - Vampirjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seth Grahame-Smith
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(egal ob Komödien oder Tragödien) angetan. Und mehr als alles andere liebte er es, wenn die Stücke von Shakespeare auf der Bühne zum Leben erweckt wurden.
    Also war es für mich und Mary ein besonderes Vergnügen, uns an einem stürmischen Februarabend eine Aufführung von Julius Cäsar anzusehen – nachdem wir endlich den Ärger mit den Wahlen hinter uns gelassen hatten. Unser lieber Freund, Bürgermeister [William] Jayne, war so freundlich gewesen, uns seine Loge und die vier Sitze darin zur Verfügung zu stellen.
    Die Lincolns wurden an jenem Abend von Abes Kanzleipartner Ward Hill Lamon und seiner vierunddreißigjährigen Frau, Angelina, begleitet. Die Aufführung war mit Abes Worten »ein herrliches Schauspiel aus historischen Kostümen und gemalten Kulissen« – mit Ausnahme eines Versprechers im ersten Akt.
    Ich wäre beinahe in lautes Gelächter ausgebrochen, als der unglückliche Wahrsager Cäsar warnte: »Nimm, vor des Aprils Idus dich in Acht.« 42 Welch Wunder (und welche Erleichterung), dass niemand aus dem Publikum lachen musste oder dazwischenrief. Wie kann einem Schauspieler bloß so ein Lapsus unterlaufen? Oder haben mich meine Ohren nur getäuscht?
    42 Die Zeile lautet eigentlich: »Nimm, vor des Märzen Idus dich in Acht.« Gemeint ist der 15. März, der Tag der Ermordung von Julius Cäsar. Aus: Julius Cäsar , erster Aufzug, zweite Szene.
    Im dritten Aufzug, zweite Szene, beugt sich Antonius über Cäsars ermordeten, verratenen Körper und setzt zu der berühmtesten Rede des ganzen Stücks an:
    Mitbürger! Freunde! Römer! Hört mich an!
    Begraben will ich Cäsarn, nicht ihn preisen.
    Was Menschen Übles tun, das überlebt sie,
    Das Gute wird mit ihnen oft begraben.
    Abes Augen weiteten sich bei der flammenden Darbietung des jungen Schauspielers.
    Ich hatte diese Sätze schon unzählige Male gelesen, ihre geniale Konstruktion bewundert. Aber erst jetzt, gesprochen von diesem talentierten jungen Mann, klangen sie glaubhaft. Erst jetzt begriff ich ihre volle Bedeutung. »Ihr liebtet all ihn einst nicht ohne Grund«, sprach er. »Was für ein Grund wehrt euch, um ihn zu trauern?« Daraufhin jedoch hielt er mit seiner Rede inne. Er sprang von der Bühne zu den Zuschauern hinab.
    Verwirrt und doch fasziniert folgten ihm unsere Blicke, als er sich auf unsere Seite des Theaters begab und durch die Tür verschwand, die zu unserer Loge führte. Plötzlich machte sich eine Befürchtung in mir breit, denn ich war sicher, er wollte meine Anwesenheit für ein Spektakel nutzen. Ich hatte allen Grund dazu, mir deswegen Sorgen zu machen, denn es war in der Vergangenheit schon einige Male vorgekommen. Auf diese Weise vorgeführt zu werden war der Preis dafür, in der Öffentlichkeit zu stehen, und es machte mich jedes Mal nicht minder verlegen.
    Genau wie Abe befürchtete, betrat der Schauspieler mit Pauken und Trompeten die Loge, worauf das Publikum leise lachte und applaudierte. Alle Augen waren auf ihn gerichtet, als er hinter den Lincolns und ihren Gästen stand. Abe lächelte nervös, wohl wissend, was nun folgen würde. Aber (zu seiner Überraschung und Erleichterung) fuhr der Schauspieler einfach mit seiner Rede fort:
    »Oh Urteil«, rief er. »Du entflohst zum blöden Vieh, der Mensch ward unvernünftig!« Daraufhin zog er einen Revolver aus seinem Kostüm, hielt ihn Angelina an den Hinterkopf und drückte ab. Der Knall ließ mich heftig zusammenzucken, und ich fing an zu lachen, denn für einen Moment war ich sicher, dass das alles Teil der Inszenierung war. Als ich jedoch sah, dass ihr Kleid über und über besudelt war mit Gehirnmasse; als ich sah, wie sie auf ihrem Stuhl vornübersackte – und das Blut nicht nur aus ihrer Wunde floss, sondern auch aus Ohren und Nasenlöchern wie Wasser aus einer Quelle – da wusste ich es.
    Marys Schreie lösten unten auf dem Parkett eine Welle der Panik aus, die Zuschauer trampelten sich gegenseitig nieder, um in den hinteren Bereich des Saals zu gelangen. Ich zog das Messer aus meinem Mantel hervor (seit meiner Begegnung mit der Union hatte ich mir angewöhnt, immer eines bei mir zu tragen) und sprang auf, um mich dem Bastard entgegenzustellen, während Lamon sich um seine Frau kümmerte, ihren Kopf hielt und sie vergeblich anrief, während ihm das Blut über die Hände quoll. Ich erreichte den Schauspieler just in dem Moment, als er die Pistole auf Mary richtete. Ich ließ mein Messer auf ihn herabfahren, stieß ihm die ganze Klinge an der Stelle in die

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