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Abschalten: Die Business Class macht Ferien (German Edition)

Abschalten: Die Business Class macht Ferien (German Edition)

Titel: Abschalten: Die Business Class macht Ferien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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verbracht hat, und ertappt sich beim Gedanken, ob sie wohl nahtlos? »Außer für Ihre Frau, natürlich«, ergänzt sie. »Außer für meine Frau, natürlich«, bestätigt Moser. Dann geht er durch das verwaiste Vorzimmer – seine Sekretärin absolviert ihre Wanderferien auf Korfu – in sein Büro und verbringt den Vormittag mit der Lektüre verschiedener Playboy -Interviews.
    Beinahe wäre er zu spät zum Apéro mit Linder (Familie in Forte dei Marmi) und Reichen (Familie in Wengen) gekommen. Es ist schon nach halb zwölf, und die beiden haben ihren gespritzten Aigle vor sich. Moser bestellt aus Solidarität mit den Seinen etwas Südfranzösisches (Pastis). Dann lässt er zwei angenehme Stunden bei einer sommerlichen Mahlzeit in einem halbleeren Lokal vorbeiplätschern, bevor er angeregt in die verdöste Firma zurückgeht und der Telefonistin (ist das Sonnenöl, was so riecht?) Weisung gibt, nur in Notfällen zu stören.
    Keine Notfälle den ganzen Nachmittag, den Moser mit dem Studium der Gebrauchsanweisung seiner elektronischen Agenda verbringt. Dafür am nächsten Morgen, als er sich zu erinnern versucht, wohin er mit Tschudi (Familie an der Costa Blanca) nach Lokalschluss noch hingegangen war. Erst beim Apéro mit Linder und Reichen weichen die pochenden Kopfschmerzen einem Gefühl der Leichtigkeit.
    Nachmittags lässt er sich von der Telefonistin (ja, Sonnenöl) mit Esther verbinden und lässt durchblicken, dass aus der Woche, die er dort sein wollte, wohl nur drei Tage werden. Hier sei der Teufel los.

Personality Styling
     
    »Iii, Papi, du stichst!« Noëmi befreit sich aus Tannbergs Umarmung und beschäftigt sich weiter mit ihren Cornflakes.
    Auch Sandra, seine Frau, wendet den Kopf ab, als er ihr den Gutenmorgenkuss geben will. »Noëmi hat recht, du stichst.«
    Tannberg geht nicht darauf ein. Er setzt sich an den Frühstückstisch, trinkt seinen Orangensaft und schaut auf die Pinien, die die Sicht vom Balkon aufs Meer verdecken.
    Zwei Tage gelingt es ihm, das Thema zu übergehen. Aber am dritten, als er unbeschwert neben Sandra auf der Strandliege etwas Managementliteratur aufarbeitet, sagt sie unvermittelt: »Das ganze Jahr rasiert ihr euch täglich für irgendwelche Idioten, aber bei euren Frauen lauft ihr herum wie Stadtstreicher.«
    Tannberg hatte gehofft, den kritischen Zeitraum zwischen unrasiert und Fünftagebart ohne grundsätzliche Diskussionen überbrücken zu können. »Ach, Sandy«, fleht er, »lass mich doch zuerst einmal abschalten.«
    Am fünften Tag fangen die Stoppeln an, sich zu einem Gesamtbild zu schließen. Zum ersten Mal in seinem Leben bekommt Tannberg einen Eindruck davon, wie er mit Bart aussehen würde. Nicht schlecht. Mit einem Touch ins Intellektuelle. Und einem Zug ins Mediterrane.
    »Lässt du dir eigentlich einen Bart wachsen?«, erkundigt sich Sandra am sechsten Tag.
    »Nur sehen, wie es ausschaut«, gesteht er.
    »Das siehst du ja jetzt«, versetzt Sandra schnippisch.
    Diese Bemerkung trägt entscheidend zur Verhärtung der Fronten bei und führt dazu, dass Tannberg den Bart austrägt. Unbeirrt von Sandra und Noëmi, die sich einen Sport daraus machen, ihn während der restlichen Ferienwochen auf kleine Essensreste aufmerksam zu machen, die sich in seinem Bart verfangen haben.
    Zweifel regen sich bei ihm erst, als er, wieder zu Hause, am Sonntag vor Arbeitsbeginn in den Badezimmerspiegel blickt und sich fragt, ob er dem Bart nicht eine gewisse Fasson geben sollte.
    Vorsichtig beginnt er, die Halspartie etwas auszurasieren, merkt, dass etwas mit der Symmetrie nicht stimmt, korrigiert erst links, dann rechts, dann wieder links, gleicht den Wangenbereich dem Halsbereich an und durchläuft so alle Barttrachten, bis ihm nur noch ein immer kleiner werdender Schnurrbart bleibt, den er schließlich ganz zum Verschwinden bringt.
    Als er am Frühstückstisch erscheint, ruft Noëmi: »Iii, Papi, dein Gesicht ist oben braun und unten weiß!«

Reassessment
     
    Ab einer gewissen Hierarchiestufe dienen Ferien nicht mehr dem Zweck, ein paar Tage den Job zu vergessen, sondern dem, ein paar Tage ungestört an diesen denken zu können. Untermann hat diese Hierarchiestufe schon vor Jahren erreicht und verbringt deshalb seine Sommerferien mit einem Schreibblock und etwas Managementlektüre an den jeweils schattigsten Plätzchen der jährlich wechselnden Feriendestinationen seiner Frau.
    Dieses Jahr fesselt ihn die Idee eines Reassessments seines Topkaders. Wer sagt ihm denn, dass die

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