Abschalten: Die Business Class macht Ferien (German Edition)
offline
Diese Sommerferien will Lindner nutzen, um seine Ehe wieder ein wenig ins Lot zu bringen. Er hat einiges gutzumachen. Dreiundzwanzig Wochenenden außer Haus. (Die Statistik stammt von seiner Frau Jeannette.) Eine statistisch nicht erfasste Zahl von Fangt-schon-mal-ohne-mich-an, ein paar Dutzend Mir-ist-da-etwas-dazwischengekommen und etwa gleich viele Ich-hoffe-du-hast-noch-nicht-gekocht. Plus die Privatbewirtung von Landmanns, bei der er vergessen hatte, Jeannette rechtzeitig auf die Glutenallergie von Frau Landmann aufmerksam zu machen. (Sie hatte sechs verschiedene hausgemachte Pasta gekocht.) Plus die Sache mit Patrizia, von der Jeannette zwar nichts weiß, aber ahnt sie etwas?
Lindner überrascht die Familie also mit Offline-Ferien. Seine Assistentin hat ihm ein Haus am Arsch der Welt organisiert. Genauer: am Arsch von Mallorca. Eine Finca mit Solarstrom, Ökopool und ohne Telefonanschluss. Zwanzig Cherokee-Minuten vom nächsten Kaff entfernt.
Jeannette ist sprachlos. Ganz im Gegensatz zu Joel (9) und Jasmin (7), als sie erfahren, dass »offline« auch MP 3-, Gameboy- und TV -frei bedeutet. Jeannette findet ihre Sprache erst wieder, als Lindner ihr eröffnet, dass »elektronisch frei« auch bedeute, dass er Laptop, Palm und Handy ebenfalls zu Hause lassen werde. »Auch mein Handy?«, fragt sie fassungslos.
Der Gedanke, dass Lindner während zweier Wochen keinen täglichen Kontakt zur Firma haben könnte, ist natürlich absurd. Während Jeannette vormittags in die Tienda des nächsten Orts zum Einkaufen fährt, bleibt er unter dem Vorwand, die Kinder besser kennenlernen zu wollen, zu Hause und verfasst seine Faxe. Am Nachmittag fährt er zur Tienda und kauft sich die Zeitungen vom Vortag. Bei dieser Gelegenheit gibt er seine Faxe auf und holt sich die ab, die angekommen sind. Er ist nicht der Einzige, der diesen Service von Pilar, der Tochter des Tiendabesitzers, nutzt. Manchmal muss er eine ganze Weile warten, bis andere Herren in Shorts, die ebenfalls Offline-Ferien machen, bedient sind.
Das Konzept ist ein Erfolg. Lindner pflegt seine Ehe, ohne dabei die Firma zu vernachlässigen. Aber am zweitletzten Ferientag, als er wegen eines dringenden Fax auch Jeannettes morgendlichen Einkauf übernimmt und am Abend den Inhalt der Schachtel mit der Aufschrift »Lindner« nach der Antwort durchsucht, stößt er auf folgendes Fax. »Ach, Kleines, wie soll ich einen Tag ohne Dein Morgenfax überleben? Konntest Du ihm nicht entwischen? xxx Carlo.«
Zuerst denkt er, Pilar habe sich in der Schachtel geirrt. Aber dann sieht er, dass die Zeilen an Lindner adressiert sind. Jeannette Lindner.
Mosers Ferienopfer 93
Überarbeite dich nicht«, sagt Esther durchs offene Wagenfenster. Moser schenkt ihr ein abgekämpftes Lächeln. Dann tritt er zurück und entlässt den vollbepackten Range Rover durch die Einfahrt. Zoë hält Zippys Pfote und winkt ihm damit zu. Marc schaut kurz von seinem Gameboy auf. Esther nimmt rasch die Linke vom Steuer und lässt sie zum Fenster hinausflattern. Moser geht auf die Straße und winkt seiner Familie lange und diszipliniert nach. Dann schließt er das Tor und geht gemessenen Schrittes ins Haus zurück. Erst dort, in der Abgeschiedenheit des Wohnzimmers, wirft er sich mit einem Jauchzer, den er sofort bereut, ins Ledersofa, macht sich aber keinen Drink, denn während der nächsten zwei Stunden muss mit einer überstürzten Rückkehr gerechnet werden. Zippys Impfausweis, Marcs T-Shirt mit der Aufschrift »Son of a Beach«, Zoës Ray-Ban oder Esthers Jogaführer.
Moser verstreut also ein paar Unterlagen auf dem Clubtisch, steckt sein Powerbook ein und lauscht genießerisch der Stille des Hauses. Erst als die zwei Stunden um sind, schlüpft er in seine Boxershorts mit den Palmen, mixt sich einen Gin Tonic und legt sich auf Esthers Deck Chair, den er zur Erhaltung seiner ungesunden Hautfarbe aus der prallen Sonne in den Schatten der Ligusterhecke zieht.
So verbringt Moser ein perfektes Wochenende, nur einmal gestört von Esthers telefonischer Mitteilung, dass sie gut angekommen seien, im Swimmingpool allerdings zwei tote Eidechsen getrieben hätten. Moser versichert ihr, dass er sich ein paar Stunden Schlaf gönnen werde, und macht sich anschließend einen neuen Gin Tonic, wo er doch schon steht.
»Ich habe heute einen Sautag, Frau Seebacher, ich bin für niemanden zu sprechen«, sagt er am Montag im Empfang zur Telefonistin, die das Wochenende offensichtlich an der Sonne
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