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Abraxmata

Abraxmata

Titel: Abraxmata Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Bannert
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Verschwörung schon in vollem Gange. Teils mit angespannten, teils mit angstverzogenen oder auch erwartungsvollen und begeisterten Blicken umringten die Gilkos Ilon und Gubar, sodass Abraxmata sie weder sehen noch verstehen konnte. Nach etwa fünfzehn Minuten stoben die Gilkos auseinander und jeder flog zielstrebig in eine bestimmte Richtung. Abraxmata sah verwirrt um sich und wusste im Moment überhaupt nicht, wem er folgen sollte.
    In der Höhle begann ein geschäftiges Treiben. Aus jeder Ecke waren Geräusche zu hören, Gerede, Geklapper, oder auch ein schleifendes Geräusch, in dessen Richtung sich Abraxmata nun aufmachte, um zu erkunden, um was es sich dabei handelte. Das Geräusch führte ihn ganz nach hinten in die Höhle der Gilkos, in einen kleinen dunkleren Raum, in dem es gewaltig staubte. Der Boden war mit Sägemehl und kleinen Holzstückchen übersät. In einer Ecke stand eine zerschlissene, alte Werkbank, um die sich sechs ältere Gilkos mit weißem oder grauem Haar drängten und an einem sich drehenden großen Schleifstein, wobei sich Abraxmata nicht sicher war, ob es wirklich ein Stein und nicht irgendein härteres Holz war, längliche Gegenstände bearbeiteten.
    Einer der großflügeligen silberbespitzten Gilkos flog in den Raum und schrie schon von weitem: »Hier kommt der Nachschub an Atzeln!«
    Er hievte einen geflochtenen Graskorb, der unter seinen Füßen baumelte und dessen Kordel vor seinen Flügeln vorbeiführte und um seine Schultern geschlungen war, auf die Werkbank und leerte mindestens zwanzig große schwarze Dornen aus. Diese Pflanzenteile waren Abraxmata sehr wohl bekannt. Es waren die spitzen Dornen der dunkelblau blühenden Atzelnablumen, die, häufig zwischen hohem Schilf versteckt, unten am Mondschattenbach wuchsen. Man musste höllisch aufpassen, um sich nicht an den Dornen zu reißen, wenn man sich zum Fluss durchschlug. Die älteren Gilkos lächelten zufrieden und begannen die Dornen noch spitzer zuzuschleifen, sodass die weicheren Außenteile entfernt wurden und der Kern messerscharf glitzerte. Hinten schliffen sie die keilförmigen Atzeln gerade, sodass eine Art Griff entstand.
    Abraxmata hatte genug gesehen und sah sich in einem anderen Raum um, in dem mehrere Gilkofrauen damit beschäftigt waren, Barberinas zu entkernen. Die etwa kirschgroßen gelben Früchte funkelten frisch im Lichtschein, der durch die Decke des Zimmers drang und versprühten einen erfrischenden, süßlichen Geruch. Auf dem lila Boden stapelten sich die weißen festen Kerne, wobei die Frauen darauf bedacht waren, das Fruchtfleisch nicht zu verschwenden und es in einer großen Blattschale sammelten.
    In der großen Eingangshalle standen Ilon und Gubar zusammen und wurden sichtlich langsam nervös. Ilon flog auf und ab und umkreiste die Säulen und die Statue. Es fanden sich immer mehr Gilkos in der Halle ein. Sie hatten alle eine schräg um den Körper gelegte grüne Schnur, an der eine längliche Tasche in Bauchhöhe befestigt war. Am Rücken ist es für Gilkos nicht möglich, eine Tasche zu tragen, denn das würde sie mit ihren großen Flügeln beim Fliegen behindern. Die Halle füllte sich und mit einem durchdringenden Blick aus seinen stechenden grünen Augen in die Menge flog Gubar aus der Höhle hinaus. Ein lautes Summen setzte ein, mit dem sich fast das gesamte Gilkovolk des Mondschattenwaldes – bis auf einige Ältere, Schwächere und wohl auch die Kinder, denn Abraxmata konnte keine sehen, auch die Gilkos von der Werkbank vermisste er – durch das grüne Blätterdach als blau schimmernde Wolke in die Lüfte erhob und mit der Sonne um die Wette glitzerte.
    Sollte er sich jetzt wirklich einfach hinunterfallen lassen? Abraxmata stand am Rande der Höhle und sah in die Tiefe. Vorsichtig kletterte er auf den Ast, der ihn am Tage zuvor nach oben gebracht hatte und wartete, was passieren würde. Schon nach kurzer Zeit begann sich der Ast zu bewegen und nach unten zu gleiten. Doch dann wurde er so schnell, dass Abraxmata die Augen zukniff und das Gefühl hatte, in freiem Fall nach unten zu rasen. Nach einer Weile glaubte er, die Blätter nicht mehr unter sich zu spüren. Er blinzelte durch die Augen und schrie auf. Gleich würde er auf den Boden aufschlagen. Er rollte sich ganz eng zusammen, als ihn Blätter berührten und er wahrnehmen konnte, wie er auf etwas auflag. Er wagte es nicht, sich zu bewegen oder sich umzublicken. Erst als eine Weile nichts geschehen war, öffnete er langsam die Augen und

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