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Abraxmata

Abraxmata

Titel: Abraxmata Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Bannert
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hätte sprechen können, wenn sie nicht so konfus und wild durcheinander gelaufen wären, sodass man sich schon wundern musste, dass sie nicht zusammenstießen. Von jedem ihrer Köpfe leuchtete ein heller, weißer Punkt. Murus sah sich hastig nach Chamor um, der noch immer wie leblos am Boden lag. Der Commodor war wie versteinert. Hin und her gerissen zwischen zwei Möglichkeiten blieb er einfach stehen und konnte sich für keine der beiden entscheiden. Er sah nach oben, wo nur noch ein schummriges, dunkelgrünes Licht durch das bereits zugewachsene Loch, durch das er gefallen war, schimmerte. Dann blickte er auf den völlig hilflosen Chamor. Die kleinen Wesen hatten ihn jetzt fast erreicht. Murus war sich ziemlich sicher, dass sie nicht fliegen konnten. Dann stürzte er hinüber zu Chamor.
    »Chamor, wach auf«, bat Murus panikartig seinen Freund und begann an ihm herumzuzerren. »Oh, bitte«, flehte er, als ihn das kalte Gefühl hunderter kleiner, dunkler und behaarter Hände packte. Sie hielten ihn fest wie in einem Schraubstock, obwohl Murus gar nicht das Gefühl hatte, dass sie ihn mit ihren kleinen Händen wirklich stark drückten, er war eher wie gelähmt. Hilflos musste er mit ansehen, wie die Figuren mit ihren eckigen Gesichtern und den schwarzen struppigen Haaren, jeder mit einer weißen Mütze auf dem Kopf, Chamor ohne Mühen hochnahmen und mit ihm in der Dunkelheit verschwanden. »He, wo bringt ihr ihn hin?«, schrie Murus verzweifelt. »Ich habe gefragt, wo ihr ihn hinbringt? Na schön, ihr redet nicht mit mir. Ich werde es schon herausbekommen«, brüllte Murus weiter, als er von keinem der Wesen eine Antwort bekam. Ein Fluchtversuch war sinnlos, also beugte er sich den kleinen Bewohnern des Morgentauwaldes und ließ sich von ihnen verschleppen. Er wollte lieber seine Kräfte sparen. Etwas machte ihm noch Hoffnung. »Oh Hevea, sieh zu, dass du die Sache richtig in die Hand nimmst«, wollte er sagen, bewegte jedoch nur lautlos seine Lippen und blickte nach oben. Die dunklen Gestalten sausten durch unterirdische Gänge, so schnell, dass Murus ständig Angst hatte, dass sie gegen irgendeine Wand stießen, denn er konnte nicht einmal mehr seine eigenen Füße in der Dunkelheit erkennen. Es konnte nicht anders sein, diese Geschöpfe mussten im Stockfinsteren perfekt sehen können. Vielleicht war das auch der Grund, warum er noch nie etwas von ihnen gehört hatte. Vielleicht kamen sie niemals an die Oberfläche, sondern lebten unter dem schützenden Blättermantel des Morgentauwaldes.
    Murus konnte nichts sehen, aber sie brachten ihn wohl in einen Raum, denn er konnte so etwas wie eine Türe knarren hören, die dann mit einem lauten Rattern zur Seite schwang. Er wurde heruntergelassen und durch die kalten Finger in den Raum geschoben. »Was macht ihr mit mir? Was wollt ihr? Wer schickt euch und verlangt, dass ihr uns gefangen nehmt?«, versuchte Murus noch einmal etwas aus den Wesen herauszubekommen. Als wieder keine Antwort kam, gab er es auf, überzeugt, dass sie wohl eine andere Sprache hatten und ihn nicht verstehen konnten. Das Knarren und Rattern von Holz war wieder zu hören. Das Gewusel verstummte, sie mussten den Raum bereits verlassen haben. Noch einmal ein Knacken, gleich würde die Türe ins Schloss fallen und er war gefangen.
    »Ich wünsche ganz viel Spaß«, ertönte eine durchaus sympathische Stimme. »Mein Name ist Biharun. Wenn du etwas brauchst, wende dich vertrauensvoll an mich.«
    Murus war aufgesprungen. »Warte! Soll das heißen, du verstehst mich?« Dann hörte er wie die Türe ins Schloss fiel. »Warte! Was soll das hier alles? Wieso redet keiner mit mir? Man wünscht doch niemandem viel Spaß, den man gefangen hält. He! Das könnt ihr doch nicht machen. Wo ist Chamor? Ihr wisst schon, der Monolito, der mit mir zusammen zu euch runtergeflogen ist. Hallo?« Murus schrie sich die Seele aus dem Leib. Die Dunkelheit machte ihm Angst, große Angst. »Hallo?«, rief er noch einmal kläglich, bevor er verstummte und auf dem Boden zusammensank.
    Mit suchenden Augen eilte Hevea durch den fremden Wald. Ihr Herz pochte aus Angst, jemandem zu begegnen, dem sie nicht begegnen wollte. Es musste doch außer den komischen Erdgestalten irgendwelche Wesen hier im Morgentauwald geben. Vielleicht war dieser Wald auch längst eingenommen. Immerhin stammte eine der fünf Feen im Rat der Zwölf aus dem Morgentauwald, und sie wäre wohl nicht so ruhig gewesen, wenn Heveas schreckliche Gedanken wahr wären.

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