Abraham Lincoln - Vampirjäger
Halsschlagader.
– Beide Stellen weisen deutliche Blutergüsse auf; einheitlich in einem Abstand von einem und eineinhalb Zoll.
– Körper des Verstorbenen stark verwest, graublau verfärbt, Gesicht eingefallen, Haut brüchig; Hinweis, dass Tod bereits Wochen oder Monate vor Obduktion eingetreten.
– Magen enthält ganze Stücke unverdauten Essens, hell in Farbe; ein Hinweis, dass Verstorbener unmittelbar vor seinem Tod noch gegessen hat und dass sein Tod weniger als vierundzwanzig Stunden vor Obduktion eingetreten ist.
Zusammen mit diesen Beobachtungen kritzelte Dr. Milliner noch ein Wort an den Rand des Berichts:
»Unglaublich.«
Der Bericht wurde als »nicht eindeutig« erachtet und von Milliners Vorgesetzten zurückgehalten, da sie befanden, dass die Veröffentlichung solcher Informationen »das Klima der Spekulationen und des Misstrauens«, das mit dem Tod des Senators einherging, nur noch weiter anheizen würde. 50
50 Lange wurde angenommen, der Bericht sei im Großen Brand von Chicago 1871 verlorengegangen, bis er im Zuge einer Renovierung des Mercy Hospitals 1967 wieder auftauchte. An dem Tag, als die Nachricht bekannt wurde, erhielt das Krankenhaus eine anonyme Spende von einer Million Dollar. Am nächsten Tag erklärte ein Kliniksprecher den Bericht für eine Fälschung.
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Lincoln und Douglas waren die berühmtesten Gegner in Amerikas Geschichte. Zwei Jahrzehnte lang hatten sie um alles, von der Liebe einer Frau bis zum höchsten Amt des Landes, gewetteifert. Aber bei allen politischen Differenzen hatten die beiden sich über die Jahre gegenseitig Respekt, ja sogar Sympathie abgerungen. Douglas war schließlich einer von Abes »strahlenden Leuchttürmen« in Washingtons »Meer von Idioten«. Und während der »Little Giant«, der kleine Riese, wie Douglas’ Spitzname lautete, Jahre damit verbracht hatte, den Zwecken der Südstaatler zu dienen, war er im Herzen eigentlich kein Sohn des Südens. Tatsächlich verabscheute er die Idee der Aufspaltung so sehr, dass er die Sezessionisten als »Kriminelle« bezeichnete und erklärte: »Wir müssen für unser Land kämpfen und unsere Differenzen vergessen. Es kann nur zwei Parteien geben: die Partei der Patrioten und die Partei der Verräter. Wir gehören zu Ersterer.«
Als die Union, infolge von Douglas’ missglückter Kandidatur im Jahre 1860, zu bröckeln anfing, war er es, der auf seinen alten Rivalen Lincoln – den neuen Präsidenten in spe – zukam.
Er möchte mich darin unterstützen, gegen die Aufspaltung des Landes vorzugehen. Zu diesem Zwecke habe ich ihn gebeten, eine Vortragsreihe durch die Grenzstaaten und den Nordwesten zu unternehmen (durch jene Orte, in denen die Flamme der Einigkeit noch durch unser Tun geschürt oder durch das Ausbleiben solcher Bemühungen erstickt werden kann). Ich kann mir keinen besseren Botschafter vorstellen, keinen Verbündeten mit mehr Symbolkraft für die Notwendigkeit der Einheit. Ich muss zugeben, dass mich sein Angebot ziemlich überrascht hat. Ich vermute, dass er angefangen hat, seinen Bund mit dem vampirischen Süden zu bereuen, und nun nach Mitteln der Wiedergutmachung sucht. Was auch immer die Gründe dafür sein mögen, ich begrüße seine Unterstützung.
Douglas hielt Pro-Unions-Reden in drei Staaten, bevor er nach Washington zurückkehrte. Bei Abes Amtseinführung, bei der die Gefahr eines Attentats drohend in der Luft hing, positionierte er sich in der Nähe des Podiums und erklärte: »Jeder, der Lincoln angreift, greift auch mich an!« Und am Sonntag, den 14. April 1861, als Fort Sumter vor den konföderierten Truppen kapitulierte, war Stephen Douglas einer der Ersten, die ins Weiße Haus geeilt kamen.
Er erschien heute unangemeldet und musste feststellen, dass ich eine Sitzung mit dem Kabinett hatte und damit eine ganze Weile beschäftigt sein würde. [Präsidentensekretär John] Nicolay bat ihn, später noch einmal vorstellig zu werden, aber Richter Douglas weigerte sich strikt. Als ich es schließlich müde war, ihn mit seinem vertrauten Bariton draußen im Flur Verwünschungen ausstoßen zu hören, machte ich die Tür meines Arbeitszimmers auf und rief: »Meine Güte, so lasst den Herrn schon eintreten, sonst müssen wir noch zwei Kriege führen!«
Wir sprachen eine Stunde oder länger unter vier Augen. Ich hatte ihn noch nie so aufgewühlt erlebt! »Sie werden geradewegs nach Washington marschieren und mich umbringen!«, rief er. »Uns alle töten! Sir, ich verlange zu erfahren, wie
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