Abraxmata
Wirbelsturm auf, der nach oben stieg und durch die sich auflösende Wolkendecke davonrauschte. Famora war so damit beschäftigt, dem sich drehenden Wasserdampf nachzublicken, dass sie ganz vergaß, zuzusehen, ob die schwarze Flüssigkeit weg war, oder sich verändert hatte. Als sie den Blick nach unten senkte, schien sie unverändert die Heucherelle abzuschirmen. Enttäuscht sah sie Abraxmata an.
»Es funktioniert«, sagte dieser zu ihrer Verwunderung. Als sie ihn fragend ansah, verstand er. »Als sich der Wirbel gelöst hatte, war für kurze Zeit die dunkelrote Erde unter dem Schwarz zu sehen. Die Flüssigkeit ist lediglich wieder nachgeflossen. Wir müssen darauf achten, nicht zu viel Wasser auf einmal draufzuschütten. Wir wissen nicht, was geschieht, wenn der Wirbel größere Ausmaße annimmt. Ich denke, es ist in Ordnung, wenn du Wasser holst und der Wirbel aufsteigen kann, bis du das nächste Wasser holst.« Den kleinen Protest in Famoras Blick bemerkte Abraxmata sofort, das hatte er erwartet. »Ich sollte nicht in das Wasser sehen«, setzte er mit besorgter Miene hinzu.
Und außerdem würdest du mindestens fünfmal so lange brauchen, dachte Famora, als sie ihre schmutzigen großen Schaufelhände betrachtete, aber sie sagte es nicht. Erstens, weil sie wusste, dass sie Abraxmata damit kränken könnte und zweitens, weil sie fand, dass das in dieser Situation nichts zur Sache tat, eben vollkommen unwichtig war. Sie ging erneut zu dem dunklen, stillen Wasser, schöpfte so viel wie sie nur konnte mit ihren Händen, sodass auf dem Weg zum schwarzen See bereits einiges Wasser auf den roten Boden tropfte.
Abraxmata hatte seinen Blick prüfend, aber gleichzeitig starr auf die Heucherelle gerichtet. Als das Wasser zischend auf die dunkle Masse traf und der Nebel sich erneut krachend nach oben schlang, wandte er seinen Blick kurz vom Baum ab und richtete ihn auf das Geschehen.
Famora versuchte das Wasser nicht immer auf die gleiche Stelle zu schütten, sondern es gleichmäßig an allen Ecken des Dunkels zu verteilen.
Nach wenigen Wasserladungen war sie im Schöpfen bereits so geschickt, dass sie sehr schnell mit einer neuen Hand voll Wasser wieder am Baum ankam und so oftmals der alte Nebel noch gar nicht vollständig aufgestiegen und verschwunden war.
Als sie wieder mit vollen Händen zurückkam und noch zwei der seltsamen Wirbel vor ihnen tanzten, hielt sie Abraxmata mit seiner Hand sanft am Ellenbogen zurück.
»Warte noch kurz, bis sie in der Wolkendecke verschwunden sind. Wir sollten kein unnötiges Risiko eingehen. Du musst dich auch nicht überanstrengen. Lasse dir ruhig Zeit mit dem Weg zum Fluss, du wirst noch lange durchhalten müssen.« Abraxmata hörte auf zu reden, hielt Famora aber weiter zurück. »Ich sollte dir helfen. Ich stehe hier nur dumm herum, komme mir überflüssig vor, während du dich abarbeitest und deine letzte Kraft verspielst«, sagte er.
»Ich verspiele meine Kraft nicht, sie wird gebraucht.« Famora sah ihn tief aus ihren dunklen Augen an, in denen Müdigkeit und Erschöpfung klar zu erkennen waren. »Du hast genug getan und du wirst noch genug tun müssen. Mehr als wir anderen alle zusammen.« Mit diesen Worten wandte sie sich wieder von Abraxmata ab und setzte ihren Weg zum Fluss und zurück fort.
Sie fand einen guten Rhythmus, der es ermöglichte, dass der alte Nebel gerade in den Wolken verschwunden war, wenn sie das neue Wasser hinzuschüttete. Bei ihrer monotonen Arbeit schweiften ihre Gedanken in die Zukunft. Sie machte sich Sorgen, wie es ihnen gelingen sollte, Hevea zu befreien, falls sie an die Heucherelle jemals herankommen sollte. Dass Hevea hier gefangen war, hoffte sie so stark, dass sie mittlerweile selbst davon überzeugt war. Außerdem hatte Abraxmata mit seinen Vermutungen in letzter Zeit so oft Recht gehabt, dass sie nicht mehr an einen Zufall glaubte.
Es kam ihr vor, als hätte sie seit Tagen nichts anderes mehr getan, als Wasser zu holen und an einen Baum zu gießen. Abraxmata stand seit Stunden unbewegt. Das Einzige, das Famora Mut machte, war, dass sich die dunkle Flüssigkeit bereits deutlich verringert hatte.
In ihrer Vermutung, eine stundenlange Arbeit getan zu haben, wurde Famora schließlich durch das Morgengrauen bestätigt. In der Wolkendecke war noch immer ein Loch, auch wenn es sich bereits seit längerer Zeit wieder verkleinerte. Die wenigen Sonnenstrahlen, die Abraxmatas und Famoras Haut trafen, erhellten ihren Gemütszustand und erfüllten sie
Weitere Kostenlose Bücher