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Abraham Lincoln - Vampirjäger

Abraham Lincoln - Vampirjäger

Titel: Abraham Lincoln - Vampirjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seth Grahame-Smith
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gehabt habe.
    »Hast du je gesehen, wie jemand, den du liebst, vor deinen Augen in Stücke gerissen wird?«
    Das hatte Abe in der Tat noch nicht mit ansehen müssen, und er war von dieser Antwort sehr überrascht. Jack zögerte ein wenig, sah zu Boden.
    »Eines Nachts war ich mit einem Freund unterwegs«, sagte er schließlich. »Wir waren beide erst neun Jahre alt und auf dem Weg nach Hause, nachdem wir uns einen Spaß daraus gemacht hatten, Steine auf vorbeifahrende Kähne zu werfen. Wir gingen gerade einen Pfad entlang, den wir wie unsere eigene Westentasche kannten. Eben war er noch neben mir gegangen und hatte fröhlich mit mir geplaudert. Doch im nächsten Moment wurde er von einer Bärenpranke gepackt und am Schopf hinauf ins Geäst bis hoch in den Wipfel eines Baumes gezogen. In der Dunkelheit konnte ich nicht erkennen, was da oben vor sich ging. Ich konnte ihn nur schreien hören und die warmen Tropfen auf meinem Kopf spüren … auf meinen Lippen. Ich stürmte los und holte Hilfe, und die Männer kamen mit ihren Gewehren gerannt. Aber da gab es nichts, das sie töten hätten können. Wir brauchten den halben Vormittag, bis wir ihn vom Boden aufgesammelt hatten. Jared. Jared Linder war sein Name.«
    Nun herrschte Schweigen, und Abe wusste, dass es nicht an ihm war, es zu brechen.
    »Die Leute hier wissen, dass da etwas in den Wäldern lauert«, sagte Jack schließlich. »Sie wissen, dass ein Mann, der seine fünf Sinne nicht beisammen hat, ein Mann, der nicht stark genug ist, es mit jedem Widersacher aufzunehmen – nun, sie wissen, dass so ein Mann Gefahr läuft, auf dem Weg von einem Ort zum andern umzukommen. Die Leute sagen, wir würden zusammenhalten, weil wir blutsverwandt sind und weil wir gerne »Krawall« machen. Aber die Wahrheit ist, wir halten zusammen, weil das die einzige Möglichkeit ist, hier alt zu werden. Die Wahrheit ist, wir halten zusammen, weil ein schwacher Mann an diesem Ort so gut wie tot ist.«
    »Und du bist dir da sicher?«, hakte Abe nach. »Ich meine, bist du dir ganz sicher, dass es ein Bär war?«
    »Na ja, zumindest war es verdammt sicher kein Pferd, das auf Bäumen herumklettert.«
    »Ich meine … könnte es nicht auch etwas … Ungewöhnlicheres gewesen sein?«
    »Ah«, rief Jack und fing an zu lachen. »Du meinst, ob es irgendein Märchenwesen war? So was wie ein Geist?«
    »Ja.«
    »Verdammt, solche Geschichten kursieren schon seit Jahren entlang des Flussufers. Wilde Geschichten. Die Leute schwatzen von Hexen, Teufeln und … «
    »Vampiren?«
    Bei diesem Wort war plötzlich jede Spur von Belustigung aus Jacks Gesicht verschwunden.
    »Die Leute reden lauter Unsinn. Haben Angst, das ist alles.«
    Vielleicht war es die halbe Flasche Pfirsichbrandy in seinem Blut oder das Gefühl, einen Gleichgesinnten gefunden zu haben. Vielleicht konnte er all die Geheimnisse auch einfach nicht mehr länger für sich behalten. Was auch immer ihn dazu veranlasst haben mochte, Abe fasste einen plötzlichen und sehr riskanten Entschluss.
    »Jack … wenn ich dir jetzt etwas ganz Unglaubliches erzähle, versprichst du trotzdem, mir erst einmal genau zuzuhören?«
    III
    Abe ging nervös auf und ab … auf und ab auf der weichen, schlammigen Straße und sah von Zeit zu Zeit zu dem neu errichteten Gerichtsgebäude auf der anderen Seite des Platzes hinüber und zum zweiten Stock des Saloons gegenüber, wo hinter dem Vorhang im Fenster einer Hure noch immer Licht brannte. Das freundliche Sommerwetter war weitaus angenehmer als die klirrende Kälte beim letzten Mal, genau wie seine Begleitung.
    Es hatte mich einige Überredungskunst gekostet, aber schließlich hatte Jack doch eingewilligt, mit mir nach Springfield zu kommen. Zuerst hatte er sich geweigert, mir auch nur ein Wort zu glauben – er ging sogar so weit, mich einen »verdammten Lügner« zu schimpfen und mir zu drohen, mich »fertigzumachen«, wenn ich versuchen würde, ihn zum Narren zu halten. Ich bat ihn um etwas Geduld, dann würde ich ihm entweder beweisen, dass jedes meiner Worte wahr sei, oder meine Sachen packen und New Salem für immer verlassen. Dieses Versprechen leistete ich voller Zuversicht auf den Erfolg meines Vorhabens, denn an jenem Morgen hatte mich endlich ein lang ersehnter Brief erreicht.
    Der Brief war an die Adresse geschickt worden, die Abe über Henrys Kamin hinterlassen hatte:
    ABRAHAM LINCOLN
    WESTLICH VON DECATUR, ILLINOIS
    WOHNHAFT BEI MR. JOHN HANKS
    Er war zwei Wochen zuvor bei seinen Verwandten

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